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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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keinenSioracs getan. Ach, ich Ärmste! Was soll ich noch hier? da ich nicht einmal Braten oder andere Speise zu bereiten vermag wie die Maligou und auch nicht das Haus zu versorgen wie die Alazaïs.«
    »Barberine«, sprach ich, »ist es etwa nichts, François de Siorac genährt zu haben, der Baron von Mespech werden wird? Und mich, der ich einst Medicus in der Stadt sein werde? Und meine kleine Schwester Catherine, welche hübsch genug ist, eines Tages einen hohen und mächtigen Herrn zu heiraten?«
    Worauf Catherine errötend die Lider über ihre himmelblauen Augen senkte, vor Verlegenheit ihre blonden Zöpfe ergriff und deren Enden in den Mund steckte. Sie hatte gerade ihr dreizehntes Lebensjahr erreicht wie auch die Gavachette (die Tochter, von der die Maligou sagte, sie stamme von einem Zigeunerhauptmann, welcher ihr vermittels Zauberkraft fünfzehnmal Gewalt angetan in ihrer Scheune), und ich erinnerte mich gut, wie wütend meine kleine Catherine mit drei Jahren wurde, wenn ich die Gavachette auf meinen Schultern trug; die Tochter der Maligou war heute schon ein Weib und meine Schwester noch immer nur ein Kind, dessen einzige Schönheit ihr liebliches Gesichtchen war: ganz Milch und Blut, mit blauen Augen, blondem Haar, Kirschmund und Stupsnäschen; denn der Körper zeigte noch keine weiblichen Rundungen, die langen Beine waren noch ganz dünn, das Hinterteil flach und der Busen kaum gewölbt.
    Deutlich wurde ich dieses Unterschiedes den darauffolgenden Tag gewahr, als ich, von Zimmer zu Zimmer schlendernd, den Raum im Ostturm betrat, den mein Vater im Spaß die »Badestube« nannte: vor dem Kamin, darin ein kräftiges Feuer loderte, war ein eichener Zuber aufgestellt, den Alazaïs, die Maligou und Barberine mit heißem, dampfendem Wasser aus der Küche gefüllt hatten.
    »Ha! mein Pierre!« rief Barberine, »entferne dich, mein Kleiner! Es schickt sich nicht für einen Knaben, die Mägdelein im Bade zu beschauen!«
    »Wie!« rief ich aus, »ist Catherine nicht meine Schwester? Und die Gavachette in gewisser Weise auch? Habe ich sie nicht beide in meinen Kindestagen mehr als hundertmal nackt gesehen?«
    Während ich so sprach, näherte ich mich, die Hände auf dieHüften gestützt, dem Zuber und genoß das Vergnügen, die beiden jugendhaften Schönheiten
in natura
zu betrachten. Hochrot im Gesicht, tauchte Catherine sofort bis zum Hals ins Wasser, die Gavachette jedoch, keck, wie sie war, sprach plötzlich:
    »Ich bin jetzt sauber genug, Barberine!«
    Worauf sie ohne Scham in voller Nacktheit aus dem Zuber stieg, sich in wechselnden Stellungen vor dem Kamin plazierte, damit das Feuer sie trocknen sollte, und mich, mit den Lidern zwinkernd, aus großen dunklen Augen unter ihrem tiefschwarzen Haar hervor verstohlen anblickte. Ich brauchte mich nicht zu rühren, um das schöne Kind von allen Seiten mit den Augen liebkosen zu können: sie drehte und wendete sich gar eifrig, die mattbraune Haut vom Feuer gold überglänzt, Leib und Glieder schlank und anmutig, die Brust straff und bereits wohlgerundet, unter der zierlichen Taille das Hinterteil höchst vollkommen geformt, weder zu knöchern noch zu dick.
    »Oh, du Schamlose!« schrie meine kleine Schwester Catherine, die blauen Augen dunkel vor Erregung. »Schamlose, verderbte Person! Liederliche Dirne! Willst du dich wohl bedecken, dunkelhäutiges Zigeunerweib! Weißt du nicht, daß es eine gar schlimme Todsünde ist, vor einer leibhaftigen Mannsperson zu zeigen, was du zeigst?«
    »Geh, geh, meine kleine Perle!« sprach Barberine lachend, »nicht der Blick ist sündig, nur der Gebrauch. Sehen ist nicht kosten. Und kosten ist nicht verspeisen. Doch das eine kann aus dem andern entstehen, wie man wohl weiß. Und du, mein stolzer Hahn«, fuhr sie, zu mir gewandt, fort, »dir habe ich es schon einmal gesagt: Entferne dich! Ich weiß nicht, wofür noch für wen unser Herr diesen schönen Pfirsich hier bestimmt hat, und also steht es dir nicht an, solange du es nicht weißt, Gavachette mit deinen begehrlichen Blicken den Kopf zu verdrehen.«
    »Meine gute Barberine«, sagte ich, indes ich zu ihr trat und sie auf Wange, Hals und Brustansatz herzte (zu meinem Vergnügen wie um sie zu besänftigen), »ich tue es ohne Arg, wie du dir wohl denken magst!«
    Ich denke vielmehr das Gegenteil, du Schelm!« antwortete Barberine halb lachend, halb erbost. »Das Feuer schlägt dir aus den Nüstern wie dem Schälhengst auf der Weide, und es ist ein Jammer, daß du nicht deinem
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