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Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)
Autoren: Piers Torday
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abrupt ab, als wolle er sein Gesicht vor mir verbergen. »Lass mich versuchen es … zu erklären«, sagt er zum Fenster und beginnt, unruhig auf und ab zu laufen. Den Blick auf den Fußboden geheftet, fährt er fort.
    »Wissenschaft«, verkündet er dem Durcheinander um sich herum, den vollgekritzelten Blättern, den Reihen von Reagenzgläsern, »Wissenschaft – das ist es, woran ich glaube, Kes. Ich grüble über Dinge nach, denke Probleme durch, wende neu entdecktes Wissen an, um … wie sagt man noch?« Er bleibt stehen und angelt ein Gummiband vom staubigen Fußboden und betrachtet es argwöhnisch, ehe er es in die Hosentasche gleiten lässt.
    »Wo war ich stehen geblieben? Ah ja – die Wissenschaft.« Er sieht uns an, seine Miene hat sich aufgehellt. »Wunder! Das ist der eigentliche Sinn von Wissenschaft – wirkliche, lebendige, atmende Wunder zu erschaffen.«
    Er zeigt auf den kleinen Wolf, der, fest bandagiert, unter seiner Sauerstoffmaske friedlich schläft.
    »Gerade haben wir eurem Freund hier das Leben gerettet. Keine andere Kreatur ist in der Lage, ein anderes Lebewesen auf diese Weise zu retten.« Ich muss an den Hirsch denken, der draußen liegt. »Aber manchmal können auch wir nur ohnmächtig zusehen. Zuerst tauchte die Rote Pest auf. Sie schlug erbarmungslos zu … wir hatten nicht den Hauch einer Chance.« Er schließt die Augen und reibt sich die Nasenwurzel, wie um seine Erinnerungen wachzurufen. »Die Wissenschaft schien völlig machtlos. Nicht einmal ich konnte … etwas dagegen tun. So viele Tiere sind gestorben, es ging alles so schnell …«
    Vor dem Operationstisch in der Mitte des Raums hält Pa inne und streicht wie in Trance mit dem Finger über die Bücher, die sich auf dem Schutztuch stapeln. »Unter meinen Händen, genau hier, auf diesem …« Er seufzt. »Und dann war da das mit deiner Mutter … sie wurde wirklich sehr krank.«
    Ich merke, wie Polly mir einen unsicheren Blick von der Seite zuwirft. Aber ich kann meine Augen nicht von Pa wenden.
    »Nicht einmal sie konnte ich retten. Den einzigen Menschen, für den ich …« Pa stockt.
    Er schüttelt den Kopf.
    »Ich hätte alles, alles gegeben – aber Tatsache ist, wir haben sie verloren. Sie hatte uns für immer verlassen und ich konnte einfach nicht … Verstehst du?« Er ballt seine Fäuste, bis sich seine Knöchel weiß verfärben.
    »Ich nahm mir vor, in ihrem Andenken … Eine wirklich gute Tat. Etwas, das dauerhaft ist. Unvergänglich. Ich war so entschlossen …«
    Er sieht die Verwirrung in unseren Gesichtern.
    »Ein Heilmittel! Ich hatte mir geschworen, ein Heilmittel gegen die Rote Pest zu finden. Laura hätte es gewollt.«
    Bleierne Stille senkt sich über das Labor, die Geräte und Instrumente haben aufgehört zu summen, nicht einmal die Geräusche der Stadt dringen zu uns durch.
    »Aber damit«, sagt Pa, »fingen die Schwierigkeiten erst an.«

Kapitel 40
    Eine Staubwolke wirbelt auf, als Pa sich auf einen Klappstuhl sacken lässt, auf dem zerknitterte Hemden liegen. Unter seinem Gewicht ächzen die Stuhlbeine bedrohlich.
    »Ich habe härter gearbeitet als jemals zuvor … ich war Tag und Nacht hier unten. Ich habe Gleichungen berechnet und Experimente angestellt – Tests und Hypothesen, Berechnungen und Versuche. Ich habe alles ausprobiert, aber jeder Weg endete in einer Sackgasse, jeder scheinbare Durchbruch wurde zur Enttäuschung – bis plötzlich!« Er hebt den Zeigefinger. »Eines Nachts – ich war so müde und … vielleicht auch ein kleines bisschen geistesabwesend, also hat Facto vielleicht nicht ganz unrecht …« Er blickt betreten zu Boden. »In dieser Nacht habe ich tatsächlich einen Fehler begangen. Einen ziemlich großen Fehler.«
    »Das könnte etwas wirklich Bedeutendes werden, Kes «, hat er in jener Nacht gesagt, »etwas wirklich Bedeutendes «, und seine Finger flogen federleicht über die Tastatur.
    Klick, klick .
    Mein Herz schlägt bis zum Hals. Polly fasst nach meiner Hand.
    »Aber das war nicht der Beginn der Roten Pest.« Frustriert stampft er mit dem Fuß auf und wirbelt noch mehr Staubwolken über uns. »Im Gegenteil – es war der erste Schritt auf dem Weg zu einem Heilmittel.«
    Pollys Finger krallen sich in meine Handfläche.
    »Allerdings«, fährt Pa fort, »hatte ich zu diesem Zeitpunkt kaum mehr als eine Theorie. Es war ein Ansatz, aber er musste … wissenschaftlich untersucht und ausführlich getestet werden … ganz zu schweigen von der anschließenden Herstellung.«
    Er
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