Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
Autoren: Clark Ashton Smith
Vom Netzwerk:
schon bei den anderen beobachtet hatte.
    Als mir aufging, dass meine Bemühungen, ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, fruchtlos waren, verließ ich die Plattform wieder und wanderte die Straßen entlang auf den Hafen zu. Die Fremdartigkeit und das Unerklärliche von alldem waren mir zu viel: Immer stärker spürte ich, wie ich den Reichen aller rationalen Erfahrung oder Mutmaßung entfremdet ward, dass ich in eine unirdische Vorhölle des Chaos und der Unvernunft gestürzt war, in den cul-de-sac, die Sackgasse einer nicht irdischen Dimension. Diese Wesen waren deutlich erkennbar völlig verstört und entgeistert. Offensichtlich war, dass sie genauso gut wussten wie ich, dass mit den geografischen Gegebenheiten und vielleicht sogar mit der Chronologie ihrer Insel etwas nicht oder nicht mehr stimmte.
    Den Rest des Tages verbrachte ich mit Umherstreifen. Doch nirgendwo traf ich auf jemanden, der in der Lage gewesen wäre, meine Anwesenheit wahrzunehmen. Nirgendwo fand sich etwas, um mich zu beruhigen oder meine ständig wachsende Verwirrung zu mildern. Allüberall sah ich Männer und auch Frauen, die, obschon vergleichsweise wenige von ihnen grau und runzlig waren, doch ausnahmslos den Eindruck unsagbaren Alters vermittelten – an Jahren und Zeitaltern außerhalb jeder Aufzeichnung oder Berechnung.
    Sie alle zeigten sich besorgt, waren fieberhaft angespannt, prüften Karten oder studierten alte Pergamente. Oder sie starrten auf das Meer und in den Himmel, konsultierten die bronzenen Tafeln mit ihren astronomischen Hinweisen, als ob sie, indem sie all dies taten, irgendwie den Fehler in ihren Berechnungen aufspüren könnten. Es gab Männer und Frauen in reifen Jahren und manche mit den frischen, glatten Zügen der Jugend. Doch im Ort sah ich nur ein einziges Kind und sein Gesicht wirkte nicht weniger erstaunt oder besorgt als die Gesichter der Älteren. Falls jemand aß oder trank und den normalen Gepflogenheiten des Lebens nachging, spielte sich das zumindest nicht innerhalb meines Wahrnehmungsfeldes ab. Mir drängte sich die Vorstellung auf, dass sie, alle von demselben Problem besessen, auf diese Weise schon über einen Zeitraum lebten, der in einer anderen als ihrer Welt praktisch der Ewigkeit gleichkam.
    Ich gelangte an ein großes Gebäude, dessen offene Tür durch die Schatten aus dem Inneren verdunkelt wurde. Als ich hineinblickte, stellte ich fest, dass es sich um einen Tempel handelte, denn jenseits der menschenleeren Düsternis, schwer von den abgestandenen Düften ausgebrannten Räucherwerks, stierten die schrägen Augen eines unheilvollen und grässlichen Götzenbildes zu mir hinüber. Es wirkte, als bestehe das Ding aus Stein oder Holz, vervollständigt durch gorillaähnliche Augen mit den böswilligen Zügen einer untermenschlichen Rasse. Es war kein angenehmer Anblick, und ich floh aus dem Tempel und setzte meinen Erkundungsgang fort.
    Jetzt gelangte ich ins Hafengebiet, wo die Schiffe mit den orangenen Segeln an einer Steinmole festgetäut waren. Sechs Schiffe gab es insgesamt: Es waren kleine Galeeren mit einzelnen Ruderbänken und Galionsfiguren aus Metall, die in Gestalt urzeitlicher Idole geformt waren. Die Wellen unzähliger Jahre hatten die Schiffe unbeschreiblich abgenutzt; die Segel waren zerfallende Lumpen und ebenso wie alles andere auf der Insel riefen sie den Eindruck kolossalen Alters hervor. Man konnte sich ohne Weiteres vorstellen, dass ihre mit bizarren Schnitzereien versehenen Buge einst an den seit Äonen versunkenen Kais von Lemuria vorbeigeglitten waren.
    Ich kehrte in die Stadt zurück und unternahm noch einmal den Versuch, den Einwohnern meine Anwesenheit mitzuteilen, jedoch abermals völlig vergebens. Nach einer Weile, während ich von einer Straße zur nächsten trottete, sank die Sonne hinter der Insel hinab und die Sterne traten rasch in einem Himmel aus purpurnem Sammet hervor. Ihre leuchtenden Körper waren groß und strahlend und standen unzählbar dicht. Mit den Augen eines erfahrenen Seemanns betrachtete ich sie genau, doch vermochte ich nicht eine einzige vertraute Konstellation zu entdecken, wenn ich auch hier und da meinte, eine Verzerrung oder Verlängerung eines bekannten Sternbilds wiederzufinden. Alles war hoffnungslos verdreht, und als ich mich noch einmal zu orientieren versuchte und gewahrte, dass die Bewohner der Stadt unermüdlich ihren Bestrebungen nachgingen, schlich sich das Chaos direkt in mein Hirn.
    Ich besaß keine Möglichkeit, die Länge meines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher