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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand
Autoren: Wolfgang Ecke
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Clive war mit einem Jahr und sechs Monaten davongekommen, weil die gute Frau vor Gericht ihre Anschuldigungen gegen ihn zum Teil wieder zurückgenommen hatte. Übrig blieb damals nur ihr Verlust einer Perlenkette, die der schöne Clive leider bereits zu Geld gemacht hatte.
    Skiffer feixte: „Ja, so was. Der schöne Clive. Sie konnten sich immer gut im Frack bewegen. Aber wie sind Sie denn zu dieser Stellung gekommen?“
    Clives Gesichtszüge blieben unbewegt: „Wie meinen, Sir?“
    „Na, Mensch, wie Sie zu diesem Job als Kellner in so einem feinen Etablissement gekommen sind?“
    Clive zog die rechte Augenbraue hoch, was Julie sehr beeindruckend fand, und sagte indigniert: „Entschuldigung, Sir. Ich bin der Besitzer dieses Etablissements. Die unendliche Güte von Lady Turley, Gott segne sie, ermöglichte mir diesen Schritt in mein jetziges Leben. Dürfte ich jetzt, mit Ihrer Erlaubnis, die Crepes servieren, Sir?“
    Der Inspektor hüstelte. „Tun Sie das, Clive, oder wie wünschen Sie angesprochen zu werden?“
    „Für meine Freunde: Clive. Mit Verlaub, Sir. Ich würde mich glücklich schätzen, Sie zu meinen Freunden zählen zu dürfen, Sir.“
    Skiffer hüstelte wieder und murmelte: „Nun brich dir mal keinen ab, alter Gauner.“ Aber der schöne Clive war schon in Richtung Küche verschwunden.
    Julie und Perry grinsten bis über beide Ohren. Als der Inspektor ihre Gesichter sah, brummte er unwillig. „Da sieht man es mal wieder, Perry. Da läuft man sein Leben lang für ein Beamtengehalt hinter solchen Ganoven her, bis man sie endlich einbuchten kann, und hinterher lachen sie einen aus. Ich bin sicher, daß sich dieser Kerl jetzt in der Küche halbtot lacht. Der Gauner hat doch nur deshalb heute den Kellnerfrack übergezogen, weil er durch meine Tischbestellung wußte, wer da kommt. Den Spaß wollte der sich doch nicht entgehen lassen.“
    Julie schmunzelte und meinte aufmunternd: „Jetzt lassen Sie sich dadurch nicht den schönen Abend verderben, Mister Skiffer. Das Ganze ist eigentlich ganz komisch, oder?“
    Skiffer nickte mit einem etwas gequälten Lächeln. Perry Clifton unterbrach: „Sag mal, Scott. Diese Lady Turley, von der er sprach... Das stand doch erst kürzlich in den Zeitungen, daß sie gestorben ist. Muß ziemlich begütert gewesen sein.“
    Scott Skiffer nickte wieder. „Kann man wohl sagen, sie besaß etwa fünf Millionen Pfund. Clive hat sie vor vielen Jahren um viel Geld erleichtert. Aber wir konnten die Lady einfach nicht dazu bewegen, beim Prozeß gegen ihn auszusagen. Sie hat uns nur von oben herab angesehen und gemeint, Männer mit einem derart geschliffenen Benehmen wie unser lieber Clive gehörten nicht ins Gefängnis, da es schon wenig genug von seiner Art gäbe.“ Skiffer mußte bei der Erinnerung jetzt auch grinsen. Sie war schon eine recht eigenwillige Dame gewesen, die gute Lady Turley.
    Clive servierte die Crêpes. Auch sie waren, wie der Inspektor zugeben mußte, ausgezeichnet.
    Perry fragte: „Weißt du, wer Lady Turleys Vermögen geerbt hat?“
    Skiffer schluckte einen Bissen hinunter. „Keine Ahnung. Kann mich nicht an Erben erinnern. Aber wenn ich mir das hier so ansehe, muß der schöne Clive wohl einen nicht unbeträchtlichen Teil davon bekommen haben.“
    Als Scott Skiffer eine halbe Stunde später Clive um die Rechnung bat, verbeugte der sich wieder leicht. „Es wäre mir eine Freude, Sir, wenn Sie sich am heutigen Abend als meine persönlichen Gäste betrachten würden.“
    Der Inspektor schüttelte unwirsch den Kopf. „Wir wollen es mal nicht übertreiben, Clive. Das mit den Crêpes geht in Ordnung. Die Steaks und die Getränke bezahle ich. Ich lebe zwar nicht von wohlhabenden Damen, sondern von der Jagd auf Gauner wie Sie — pardon, wie Sie es waren - und andere lichtscheue Existenzen. Aber da es davon genügend gibt, habe ich nicht zu befürchten, arbeitslos zu werden.“ Dabei sah er Clive durchdringend an.
    Der zog nur wieder leicht die Augenbraue in die Höhe, zeigte aber sonst keinerlei Gemütsregung. „Sehr wohl, Sir. Wie Sie wünschen, Sir.“ Er reichte dem Inspektor die Rechnung.
    „Bitte, Clive“, ließ sich plötzlich Julie vernehmen. „Dürfte ich Sie wohl etwas fragen?“
    „Bitte sehr, Miß.“
    „Aber Sie dürfen nicht beleidigt sein.“
    Clive neigte würdevoll den hageren Kopf. „Einer so liebreizenden jungen Dame wie Ihnen liegt es sicher fern, mich beleidigen zu wollen. Also werde ich auch nicht beleidigt sein.“
    Julie merkte,
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