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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman
Autoren: Sybille Conrad
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umschlungen zu verharren wäre nicht schicklich gewesen.
    Romuald wandte sich zu ihr um. »Sammle die Lettern ein«, sagte er dabei zum Lehrling, der unter seinen ungekämmten Stirnfransen hervor Aurelia auf die Brust linste.
    »Jetzt gibt’s lauter Hurenkinder«, rief Hans von seinem Tisch her. »Das fehlt uns noch.«
    Aurelia fühlte Wut aufsteigen. Sie hatte die Anspielung genau verstanden. Romuald hatte ihr viele der zweideutigen Bezeichnungen für falsch gesetzte Buchstaben erklärt.
    Die anderen Gesellen lachten. Aurelia griff ihren Korb am Henkel und schluckte den Ärger herunter. Sie durfte niemanden mit Widerworten reizen.
    Hinten in der Druckerei teilte eine Bretterwand die Stube ab. Dort lagen die bedruckten Papierbögen auf Holzgittern zum Trocknen aus. Romuald zog Aurelia aus der Sichtweite der anderen.
    »Nichts gönnst du uns«, rief sein Vetter hinter ihm her. Ein Stück Holz schlitterte an Romualds Ferse vorbei über die Dielen. »Aurelia, warum verbirgst du dein schönes Gesicht vor uns?«, fragte Hans vorwurfsvoll. »Wir haben hier ältere Rechte.«
    Dazu durfte sie nicht einfach schweigen. »An den Lettern vielleicht«, rief Aurelia in die Werkstatt zurück. »Aber an mir hat noch keiner ein Recht.«
    Hinter den Brettern umfing Romuald mit den Händen ihre Hüfte. »Ich habe dich vermisst«, flüsterte er. »Das Warten wird einfach zu lange.« Seine Finger wanderten sanft ihren Rücken hoch, wobei seine dunklen Augen glänzten und sich weiteten.
    Manchmal schien es Aurelia, als ob sie von ihm gar nichts wüsste, als läge hinter seiner Fröhlichkeit, seiner Wissbegier etwas Wildes, Unbekanntes verborgen. Sie fühlte ihren Atem schneller gehen, als er seinen festen Leib an sie schmiegte.
    Aber seine Lippen waren weich, sanft küsste er sie wie ein Kind ein Küken, das es im Stall gefunden hat. Die Wärme, die Aurelia überströmte, war so süß wie es die Frühlingslieder besangen. Sie küsste ihn wieder, spürte die rauen Stoppeln auf seinem Kinn.
    Romuald hielt sie bei den Schultern und sah sie ernst an. »Ist dein Vater endlich vorangekommen?«
    Aurelia hob das Tuch über dem Korb. »Deswegen bin ich hier. Ich soll dem Zunftmeister diese Gabe von meinem Vater bringen.«
    »Nusskuchen?« Romuald fasste schon ein Stück. »Aber wieso? Heute ist doch kein Erntedank.«
    »Vater hat mir nur gesagt, dein Meister werde den geschenkten Kuchen schon zu deuten wissen.«
    »Du meinst …« Romualds Miene hellte sich auf. »Wenn der Meister den Kuchen annimmt, dann gilt das auch für … euer anderes Geschenk?«
    Aurelia durfte Romuald nicht alles sagen, das hatte sie Vater versprechen müssen. Zu deinem eigenen Schutz , hatte er ihr eingeschärft . So küsste sie Romuald als Antwort auf den Mund.
    »Ich habe auch etwas für dich.« Er schlug den Ärmel seines
weiten Hemdes zurück. Um seinen Ellenbogen war ein schmales blaues Band gewunden. »Wickele es ab.«
    Aurelia strich über seinen braunen Unterarm, so sanft, dass sich die Haare aufstellten. Romuald seufzte wohlig. Sie knotete das Band auf. Es war wunderbar glatt. »Es ist ja aus Seide!« Was mochte ihn das gekostet haben? »Viel zu teuer für mich«, flüsterte sie.Auf Zehenspitzen stehend gab sie ihm noch einen, noch zwei, drei Küsse.
    »Für dich ist mir nichts zu teuer«, gab Romuald zurück.
    In der Druckerei schepperten Lettern in den Fächern, jemand hatte hart aufs Holz des großen Setzkastens geschlagen. Aurelia sah den Schreck in Romualds Gesicht.
    »Warum ist der Aushang noch nicht fertig, Hans?«, schrie eine von Bier erhitzte Stimme vom Eingang her.
    »Der Meister!« Romuald schob Aurelia an den Schultern weg.
    Sie hatte ganz vergessen, wo sie sich umarmten und küssten. Rasch machte sie drei Schritt zum Holzgitter hin. Betrefflich die Handeley mit Gewürz und Safran … Mehr konnte sie auf dem Andruck nicht lesen, da stand schon der Zunftmeister vor ihr. Ein grauer Haarkranz umsäumte seinen Kopf. Niemand sonst durfte bei den Schriftsetzern eine Lederschürze und einen Schulterschutz in Schwarz über dem Hemd tragen.
    »Aha! Die goldhaarige Tochter von Meliorus ist im Haus. Kein Wunder, dass keiner seine Arbeit tut.« Schweißperlen standen auf seiner geröteten Stirn. »Was willst du hier?«
    Aurelia durfte Romuald nicht einfach besuchen, zumal sie noch nicht seine Verlobte war. »Mein Vater schickt euch durch mich einen Gruß.« Sie schlug die Augen sittsam nieder.
    Der Zunftmeister stieß mit dem Fuß an den Korb, der auf den
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