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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand
Autoren: Wolfgang Ecke
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müssen wir nachgehen...“
    Perry Clifton hatte versucht, den Eifer seines jungen Freundes zu bremsen: „Dicki, du liest zu viele Kriminalromane. Was soll an der Angelegenheit denn so geheimnisvoll sein? Ein Heiratsschwindler ist ehrlich geworden, wobei ihm eine nette Lady durch eine kleine Erbschaft geholfen hat.“
    Aber Dicki, einmal in Fahrt, ließ sich nicht beirren. Er sah Perry bettelnd an: „Bitte, Mister Clifton. Meine grauen Gehirnzellen rosten ja schon ein. Wie soll ich da ein großer Detektiv werden, wenn ich nichts zu tun habe. Und diese Lady Turley, die... das... da kann doch...“ Dicki hatte sich hoffnungslos verheddert.
    Perry schmunzelte: „Na gut. Wir können ja mal nachsehen, ob wir über die Dame etwas in Erfahrung bringen. Aber versprich dir nicht zuviel davon.“
    Einen Tag später besorgte sich Perry Clifton besagte Artikel. Dicki sah ihm beim Lesen jetzt neugierig über die Schulter.
    Ständig holt er sich neue Brote oder etwas zu trinken, und seine Aufregung, von Spannung geschürt, schlug sich in der Geschwindigkeit des Kauens und im wiederholten Verschlucken nieder.
    Der erste Bericht war über ein Jahr alt:

    Times, 24. Januar (eig. Ber.)
    Gestern verstarb nach längerer Krankheit Lady Catherine Amelie Turley im Alter von erst 54 Jahren.
    Lady Turley war die Witwe von Lord Geoffrey Turley, der ihr bereits acht Jahre vorher in den Tod vorausging. Seidem lebte Lady Turley sehr zurückgezogen in ihrer Villa am Hyde Park. Wie wir erfahren haben, tat sich Lady Turley als Wohltäterin vor allem für junge Künstler hervor, ohne damit an die Öffentlichkeit zu treten. In Londoner Kreisen der gehobenen Gesellschaft war Lady Turley seit dem Tod ihres Gatten nicht mehr aufgetaucht. Aus gut unterrichteten Kreisen erfuhren wir, daß Lady Turley seit etwa neun Monaten schwer leidend und bettlägerig war. Nach Auskunft ihres Hausarztes hatte sie einen sanften Tod. Lady Turleys Vermögen wird auf etwa fünf Millionen Pfund geschätzt.

    Der zweite Bericht war auf den 26. Januar datiert:

    Wie wir berichtet haben, verstarb am 23. Januar in ihrer Villa am Hyde Park Lady Catherine Amelie Turley, Witwe von Lord Geoffrey Turley. Ihr Vermögen, das auf rund fünf Millionen Pfund geschätzt wird, hinterläßt Lady Turley, deren Verbindung mit Lord Turley kinderlos blieb, mehreren wohltätigen Organisationen, deren Namen laut Testament nicht genannt werden dürfen. Einen Teil des Vermögens wird eine Nichte Lady Turleys erben, die in Boston/USA leben soll.

    Perry Clifton drehte den Kopf und sah Dicki an: „Na, Dicki. Sehr aufregend klingt das ja wohl nicht.“
    Dicki Miller zog eine Schnute: „Mmh. Scheint mir auch so, Mister Clifton. Da habe ich mir anscheinend zuviel versprochen.“ Dicki seufzte abgrundtief: „Schade. Es wäre zu schön gewesen.“
    Perry legte den Artikel auf den Tisch und meinte: „Am besten, wir vergessen das Ganze und lassen die gute Lady Turley in Frieden ruhen.“
    Perry konnte nicht ahnen, wie dankbar er Dicki noch einmal für Lady Turleys „Ausgrabung“ aus dem Archiv der Times sein sollte.

Die Hand rückt in den Vordergrund des Geschehens.

    Sonntag, 18. Mai, 14 Uhr 50.
    Ein zufälliger, wenn auch ungebetener Beobachter hätte nichts Verdächtiges an der Szene bemerken können, die sich gerade in einer Wohnung im Erdgeschoß im Stadtteil East-Kensington abspielte. Zwei Leute saßen anscheinend gemütlich zu einem Plausch beim Tee zusammen. Beide hatten in ihren Sesseln die Beine übereinandergeschlagen. Die Wohnung gehörte Reg Stewart. Er war einer der beiden Gesprächspartner. Der andere war jemand, den nur Reg Stewart als die HAND kannte.
    Mit einem Blick an die Wände des Zimmers sagte die HAND gerade: „Warum malst du eigentlich so gräßliche Bilder, Reg? Ich werde nie verstehen, wie man solche Schinken in seiner Wohnung aufhängen kann.“
    Reg Stewart, ein großer, kräftiger Mann in den Vierzigern mit einem schwarzen Vollbart, war nicht im geringsten beleidigt. Er grinste amüsiert: „Immerhin haben diese gräßlichen Schinken, wie du meine Kunst zu nennen pflegst, nicht unwesentlich dazu beigetragen, daß ich heute das wichtigste Mitglied unserer Organisation bin. Außer dir selbst, natürlich! Außerdem — mir gefallen die Bilder. Das Malen ist für mich ein beruhigender Ausgleich zu meinen sonst etwas aufregenden Tätigkeiten.“ Die HAND winkte ab: „Gut, lassen wir das. Zum Geschäft. Du hast die Jungs zusammen?“
    „Ja. Sie werden alle am Mittwoch in
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