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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe
Autoren: Isabella Falk
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engen, nur bis zu den Ellbogen reichenden Ärmel des Gewandes endeten in einem vollen Spitzengeriesel, das bis über den Handrücken fiel. Vervollständigt wurde das Kunstwerk durch eine Robe aus dunkelrotem Seidenbrokat. Sie war an den Seiten mit geklöppelten Bändern nach hinten gebunden und mündete in einer mehr als fünf Ellen langen Schleppe.
    Amalia hatte noch niemals ein solch üppiges Gewand getragen. Stolz schritt sie zum Spiegel und öffnete die Brosche, sodass die Tücher, die ihren Ausschnitt verdeckten, hinunterglitten. Ihr Brustansatz wirkte voller und runder, als sie ihn je gesehen hatte. Sie streckte den Busen noch weiter hinaus, doch ehe sie diese neue Aussicht gebührend bewundern konnte, trat die gestrenge Zofe hinter sie und drapierte die Tücher neu, nicht ohne ihr einen unmissverständlich tadelnden Blick zuzuwerfen. Amalia zog eine Grimasse, drehte sich noch einmal ausgiebig vor dem Spiegel und setzte sich auf den Stuhl. Die schlimmste Prozedur stand ihr noch bevor. Ihr störrisches Haar musste gerichtet werden.
    Marijke, die über die neueste Mode bei Hofe bestens unterrichtet war, wusste genau, was sie tat. Sie hatte die Brenneisen bereits vorgeglüht. Amalia kämpfte gegen Übelkeit an, die der Gestank von angesengten Haaren auslöste. Die Zofe schien das alles nicht zu stören. Sie kämmte ihr die Stirn frei, steckte das Haar am Hinterkopf auf und ließ es in unzähligen Locken bis in den Nacken fallen. Zum Abschluss puderte sie Amalias Gesicht, sodass sie kräftig niesen musste, tupfte ihr ein wenig roten Farbstoff aus der Koschenilleschildlaus auf die Lippen und legte eine einfache Perlenkette um Amalias Hals.
    Schließlich trat Marijke zurück und musterte ihr Werk mit stolzem Blick. »Ach Prinzessin, wie schön Sie sind. Ihr Vater wird sehr stolz auf Sie sein und Ihr zukünftiger Bräutigam wird es nicht erwarten können, bis …« Sie kicherte und errötete.
    Amalias Nacken verspannte sich und sie zog unwillkürlich die Schultern hoch. Sie wusste genau, auf was die Zofe anspielte. Als Tochter eines Züchters, die in den Ställen der Hunde und Pferde ein- und ausging, hatte sie mehr als einen Zeugungsakt gesehen. Es war ihr ein Rätsel, wieso Gott zuließ, dass sich eine ehrbare Frau einem solch viehischen Akt hingeben musste. Dabei machte alle Welt so viel Aufhebens davon. Die Knechte sprachen hinter vorgehaltener Hand von nichts anderem und es hieß, dass die Magd Wanja ganz verrückt danach sei. Wie man munkelte, trieb sie es mit den Knechten und Stallburschen.
    Amalia schüttelte energisch den Kopf. Sie würde so etwas nur tun, um einen Sohn zu empfangen. Es schickte sich auch nicht für eine Dame ihres Standes, dessen war sie sich sicher. Dafür waren Mägde wie Wanja da. Durch diesen Gedanken getröstet blickte sie noch einmal in den Spiegel, ehe sie sich ans Fenster setzte.
     
    Es begann schon zu dämmern, als sie zum Bankett gerufen wurde, das ihre Eltern zu Ehren des Gastes ausrichteten.
    Amalia betrat den großen Saal am Arm ihres Vaters, der den ihren aufmunternd drückte.
    »Er ist ein guter Mann, ein Jäger wie ich. Sei nicht voreingenommen, weise ihn nicht gleich ab.«
    Sie nickte, kaum sichtbar. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie Graf Wenzel ihre Mutter zu deren Platz geleitete. Er schien bei Weitem nicht so alt zu sein, wie sie befürchtet hatte. Lange blieb ihr Blick nicht auf ihrem zukünftigen Verlobten haften. Die tadellose Erscheinung ihrer Mutter zog Amalias Aufmerksamkeit magisch an. Die Fürstin hatte sich in goldfarbene Seide und Brokat gewandet. Sie schritt sehr aufrecht und mit kühlem Blick neben dem Grafen einher. Wie meist beachtete sie Amalia auch diesmal nicht.
    Amalias Augen brannten. Rasch wandte sie den Blick erneut dem Grafen zu, beobachtete voller Bewunderung, wie er mit meisterhafter Eleganz der Fürstin den Stuhl zurechtrückte. Seine schwarzen Locken glitten ihm über die Schultern. Mit einer anmutigen Kopfbewegung warf er sie zurück in den Nacken. Ehe sich der Graf setzte, drehte er den Kopf nach rechts, genau in ihre Richtung. Sie senkte den Blick, aber es war zu spät. Er hatte sie bereits gesehen, dabei ertappt, wie sie ihn ungeniert beobachtet hatte. Ein spöttisches Grinsen umspielte seine Mundwinkel. Amalia errötete, und dankte im Stillen Marijke, dass sie nicht mit dem Bleiweißpuder gespart hatte.
     
    *
     
    Wenzel hatte im Vorfeld allerhand unschmeichelhafte Überlegungen angestellt, aus welchem Grund sein alter Freund
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