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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman
Autoren: Sybille Conrad
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Mann oder die treulose Frau. Die Metalle, glaubte ich junger Tor, seien fest und ihr Gebrauch ohne Fluch.« Er wendete die Becher unter dem Licht. »Doch kaum beherrschte ich das Kleine und das Große Werk der Alchemie, wollten alle Kaufleute, Grafen, selbst Bauern nur noch Eisen in Silber und Gold gewandelt sehen.« Er sah sie ernst an. »Tochter, vergiss niemals: Schlimmer als die Lüsternheit ist die Gier des Menschen nach der Macht, die das Gold verleiht.«
    Vater stellte den einen Becher zur Seite und prüfte den zweiten. Sein Blick glitt langsam über jede Kerbe des Heiligenbildes im Metall. »Selten ist es mir so gleichmäßig gelungen. Gewiss bewirkt es der heraufziehende Stern eures Tages.« Er prostete ihr mit dem Becher zu. Dann fuhr er fort: »Alles Irdische hat zwei Seiten, das lehren uns die alten Schriften. Des einen Schwäche ist des anderen Glück. Und die Schwäche des Zunftmeisters für Silber und Gold ist dein und Romualds Glück. Er wird nun in die Heirat einwilligen, daran zweifle ich nicht mehr. – Reibe die Becher trocken.«
    Aurelia nahm ein weiches Wolltuch aus der Lade am Schaff. Sie wollte den Worten des Vaters so gern glauben. Aber konnte ein Silbergeschirr bei den Mainzer Bürgern wirklich ihre Herkunft als verachtete Alchemisten-Tochter aufwiegen?
    Vater räumte die Silberkanne und die beiden Becher auf den freien Tisch unter dem Fenster. »Sind das nicht die schönsten Becher, die man sich denken kann? Wie geschaffen für eine zünftige Verlobungsfeier.«
    »Man wird sich dennoch hinter unserem Rücken bekreuzigen.
« Aurelia wünschte sich in Romualds Arme, als sie die Angst überkam, dass der Zunftmeister den Betrug entdecken könnte.
    »Die Missgunst zwischen den Mainzer Zünften wird durch mein Geschenk nicht kleiner werden.« Der Vater wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Aber das soll jetzt nicht mehr unsere Sorge sein. Wenn du erst mit Romuald verlobt bist, wird keiner in der Stadt es mehr wagen, mit den Fingern auf dich zu zeigen. Gegen die Schriftsetzergesellen hebt sich so schnell keine Faust.«
    Wenn der Zunftmeister einwilligte. Und wenn nicht? Vater hatte bis jetzt nicht einmal von Mann zu Mann mit ihm sprechen dürfen. Alle Zusagen hörten sie nur aus dem Munde des Vermittlers. Was, wenn sie einmal mehr verraten und vertrieben würden? Eine lange Wanderschaft von Stadt zu Stadt oder gar den Rückfall in Armut und Unsicherheit – das könnte Vater kaum mehr ertragen. Noch vor sechs Monaten hatte Aurelia gefürchtet, dass sie ihr Glück niemals finden würde. Damals hatte der Zunftmeister Romuald für sein Werben in den Schandkäfig gesteckt.
    Doch der herrliche Silberglanz der Kanne ließ Aurelia hoffen. War die Macht der Metalle nicht groß? »Die Leute werden sich fragen, warum du kein Gold gemacht hast.« Als Meister dieser Kunst wurde der Name Meliorus bereits den Rhein hinauf und hinab geflüstert.Aurelia wusste gut, welche Herren ihre Boten inzwischen in ihr Haus schickten.
    Ihr Vater richtete sich auf und sah wie in weite Ferne an ihr vorbei. »Gold, alle wollen immer nur Gold«, seufzte er. »Das Große Werk, meine Tochter, so sagen es mir die Sterne voraus, soll erst vollbracht werden, wenn Romuald dich wirklich heiraten darf.«
    Aurelia erschauderte. So sehr fürchtete sie um die Verlobung, dass ihr die Hochzeit unwirklich fern erschien.
    »Mercurius und Sol und Venus stehen im Dreieck …« Vaters
Blick sah durch sie hindurch. »Erst du als Braut wirst das Gold als Mitgift bringen. Doch bis dahin muss ich die dreizehn Arten Steinmehl und die sieben sauren Erden zusammentragen.« Er stand schon vor den Schriften und holte den wertvollsten Pergamentband aus dem Schaff, den er als junger Alchemist von einem alten spanischen Zwerg in Granada erhalten hatte. Der hatte ihn in die Geheimnisse der Ungläubigen eingeweiht.
    Aurelia hatte gerade das komplizierte Goldmachen in seinen Bann geschlagen. Leider fehlte in dem Band die Seite mit dem dreizehnten Steinmehl. So blieb diese Zutat ein Geheimnis, das Vater streng hütete.
    Er hob den Zeigefinger. »Wenn’s mich nicht täuscht, Kind, riecht es vom Hausherd drüben gerade herrlich nach Nussauflauf.«
    Sie roch es auch. »Herrlich sagst du? Du magst doch gar keine Nüsse.« Die ganze Zeit schon hatte sie Vater fragen wollen, warum sie hatte einen Nusskuchen backen sollen.
    »Ich nicht, das stimmt. Aber dein Romuald ist verrückt danach. Und einen Vorwand muss es doch geben, unter dem ich dich zum
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