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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe
Autoren: Isabella Falk
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Augenblick von einer weiteren Wehe erschüttert zu werden.
    Die Fürsten zu Torgelow züchteten seit vielen Generationen Jagdhunde, echte Wolfshunde, die ihren Namen zu Recht trugen. Alle zwanzig Jahre wurde ein Wolf in die Züchtung eingekreuzt. Das war zum letzten Mal geschehen, als Amalia noch ein kleines Mädchen war. Sie hatte also bereits einige Hundegeburten miterlebt. Diese jedoch war anders als alles, was sie bisher gesehen hatte. Sie kniete nieder, legte ihre Hand auf die bebende Flanke der Hündin. Das Tier war verschwitzt und schwach, der Herzschlag kaum zu spüren. Sie musste helfen, auch wenn sie nicht wusste, was sie tun sollte.
    Beinahe wie von selbst schoben sich ihre Finger in den Geburtskanal der Hündin. Sie ertastete den Welpen, spürte sein kleines Schwänzchen und erkannte seine Not. Er war stecken geblieben, und wenn niemand half, mussten der kleine Hund und seine Mutter sterben. Artemis wurde immer schwächer. Ihr Atem ging langsamer, ihre Augen schlossen sich. Da blitzte eine Erinnerung in Amalia auf, etwas, das ihr Jakobus einmal erklärt hatte. Ihre Finger suchten den Punkt an der Innenseite der Vulva. Sie drückte dagegen und die geschwächte Hündin wurde von einer kräftigen Wehe geschüttelt. Amalia umfasste das Hundebaby, und während Artemis presste, half sie dem Welpen mit einer Drehung aus seiner schweren Lage.
    Noch immer konnte sie das Gefühl in sich spüren, das sie nach der glücklichen Geburt erfüllt hatte. Sie war voller Ehrfurcht gewesen, als hätte sich der Himmel geöffnet und das Antlitz Gottes den Stall erstrahlen lassen. Sie war in die Kapelle gerannt, um vor dem Bildnis der heiligen Muttergottes zu beten. Voller Inbrunst hatte sie sich für das Wunder bedankt, dessen Zeugin sie geworden war, und beim Hinausgehen hatte dieser verhängnisvolle Einfall Gestalt angenommen. Dieser fatale Gedanke, von dem Pater Anselm bis heute sagte, er sei vom Teufel gesandt worden. Wie war es nur möglich, dass Satan seine Stimme in der Kirche Gottes erschallen lassen konnte und sie diese Stimme vernommen hatte?
    Heiße Tränen traten Amalia in die Augen.
    Ihr verschleierter Blick streifte über die weite Ebene, die sich vor ihr ausbreitete. Soeben hatte ein einzelner Reiter die Brücke über den Fluss erreicht und blieb mit tänzelndem Pferd davor stehen. Er wartete, bis sein Gefolge nahe genug war, dann gab er seinem Rappen die Sporen und stob in gestrecktem Galopp über die Holzplanken. Dunkle Locken und ein prächtiger Hut hoben seine aufrechte Gestalt besonders hervor. Aus dieser Entfernung sah er, der kein anderer als Graf Wenzel sein konnte, sehr stattlich aus.
    Amalia ließ sich nicht täuschen, war sich sicher, dass der Graf von Nahem betrachtet viel von seiner Ausstrahlung verlieren würde.
    Als Freund ihres Vaters musste er entsetzlich alt sein, hatte faule Zähne und eine Perücke auf dem kahlen Schädel. Sie schüttelte sich bei der Vorstellung, einen solchen Greis heiraten zu müssen.
    Jetzt war die Gestalt ein gutes Stück näher gekommen, und Amalia zog sich keinen Augenblick zu früh von ihrem Aussichtspunkt zurück. Beinahe hätte Graf Wenzel sie ertappt, wie sie neugierig über die Mauer gespitzt hatte. Ein unvorstellbar peinlicher Gedanke. Sie spürte ihr Gesicht heiß werden. Rasch verließ sie ihren Platz und lief zum Rosengarten.
    Die üppige Blütenpracht erwartete sie mit dem typischen, schwülen Geruch. Amalia schritt weiter zur Mauer, um im Schatten eines dichten Busches die Ankommenden zu betrachten, ohne befürchten zu müssen, gesehen zu werden.
    Sie war eine gute Reiterin und so konnte sie nicht umhin, zu bewundern, in welch übermütiger Weise der Graf seinem Pferd die Sporen gab, um es kurz darauf zu zügeln und auf seine nachrückenden Begleiter zu warten.
    »Dafür muss ich ihn ja nicht gleich heiraten«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und stampfte einen Fuß in das weiche Gras. Quintus knurrte. Wie immer teilte er jede ihrer Gemütsregungen. Sie beugte sich über den Hund.
    »Ist gut, mein Lieber. Ich würde ihn auch gern wieder nach Hause schicken, aber es würde nichts helfen. Wenn wir diesen hier vertreiben, schicken sie uns einen neuen, und irgendwann muss ich ja mal heiraten.« Sie straffte die Schultern, versuchte, ihr Haar in Ordnung zu bringen, und ging zurück zu den Stallungen.
    Jakobus wartete bereits auf sie und nahm kopfschüttelnd den Hund in Empfang. Er war der Jäger und Stallmeister derer von Torgelow, so, wie
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