Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
Prolog
    Es wollte gar nicht richtig Sommer werden in diesem Jahr.
Kaum daß die Sonne einige Stunden warm auf die Beete
schien, Bienen und Schmetterlinge eilig ihre Mahlzeiten
einnahmen, schoben sich weiße und graue Wolkenknäuel über
den Himmel. Und allzuoft brachen aus ihnen heftige Schauer
hervor, die Wind und Kühle im Gefolge hatten.
    Jercy Kamienczyk ließ sich auf eine Bank fallen, die gerade
durch ein Wolkenloch von der Sonne beschienen wurde und
auf der die Strahlen Tropfen des letzten Schauers hinwegtrockneten. Schwirrend stoben zwei aufgeschreckte Spatzen in einen
Haselnußstrauch, gestört beim Zank um ein Waffelstück. Als
sich Jercy jedoch kaum mehr regte, schossen sie wieder herbei,
äugten noch ein-, zweimal mißtrauisch und setzten dann
unbekümmert ihren Streit fort.
    Jercy sah den Vögeln zu. Er fühlte sich rundherum wohl,
schlechtes Wetter hatte ihn seit jeher nicht beeinflußt. Und
außerdem sollte dies ein froher Tag werden.
    Jercy war zu früh gekommen. Er wartete auf die planmäßige
Maschine aus Prag, die Josephin bringen würde. Er freute sich
auf diesen Besuch, auf das Mädchen, die wie eine Tochter zu
ihnen, zu ihm und Nora, gehörte. Josephin würde den Alltag
sprengen, den Lebensrhythmus für acht Wochen gründlich
ändern, durcheinanderbringen, würde auf ihre Art von der
Arbeit berichten, von unzähligen Menschen, die man nicht
kannte und von denen man nie gehört hatte, sie mit unnachahmlicher Selbstsicherheit katalogisieren als Stiesel oder
Pinkel, Genie oder Wachtel. Hakte man nach, lachte sie, sagte
„na ja…“, und sie schilderte, wie sie die Leute wirklich
empfand. Und meist führten deren kleine Schwächen zu den
wenig schmeichelhaften Bezeichnungen, die durchaus nicht
ernst gemeint waren.
    Jercy hatte das Gefühl, als erlebe er in dem, was Josephin tat,
wie sie an ihre Arbeit heranging, vorwärtsstrebend, ungeduldig,
alles verdammend, was echt oder auch nur vermeintlich
hemmte, noch einmal jene Jahre, in denen er begonnen hatte,
genauso voller Elan und kreativer Unzufriedenheit. Mögen ihr
einige von meinen Erfahrungen erspart bleiben. Jercy seufzte
ein wenig, die Spatzen blickten erschrocken, flogen aber nicht
auf.
    Dann lächelte Jercy. Seine Gedanken veranlaßten ihn, wie er
es oft tat, in sich hineinzufragen: Und er antwortete sich, daß er
sich so wohl wie in den letzten Jahren noch nie gefühlt hatte,
daß er – und er glaubte so ehrlich zu empfinden – zufrieden
und mit sich und der Welt im reinen war. Er hatte eine Arbeit,
die zu ihrem größten Teil interessant war und ihm Freude
machte, und er hatte eine Gefährtin, die in den ersten Jahren
der Gemeinsamkeit zwar unzufrieden drängend auf ihn
einwirkte, seine Ziele doch ehrgeiziger zu verfolgen und nach
hoher gesellschaftlicher Anerkennung zu streben, die aber
eigene Erfahrungen zu Einsichten brachten, daß es nicht
weniger klug sei, beizeiten seine Grenze zu sehen und sich
einzuordnen in das Ganze. Und so wurde das Zusammensein
harmonischer. Indem man nach außen zurücksteckte, konnte
man sich mehr sich selber und dem Nächsten widmen. Aber
Jercy Kamienczyk hatte sich stets gehütet, Josephin mit dieser
seiner Philosophie zu beeinflussen. Junge Leute müssen zu
ihren eigenen Sichten und Einstellungen finden – und sei es
über schmerzliche Erfahrungen. Und Josephin, dessen war
Jercy sich gewiß, war nicht überempfindlich. Sie konnte
manches vertragen und auch gut überwinden.
    Die Sonne strahlte jetzt aus einem größeren Stück blauen
Himmels. Wolkenhaufen lugten nur noch über die Wipfel der
Parkbäume. Vom nahe gelegenen Empfangsgebäude drang
unverständlich eine Lautsprecheransage herüber. Der kessere
von den beiden Spatzen beendete den Zank, indem er die
Waffel im Schnabel davontrug. Jercy stand auf, reckte sich und
schlenderte den Weg entlang, auf das Gebäude zu. Er pfiff leise
den Erfolgshit „Marsmariann“, versetzte einem Stein, der auf
dem Weg lag, einen Tritt, daß er in den Rasen sprang, betrat
wenig später die kleine Halle, durchschritt sie, passierte
gegenüber dem Eingang die große Flügeltür und stand auf der
Landefläche, gewiß, daß die Ansage nur der Maschine aus Prag
gegolten haben konnte, da um diese Zeit hier keine andere
angekündigt war.
    Nur wenige Menschen warteten wie Jercy. Einige saßen im
Gangwaybus, zwei, drei nur standen wie er auf dem Platz.
Erst als das Flugzeug unmittelbar über dem Landekreis
stand, nahm Jercy es wahr, weil es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher