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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon
Autoren: Suzanne Frank
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Hände und Knie fallen, um nach seiner Frau zu tasten. Kalkstein platzte und das Brüllen des Feuers steigerte sich weiter. Die Hitze versengte ihm die Haut. Er roch verbranntes Haar. »Chloe«, hustete er.
    Ein Arm.
    Ein lebloser Arm.
    Er schüttelte sie; ihre Haut war schorfig und mit Blasen bedeckt. Schwarzer Qualm schlängelte sich durchs Fenster hinaus. Hinter ihm knisterten die Flammen. Er lud Chloes Körper auf Schulter und Rücken und eilte geduckt und hustend zum Fenster. Dort ließ er sie auf den schmalen Weg hinter dem Haus fallen und kletterte ihr hinterher.
    Die Nachbarn besprengten ihre Häuser mit Wasser.
    Cheftu hustete, rang würgend nach Luft und spuckte schließlich schwarzen Schleim auf den weißen Stein. Dann drehte er sich um und untersuchte Chloe. Sein medizinisch geschulter Blick kam schnell zu einem umfassenden Urteil: Verbrennungen auf 70 Prozent der Körperoberfläche. Eine blutverklebte Kopfwunde, die rote Flecken auf dem Stein hinterließ.
    Er wickelte die Überreste seines Schurzes um ihren Kopf, doch das änderte nichts an den Tatsachen. Sie würde sterben, und zwar bald.
    Ihr Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig. Nichts an ihr war vom Feuer verschont geblieben, kein Fleck, der nicht nässte, der nicht verkohlt, verbrannt oder blutig war.
    Der erste Kalksteinblock explodierte; scharfkantige Scherben sirrten durch die Luft. Chloes Leib mit seinem Rücken abschirmend, schleifte Cheftu ihn hinter einen Sims. Er konnte ihr nicht mehr helfen. Niemand außer dem Allmächtigen konnte ihr noch helfen. Er sah zum Himmel auf. Ein wunderschöner Tag; wie konnte so ein Tag Chloes Todestag sein?
    Golden schien die Sonne an diesem Tag der FrühjahrsTagundnachtgleiche, an diesem 23. März von oben auf das ummauerte Jerusalem. Die zum Tempelbau ausersehene Fläche mit den Kavernen -
    »Eine Möglichkeit gibt es noch, Chérie«, flüsterte er seiner bewusstlosen Gemahlin zu. »Eine Möglichkeit, dich zu retten, wenn Gott sich gnädig zeigt.« Er hob sie auf, eilte im Laufschritt an der äußeren Mauer entlang und dann den Fußweg hoch, den Hügel hinauf, dem Plateau zu, immer weiter nach oben. Gott entgegen.
    Stoffwände schirmten das Gelände ab, und ein goldbeschlagenes Tabernakel zierte die Mitte des Plateaus auf der Hügelkuppe. Bestimmt waren Priester in der Nähe, doch die kannten sich hier nicht so gut aus wie Cheftu. Der Eingang zu dem Tunnelsystem unter dem Tempelberg lag hinter einer hölzernen Falltür verborgen, aber Cheftu fand die Luke. Öffnete sie und kletterte mitsamt Chloe hinab.
    Über ihm knallte die Falltür zu.
    Und schloss ihn in den Katakomben ein.
    Schmerz durchbohrte ihn, doch er achtete nicht darauf. Die zum Bersten prallen Blasen auf den Armen, das Gefühl, in der kühlen Stille der Kaverne taub geworden zu sein, all das zählte nicht. »So viel Zeit ist vergangen, seit wir hier gewesen sind, Chérie«, sagte er zu ihr. Jahre waren vergangen, seit sie sich entschieden hatten, hier zu bleiben, Jerusalem zu ihrer Heimat zu machen. Ein Fehler, wie ihm jetzt bewusst wurde. Cheftu schluckte unter Schmerzen. Zum Glück atmete sie noch. Keuchend, doch sie atmete.
    Er rückte ihren Kopf auf seiner Schulter gerade, damit ihr Hals nicht abknickte. An eine glatte, gemeißelte Mauer gelehnt, wartete Cheftu ab, bis sich seine Augen der Nacht angepasst hatten, die ihn umhüllte. »Ich weiß nicht mehr, wo die Kammer liegt«, gestand er. Allmählich konnte er die Umrisse von Bogendurchgängen und Passagen ausmachen. »Aber wir werden sie finden.«
    Stundenlang suchte er alles ab, schaute in jeden Raum, folgte den labyrinthischen Gängen, die ihn immer und immer wieder an den Ausgangspunkt zurückführten. Chloes Kopfwunde hatte sich bereits geschlossen, dafür nässten alle anderen Wunden umso schlimmer. Noch nie hatte er sich so hilflos, so ohnmächtig gefühlt. Was weiter geschehen würde, lag allein in Gottes Hand.
    Sie hatte noch keinen Laut von sich gegeben; ihn schmerzte jedes Wort. Geblendet vom Schweiß, den er unter den Anstrengungen vergoss, sackte er gegen den Fels. »Bon Dieu«, flüsterte er.
    Als er wenig später die Augen aufschlug, hatte sich ein schwacher, bläulicher Schein durch die Gänge ausgebreitet. Er prallte von den Kalksteinwänden ab, bis schließlich alles um Cheftu herum aussah, als läge es unter tropischen, paradiesischen Gewässern.
    Er rappelte sich auf und hob Chloe hoch. Mit klopfendem Herzen machte er sich auf die Suche nach der Lichtquelle. »Wir
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