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Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur
Autoren: Alexander Kröger
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über das Dach einflog. Nur
das Rauschen des Ringflügels ließ sich vernehmen, die
Triebwerke waren längst abgestellt.
Jercy hatte Herzklopfen. Vor einem Jahr hatten sie sich zum
letztenmal getroffen. Er sah in Gedanken Josephin mit
ausgebreiteten Armen auf sich zustürzen. Und einen Augenblick fühlte er sich angerührt von einem Gefühl des Gebrauchtwerdens, von Glück.
Als die Gangway hielt, war Jercy voll auf eine stürmische
Begrüßung eingestellt. Und als Jospehin in der automatisch
öffnenden Tür stand, hatte er den Drang, die Arme auszubreiten. Dann wußte er nicht, ob er es nur gewollt oder tatsächlich
ausgeführt hatte. Unmittelbar hinter Josephin trat ein junger
Mann auf den Platz. Und langsam kamen beide – Josephin
unsicher lächelnd – auf Jercy zu.
Jercy hatte seine Überraschung verwunden und eilte den
jungen Leuten entgegen, umarmte Josephin, sie löste sich aber
schnell und sagte: „Das ist Gernot, Vater. Ein…“, sie zögerte,
„guter Freund.“
„Aha“, erwiderte Jercy, nun voll gefaßt, und er musterte den
Mann an Josephins Seite. Der war nur um ein weniges größer
als Josephin, die Figur mittelkräftig, ein eher mageres Gesicht,
an dem eigentlich nur die Augen auffielen, die jetzt höchst
aufmerksam auf Jercy gerichtet waren, blaugraue Augen unter
buschigen Brauen, die im merkwürdigen Gegensatz zu den
schütteren, blonden Haaren standen, Haare, die nur mühsam
den Vorschriften der modernen Halbstoppelfrisur folgen
konnten.
„Gernot Wach“, sagte er mit einer angenehmen Stimme und
hielt Jercy die Hand entgegen. „Ich freue mich, Jercy Kamienczyk kennenzulernen.“ Den Namen sprach er mit einem
eigenartigen Nachdruck aus.
„Hm“, brummte Jercy. Er sah Josephin vielsagend an, wiegte
mit gerunzelter Stirn den Kopf, lächelte.
„Er wird dir gefallen, Vater!“ sagte Josephin und hakte Jercy
unter. Und er hatte das Gefühl, als sei sie gerade in diesem
Augenblick erst angekommen, als sei sie nun wieder die alte
Josephin. Sogleich auch sprudelte sie los:
„Denk dir, die
Gipsköpfe wollten allein wegen uns beiden hier zunächst gar
nicht landen. Wir sollten von Poprad aus mit dem Zug fahren.
Aber da hat Gernot es ihnen gegeben…“
Gernot sah im Augenblick aus, als könne er es nie und
nirgends irgend jemandem geben.
Jercy fühlte, daß sie würden umdenken müssen, er und Nora,
daß dieser Gernot mehr war als ein guter Freund. Und ein
kleiner Schmerz durchlief Jercy. Wie oft würde er noch die
Freude auf ein Wiedersehen mit Josephin so empfinden wie
heute?
In diese Gedanken hinein sagte Gernot: „Ich habe von dir
gehört, Jercy Kamienczyk.“
„So“, antwortete Jercy belustigt. „Was wird dir Jo von mir
schon erzählt haben!“
„Nicht nur von Josephin. Ich bin Energetiker.“
„So“, sagte Jercy abermals und zog die Augenbrauen hoch.
„Energetiker bist du.“ Er strich sich nachdenklich über die
kahle Stelle des Kopfes und fragte: „Und was hast du da so
gehört?“
Mittlerweile waren sie an Jercys Tax angekommen. Beim
Einsteigen antwortete Gernot: „Ich habe die Ankündigung zu
deinem Kosmogenerator gelesen.“ Er sah nicht, wie sich Jercys
Gesicht einen Augenblick verhärtete.
„So, hast du“, sagte Jercy. Vom Steuer aus drehte er sich um
und fügte hinzu: „Lassen wir die Toten ruhen.“
Gernot hatte eine Erwiderung auf den Lippen, hielt sie aber –
offenbar als er Jercys abweisenden Gesichtsausdruck sah –
zurück. Er zuckte lediglich mit den Schultern, sagte dann: „Die
Vorlage hätte ich schon gern einmal gelesen…“
„Ich bin neugierig, was Nora sagen wird“, Josephin hatte die
Hand auf Gernots Arm gelegt und sah ihn bittend an.
„In einer Stunde wissen wir’s“, sagte Jercy und ließ den
Wagen anfahren.
„Und – was sagt die Mutter?“ fragte Gernot.
    Josephin lächelte. Sie war, aus dem Haus kommend, hinter
ihn getreten und hatte sein Gesicht mit beiden Händen umfaßt.
„Genehmigt“, sagte sie. „Überrascht sind sie natürlich.“
    „Vielleicht wäre es doch besser gewesen, mich anzukündigen“, bemerkte er.
„Ach!“ Josephin winkte ab. „Sie sind von mir allerlei gewöhnt.“
Er faßte ihre Hand, drehte sich um. „Was meinst du, wird er
mir die Vorlage geben?“
Josephin kam um den Sessel herum, setzte sich auf die
Armlehne. „Laß ihm Zeit. Ich wußte auch nicht, daß das bei
ihm ein so wunder Punkt ist. Ich krieg ihn schon rum.“
„Ich möchte ihn nicht verärgern. Es ist schon genug, daß ich
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