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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand
Autoren: Wolfgang Ecke
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„Entschuldige, Reg. Du redest so laut. Bist du sicher, daß man uns nicht belauschen kann?“
    „Keine Sorge, Miles. Selbst wenn du das Ohr gegen die Tür preßt, hörst du nicht mehr als ein undeutliches Gemurmel. Deshalb habe ich dieses Zimmer sorgfältig ausgesucht. Da müßte schon einer hinter der Bar dort sitzen...“
    Alle lachten. Colin Shapton blieb vor Angst fast das Herz stehen.
    „Also jetzt Schluß mit dem Vorgeplänkel. Ihr kommt mir vor wie eine Horde Jungs, die vor dem noch verschlossenen Fußballfeld steht. Jetzt wird’s ernst. Wie ihr bereits von Miles erfahren habt, wird uns das neue Unternehmen etwa drei Monate in Anspruch nehmen. Das ist viel Zeit für jemanden, der es eilig hat. Wenig Zeit dagegen für die, die das Risiko möglichst gering halten wollen. Wie ihr wißt, neigt unser Boß dazu, das Risiko so gering wie möglich zu halten... Was ist, Ritchie? Habe ich etwas Lustiges gesagt?“
    Ritchie grinste frech und noch immer übermütig: „Nein, nein, Reg. Ich dachte nur gerade daran, daß ich vor wenigen Wochen mit Miles gewettet habe, daß in Wirklichkeit du der große, unbekannte Boß bist.“
    Reg wirkte belustigt: „Vielen Dank für die Blumen, Ritchie. Aber da liegst du total falsch. Bei mir reicht’s höchstens zum stellvertretenden Adjutanten der sogenannten Phantombande.“
    Bei diesen Worten klopfte Colins Herz in beiden Ohren, und im Hinterkopf sauste ein Uhrwerk. Er wagte kaum noch zu atmen. „Da sitze ich ja voll in den Brennesseln.“ Seine Unruhe hätte ihn jetzt, just in diesem Moment beuteln können, wenn nicht die äußeren Zwänge vorgeherrscht hätten. „Wenn die dich bemerken, lieber Colin?! Lieber Himmel, laß mich hier heil herauskommen. Ich werde ehrlich. Nie wieder stecke ich meine Finger in fremde Taschen... Ich werde alles zurückgeben, ich werde mich nicht mehr an fremden Dingen bereichern... ich kehre die Straßen, ich helfe Verlorengegangenes wiederzufinden, ich bringe meinen Bobbies jeden Morgen die Brötchen, ich bin ehrlich...“ und dabei erhob sich sein Blick zusehends flehender.
    Er hörte, wie Reg Stewart fortfuhr. „Diesmal geht es ausschließlich um nette, zahlungswillige Menschen. Wenn ich sage nette, zahlungswillige Menschen, dann sind damit solche gemeint, die viel Geld dafür bezahlen, daß sie englischen Boden betreten dürfen.“
    Regs Worten folgten einige Sekunden angespannter Stille. Bob MacDorson schluckte mehrmals heftig. Der sonst immer vorlaute Ritchie wurde leicht weiß um die Nasenspitze.
    Schließlich sagte Miles stockend: „Du meinst... also Menschenschmuggel?“
    Reg nickte: „Sehr richtig, Miles. Es geht um Inder und Pakistani.“
    Ritchie Carryl gewann langsam seine Fassung wieder: „Eine verdammt mulmige Angelegenheit. Ich habe eine Menge unangenehmer Einzelheiten darüber gehört, die mir überhaupt nicht gefallen.“
    Bob MacDorson fragte ungläubig: „Ich dachte, das gäbe es gar nicht mehr, Menschenschmuggel?“
    „Und ob es das noch gibt“, sagte Reg.
    Ritchie meldete wieder Bedenken an: „Wenn ich richtig informiert bin, hat Scotland Yard sogar eine Sonderabteilung gegründet, die sich mit diesem Metier beschäftigt.“
    Reg Stewart bestätigte lässig: „Richtig, Ritchie. Und diese Sonderabteilung arbeitet auf Hochtouren. Kaum eine Woche ohne Erfolgsmeldung. Das weiß auch der Boß. Und weil der Boß das weiß, hat er eine Route ausgewählt, die so umständlich, zeitraubend und unglaublich ist, daß niemand auf den Gedanken kommen wird, über diesen Weg könnten Asiaten ins Land geschmuggelt werden...“
    Reg stockte: „Was ist, Bob? Du machst so ein nachdenkliches Gesicht. Gefällt dir die Sache nicht, oder fühlst du dich jetzt überfordert?“
    Aus MacDorsons Ecke kam es so leise, daß man es kaum verstand: „Ich weiß nicht...“
    Reg fragte eindringlich und bohrend: „Was weißt du nicht?“
    „Ob es richtig ist, noch mehr Farbige auf die Insel zu bringen?“
    Reg richtete sich in seinem Stuhl auf, um seinen Worten noch mehr Gewicht zu geben: „Ich habe noch niemals bei etwas Ungesetzlichem ein so sauberes Gewissen gehabt, Bob. Wir bringen nicht irgendwelche Farbige in unser Land, sondern wir verhelfen englischen Staatsbürgern dazu, ihren Wohnsitz in dem Staat einzunehmen, der ihnen den Paß ausgestellt hat.“
    Dennoch blieb es eine kriminelle Handlung für Bob, welches Schicksal sich auch hinter dem einzelnen eingeschmuggelten Menschen verbarg.
    Reg müßte ihm dabei behilflich sein, sich mit der
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