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Die Glaszauberin pyramiden1

Die Glaszauberin pyramiden1

Titel: Die Glaszauberin pyramiden1
Autoren: douglass
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    Viland ist ein kaltes, hartes Land, aber dort wuchs ich auf und liebte es, auch wenn es manchmal abweisend war. In den Wintern, die gut neun Monate andauern, hämmert das mitleidslose Meer gegen felsige Häfen. Das sind die Monate, in denen sich alles um die Feuerstellen drängt, eingehüllt in gutgelaunten Bier- und Zwiebeldunst, und endlose Geschichten von Abenteuern am anderen Ende der Harpunen erzählt. In der kurzen Blütezeit des Sommers bessern die Vilander ihren Lebensunterhalt mit den Walen auf, die in Scharen durch die eiskalten Küstengewässer strömen, indem sie das Fleisch, das Öl, die Haut und die Knochen der großen Tiere an alle verkaufen, die dafür zu zahlen bereit sind. In manchen Jahren sind das nur wenige. Aber in den Jahren, in denen die Wale hohe Preise erzielten, verdiente mein Vater genug mit seinen Aufträgen, um uns auch durch schlechte Zeiten zu bringen.
    Aber zu unserem Leidwesen konnten wir niemals viel auf die Seite legen.
    Trotz der Kälte und der ewig drohenden Armut waren mein Vater und ich glücklich, zufrieden. Bis zu dem Tag, an dem Gedankenlosigkeit und immerwährender Kummer uns beide vernichteten.
    Meine Mutter war früh gestorben, schon bevor ich zwei Jahre alt war. Statt eines Kindermädchens kümmerte sich mein Vater selbst um mich und nahm mich mit in seine Werkstatt, und meine frühesten Erinnerungen bestehen aus der faszinierenden Welt der im Halbdunkel liegenden Ecken unter seiner Werkbank. Hier spielte ich den ganzen Tag lang glücklich inmitten von abgeschliffenen Glasscherben und weggeworfenen Schmelzglasklumpen, schob die hellen Scherben zu Haufen zusammen und ließ sie durch meine Finger gleiten, die noch zu klein und dick waren, um meinem Vater von Nutzen sein zu können. Die Tischplatte beschützte mich vor der schlimmsten Hitze des Schmelzofens und den meisten Problemen der Welt dort oben, und wenn der Arbeitstag vorüber war, nahm mich mein Vater auf seine starken Arme und trug mich in unser kaltes, mutterloses Zuhause zurück.
    Ich sehnte mich immer nach dem Morgen und der Wärme der Werkstatt.
    Als ich fünf und zu neugierig war, um noch gern unter der Werkbank zu sitzen, entschied sich mein Vater, mir sein Handwerk beizubringen. Ich mußte lernen, welche Zutaten man miteinander vermengte, wie man sie schmolz und das Glas bearbeitete, genauso, wie ich die allgemein gültige Handelssprache lernen mußte, sowie einige andere Sprachen. Jeder Handwerker muß mit Kaufleuten sprechen können, die möglicherweise den Auftrag für ihn haben, der das Verhungern einen oder zwei Monate hinausschiebt.
    Ich war jung und von schneller Auffassungsgabe, und ich lernte Sprachen und Handwerk mühelos. Im Alter von zehn Jahren waren meine Hände schlank und gut dafür geeignet, einige der Feinarbeiten zu übernehmen, die mein Vater zusehends zu schwierig fand, und ich konnte mit flinker Zunge mit den Händlern aus Geshardi oder Alaric plaudern, die es gelegentlich in unsere Werkstatt verschlug. Es machte mir nichts aus, meine Tage an der Werkbank zu verbringen und ein Handwerk zu erlernen, anstatt an den wilden Straßenspielen meiner Altersgenossen teilzunehmen. Mein Vater und das Glas waren die einzige Welt, die ich brauchte, und wenn er öfter schwieg als er sprach, fand ich die von mir ersehnte Gesellschaft in den sich oft verändernden Farben des Glases.
    Das Glas erzählte mir viele Geschichten.
    Als ich achtzehn war, überließ mein Vater mir oft die abschließende Gravur eines Kelches oder auch die Abschlußarbeiten für die Glasnetze, während er spazierenging und alte Freunde besuchte, mit denen er ein paar Stunden verbrachte. Zumindest hatte ich das immer angenommen, bis die Büttel kamen. Ich hatte keine Ahnung gehabt, daß die Trauer meines Vaters um meine Mutter Erleichterung im Glückspiel gefunden hatte. Aber das Glück ließ ihn genauso im Stich wie meine Mutter. Mein gedankenloser, liebevoller Vater verlor unsere Freiheit dadurch, daß er auf den falschen Hahn gesetzt hatte, einen Kampfhahn mit gebrochenem Flügel.
    Ich stand an der Werkbank, als sie kamen.
    Die Vase in meinen Händen war das Resultat von vier Wochen unermüdlicher Arbeit und näherte sich ihrer Vollendung. Mein Vater hatte die Form geschaffen, die Mischung für die Glasmasse hergestellt und geschickt Metalle und Gold hinzugefügt. Dies ergab die exquisit geäderten Vasenwände, die nur ein Meister herstellen konnte. Dann hatte er am Brennofen gesessen, wo die Flammen
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