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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe
Autoren: Isabella Falk
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Fürst Alexej seine junge Tochter so weit unter ihrem Stand verheiraten wollte. Jetzt, da er das Mädchen mit eigenen Augen sah, konnte er sich noch weniger einen Reim darauf machen. Er nutzte die Gelegenheit, sie einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen.
    Amalia war groß und von schlanker Statur, ihr Gesicht feingliedrig, das Haar von einem warmen Honigton geprägt. Die Prinzessin kaute an der rot geschminkten Unterlippe, was sie hätte schüchtern aussehen lassen, wären da nicht die alles überstrahlenden, dunkelblauen Augen. Niemals vorher hatte er in solch zu gleichen Teilen kluge und schöne Augen gesehen. Sie wirkten verwirrend und beängstigend zugleich. Was mochte Finsteres an ihr sein, weshalb der Fürst sie einem einfachen Landgrafen wie ihm zur Frau geben wollte?
    Wenzel musterte Fürst Alexej, aus dessen Miene er jedoch nichts herauslesen konnte. Also wandte er seine Aufmerksamkeit dem üppigen Mahl zu.
    Es schmeckte hervorragend. Er hob den Kopf erst wieder, um den Mundschenk auf sich aufmerksam zu machen. Aus den Augenwinkeln erkannte er, dass die Prinzessin ihn beobachtete. Er versuchte, sich ein spöttisches Lächeln zu verkneifen, doch es glitt unaufhaltsam über seine Lippen. Hatte er sie also zum zweiten Mal ertappt, wie sie ihn ungeniert anstarrte. Zu seiner Freude überzog sich Amalias weiß gepudertes Gesicht erneut mit einem bezaubernden Rosa.
    Das Spiel gefiel ihm und er eröffnete den Reigen ein weiteres Mal. Diesmal tat er, als müsste er etwas unter dem Tisch suchen, während er den Blick auf die Prinzessin richtete. Sie jedoch schien jedes Interesse an ihm verloren zu haben, blickte kaum von ihrem Teller auf. Wenzel schluckte Enttäuschung und spürte, wie sich die Regung auch in seinem Antlitz niederschlug. Da entdeckte er ein verräterisches Zucken um Amalias Mundwinkel. Sie hatte offensichtlich den Spieß umgedreht und das Spiel auf ihre Weise weitergeführt. Er fühlte sich ertappt und das reizte ihn. »Na warte, dir werd ich’s zeigen.« Er schmunzelte.
    Amalia machte sich über den Rehbraten her, als wäre es das Wichtigste auf der Welt.
    Wenzel zwinkerte ihr über den Tisch hinweg zu. Aber was tat dieses Mädchen? Statt rot zu werden, wie es sich für eine Dame ihres Standes gehörte, zwinkerte sie frech zurück. Bei dem Versuch, das seiner Kehle emporsteigende Lachen zu unterdrücken, verschluckte er sich. Hitze flutete sein Gesicht und er schnappte hustend nach Luft.
    Dies schien nun auch für Amalia zu viel zu sein. Ihr prustendes Gelächter klang durch den Festsaal, und während Walpurga ihr empörtes Gesicht schnell hinter ihrem Fächer verbarg, fielen der Fürst und schließlich – nachdem er endlich wieder Luft bekam – auch er fröhlich mit ein.
    Das restliche Abendessen verlief in heiterer Stimmung. Die Musikanten spielten lustige Weisen und Walpurga zog sich mit Kopfschmerzen früh in ihre Gemächer zurück. Der Fürst trug Sorge dafür, dass die Gläser nicht leer wurden. Die Gäste sangen und tanzten bis Mitternacht.
    Erst nach und nach verabschiedete sich das Adelsvolk. Amalia verließ als eine der Letzten den Festsaal. Sie küsste ihrem Vater die Wange und reichte Wenzel geziert die Hand. Ein letztes Mal für diesen Tag sah er mit Freude zu, wie sich das Gesicht der jungen Prinzessin mit einer leichten Röte überzog. Dann zog ihre Zofe sie etwas unsanft aus dem Saal.
    »Gefällt Ihnen, das Mädchen, nicht wahr, Graf?«
    Fürst Alexejs Miene entnahm er, dass dies keine Frage, sondern eine Feststellung war. Der Fürst schien sich innerlich zu seiner guten Wahl zu beglückwünschen, das Gesicht glänzte vor Selbstzufriedenheit. Erneut richtete er das Wort an ihn. »Graf, sind Sie noch bei uns?«
    Wenzel bejahte und blickte wieder auf den leeren Platz, an dem Amalia vor wenigen Atemzügen noch gestanden hatte.
    »Lieber Graf. Lassen Sie uns noch ein Glas von dem hervorragenden Branntwein probieren, den mir der Kaiser aus Frankreich mitgebracht hat.« Alexej schenkte ihm eigenhändig ein.
    Langsam glitt er in die Gegenwart zurück. Er kannte Fürst Alexej gut genug, um zu wissen, dass dieser nun in bester Stimmung war, um Geschichten zu erzählen.
    Wenzel starrte in die goldgelbe Flüssigkeit und beschloss, endlich die Frage zu stellen, die ihn seit Stunden beschäftigte. »Sie haben eine wunderbare Tochter. Ich würde mich mehr als glücklich schätzen, sie als Braut nach Falkenfried zu führen. Allerdings wissen wir beide, dass der Stand meiner Familie dem
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