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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman
Autoren: Sybille Conrad
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Zunftmeister in die Schriftsetzergasse schicke, damit niemand Verdacht schöpft.« Vater winkte sie hinaus. »Lass nur nichts anbrennen. Der Kuchen ist das vereinbarte Zeichen für das gelungene Werk.«
    Aurelia hängte ihren Überwurf an den Haken an der Tür. Ihr umsichtiger Vater hatte an alles gedacht. Und dennoch konnte sie die Sorge um ihn nicht abschütteln. Er war so schwach geworden. Aus tiefstem Herzen hoffte sie, dass sein Plan aufgehen würde.

2
    S chnell steckte Aurelia die Strähne, die sich beim Laufen gelöst hatte, unter den Rand ihrer weißen Jungfernhaube. In Mainz durften sich erst Frauen im Ehestand mit roten und grünen Tüchern oder gar aufwändiger Stickerei schmücken. Nur ein fingerbreites Band war ihr erlaubt, um das Haar zu bändigen. Aurelia seufzte. Wie lebenslustig war es doch im Süden zugegangen, wo die jungen Frauen sogar die Haare offen im Wind flattern lassen durften.
    Sie zog den Korb auf ihrem Arm höher. Es war klüger, keinen Anlass zu bösem Gerede zu bieten, deshalb hatte sie das schlichte grüne Kleid angezogen. An den Marktständen verfolgten die Frauen der Schriftsetzerfamilien sie oft mit gemeinem Gezischel. Da seht ihr die Hex’, die sich in Romualds Locken verguckt hat, die wird sie ihm bald mit den Zähnen glattziehen. Hoffentlich vermochten sie gegen den Zunftmeister nichts auszurichten. Denn die Weiber wussten verborgene Wege, ihren Willen durchzusetzen.
    Aurelia bog vom Markt an den Auslagen der Häfner vorbei in die kleine Gasse, die hinunter zu den Häusern der Schriftsetzer führte.
    Sie hörte Romuald schon, bevor sie durch das kleine Gassenfenster in die Druckerei hineinblickte. Sie liebte sein klares Lachen, das klang wie eine schnell angeschlagene Zymbel in der Kirche.
    Jetzt stand er an einem Pult, das kräftige Bein vorgestreckt, ein baumlanger Kerl mit dem Kreuz eines Schiffers, und packte Lettern mit dem Winkelhaken auf das Zeileneisen.

    Aurelia hielt sich ganz still vor dem Fenster. Die vielen schwarzen Locken fielen leicht um seinen Kopf, tanzten jetzt geradezu, weil Romuald die Lettern so flink in die Zeilen setzte, dass Aurelia kaum seinen Bewegungen mit den Augen folgen konnte. Sie war gebannt davon, dass solch starke Finger so feinfühlig sein konnten, als wären sie schmal wie die eines Seidenstickers.
    »Bring das Setzschiff«, rief Romuald in eine Ecke, die Aurelia nicht einsehen konnte. »Wird’s bald?«
    Ein Lehrling in Holzschuhen und fleckiger Lederschürze schleppte auf dem Rücken einen Kasten heran. Er duckte sich am Pult wie vor einem Schlag. Aber Romuald nahm ihm nur das Setzschiff von den Schultern und legte es auf dem Tisch ab. Aurelia hörte Leute vom Markt kommen, wandte sich vom Fenster ab und ging rasch weiter ums Eck. Die Eingangstür zur Setzerei stand offen.
    »Teufelsarsch und Himmelsdreck, wer von euch hat die f-l Ligatur verrecken lassen?«, schrie eine Stimme heiser aus der Ecke. Das war Hans, Romualds Vetter, der schon seit drei Jahren Geselle war. Sein runder Kopf glänzte verschwitzt, seine Lederschürze spannte über dem Bauch. »Wie oft soll ich euch noch predigen, dass ihr kein dibus-dabus setzen sollt?«
    Was auch immer das war. Aurelia hatte keine Ahnung, was ein dibus-dabus sein sollte. Sie lehnte sich an den Pfosten der Eingangstür. Wenn Romuald bei der Arbeit war, bog er den langen Rücken wie ein Adler über der erlegten Beute. Aurelia biss sich auf die Lippen vor heimlichem Vergnügen. Ihr war es ganz recht, dass sie so seine Rückenansicht vom Nacken bis zu den groben Stiefeln betrachten konnte. So fest waren seine Waden und Schenkel, auf denen sie so gern saß, wenn sie sich auf einer Bank in den Weinbergen an Romuald lehnte und er über ihren Kopf strich.
    Hans und der Lehrling entdeckten sie gleichzeitig. Aurelia
führte schnell den Zeigefinger zum Mund. Sie hob den Rocksaum etwas an, schlich auf Zehenspitzen, auch wenn Hans nun ihre Knöchel sehen konnte, um einen Bottich mit Druckerschwärze herum und an einem Stapel Papierbögen vorbei.
    Sie stand fast hinter Romuald und stellte den Korb lautlos auf die Bodendielen. Noch einen Sprung nach vorn … Sie fuhr mit den Händen von den Seiten in seine Schürze und umschlang seinen Leib. »Hab ich dich!«
    Romuald entfuhr ein Schreckenslaut. Das Winkeleisen flog in hohem Bogen auf die Dielen, ein kurzer Regen eiserner Lettern ging auf sie hernieder. »Du«, keuchte er.
    Aurelia drückte ihn mit aller Kraft, dann trat sie einen Schritt zurück. Länger so
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