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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe
Autoren: Isabella Falk
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Ihren unterlegen ist. Wie könnte ich es jemals wagen, um die Hand Ihrer Tochter anzuhalten?«
    »Mein lieber Freund. Hören Sie mir zu, ehe Sie weitersprechen.« Fürst Alexej nahm einen großen Schluck Branntwein. »Amalia ist mein erklärter Liebling, sie erwärmt mir das Herz. Dennoch gibt es etwas, das ich Ihnen erzählen muss, ehe Sie sich zu weiteren Schritten hinreißen lassen.«
    Insgeheim hatte sich Wenzel vor diesem Moment gefürchtet. Gleich würde der Fürst erklären, warum er seine Tochter nicht standesgemäß verheiraten konnte. Es war durchaus möglich, dass das Mädchen mit einem Makel behaftet war, der es auch ihm unmöglich machte, die Jungfer, wenn es denn noch eine war, zu freien. Er beugte sich nach vorn, stützte die Hände auf die Knie, und lauschte den Worten seines Freundes.
    »Meine Tochter ist ein wunderbares und besonderes Mädchen. Allein, es fiel schon bei ihrer Geburt ein Schatten auf sie. Meine Gattin war seit dem Tod unserer beiden älteren Töchter eine Gefangene ihrer Trauer, sie konnte Amalia niemals annehmen. Stattdessen versuchte ich, dem Kinde Vater und Mutter zu ersetzen. Dabei verwöhnte ich das Mädchen zu sehr.«
    Wenzel wiegelte ab. »Ich habe schon bemerkt, dass sie etwas freiere Umgangsformen pflegt als die meisten der farblosen Geschöpfe ihres Alters, aber das ist kein Grund, sie unter ihrem Stand zu verheiraten.«
    »Das ist es nicht allein, Graf. Hören Sie, was ich Ihnen zu sagen habe, und entscheiden Sie dann.« Der Fürst, trotz seiner vorgerückten Jahre noch immer ein stattlicher Mann, legte die Stirn in tiefe Falten. Seine dunkelgrauen Augen blickten ernst. Leise fuhr er fort. »Wir hatten eine gute Familie, meine Frau und ich, wir hatten zwei Söhne und zwei wunderschöne Töchter, alles war perfekt. Meine Frau …« Alexej blickte ihn an, doch gleich darauf starrte er ins Leere, als könnte er das, was er zu offenbaren beabsichtigte, niemandem ins Antlitz sagen. »Meine Frau hatte sich nach der Geburt unserer zweiten Tochter von mir zurückgezogen. Das war wenige Monate, nachdem der neue Pater ins Haus gekommen war. Ich machte mir keine Gedanken. Walpurga war fromm, aber eine gute Mutter, und ich hatte … nun, ich brauchte mich nicht zu beschweren.«
    Wenzel verstand.
    Alexej räusperte sich, deutlich darum bemüht, das Zittern seiner Stimme zu vertreiben. »Dann kam die Pest. Sie hat uns nahezu alles genommen. Wie haben unsere beiden Mädchen gelitten, bevor ein letztlich gnädiger Tod sie aus den Händen ihrer verzweifelten Mutter riss. Allein Walpurga hatte im Gegensatz zu mir ihren Glauben niemals verloren. Sie betrachtete das, was geschehen war, als Prüfung, und sie war entschlossen, sie zu tragen. Es gab noch mehr Prüfungen. Wenig später verlor unser Erstgeborener sein Leben am Kahlen Berg und dann …« Wieder zögerte der Fürst, ehe er weitersprach. »Dann beging ich den schlimmsten Fehler und gleichzeitig die beste Tat meines Lebens. Obgleich sich meine Gattin mir längst entzogen hatte, wollte ich ein weiteres legitimes Kind. Ich war besessen davon, glaubte ich doch, auf diesem Wege meine Familie zurückzuerhalten. Für Walpurga war mein Wunsch ein Verstoß gegen die Gebote Gottes. Wir stritten wie die Seifensieder. Es war das erste Mal, dass Walpurga mir meine Herkunft vorwarf.«
    Wenzel blickte seinem alten Freund in die Augen, las das unverhohlene Leid, das darin stand. »Ich weiß, dass Ihre Mutter nicht von Stand war, lieber Fürst. Das war zu anderen Zeiten, es spielt heute keine Rolle mehr.«
    »Oh doch, lieber Freund.« Alexejs Stimme war laut geworden. Erschrocken schwieg er und fuhr etwas ruhiger fort. »Es geht nicht darum, dass meine Großmutter eine Bäuerin war. Es gibt etwas anderes, das Sie nicht wissen. Im Gegensatz zu Pater Anselm, der wusste es, woher auch immer. Er hat es Walpurga erzählt, kaum, dass er in mein Haus gekommen war. Es geht nicht darum, dass meine Mutter ein Bauernmädchen war.« Er schluckte schwer. »Meine Großmutter ist als Hexe verbrannt worden.«
    Schweigen legte sich über sie wie ein dunkler Schatten.
    Es dauerte eine Weile, bis der Fürst weitersprach, leise, mit kaum verhohlener Wut. »Der Pater wusste auch davon zu berichten, dass die heilige Inquisition ihre Hände nach meiner Mutter ausgestreckt hatte. Nur die Hochzeit mit meinem Vater rettete das Bauernmädchen vor dem Scheiterhaufen. Pater Anselm ließ zudem nicht aus, zu berichten, dass fast alle Frauen in dieser Familie Hexen waren.
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