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Die Götter von Freistatt

Die Götter von Freistatt

Titel: Die Götter von Freistatt
Autoren: Robert Asprin
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wurde Zeugin von Gewalttätigkeiten.
    Das schien nicht so schlimm zu sein, bis ich das Buch aus dem Briefkasten holte und den Band in seiner Gänze las. Wir hatten verflixt viele Drogen, Zauberer, Laster, Bordelle, Kneipen, Spelunken, Flüche und Fehden. Freistatt war kein Hinterwäldlernest, keine gewöhnliche Vorstadt des Reiches. Es war das Schwarze Loch des Nichtkalkuttas. Es konnte nur noch schlimmer werden.
    Und das wurde es auch. Für meine zweite Geschichte wühlte ich in der unerfreulichen Vergangenheit meiner S’danzo, gab ihr einen Berserker als Halbbruder. Ich erschuf Buboe, den Nachtkellner des Wilden Einhorns. Das geschah, weil Bob sagte, es sollte zumindest eine Szene im Einhorn spielen - aber Eindaumen kämpfte mit sich selbst im unterirdischen Labyrinth, und niemand wußte, wer das Einhorn führte. (Ich erinnere mich, einer der anderen erfand Zweidaumen - mit Fleiß, glaube ich.) Nun ist Buboe aber eigentlich kein Personenname, Buboe ist eine entzündliche Lymphknotenschwellung, die, wenn sie bei einer Pesterkrankung aufgeschnitten wird, nicht nur den Tod des Patienten zur Folge hat, sondern auch dessen, der diese Beule öffnet.
    Band zwei und drei brachten weitere Absonderlichkeiten im Verhalten der Akteure und andere Eigentümlichkeiten, die kein Autor wagen würde, einem Universum zuzuschreiben, für das er allein verantwortlich ist. In der DIEBESWELT jedoch, wo die Schuld genau wie der Ruhm geteilt werden, wird die versteckte Andeutung in einem Band zur kompletten Story im nächsten.
    Wollen wir doch ehrlich sein, Unrat ist interessant. Wenn ich beispielsweise schreibe, daß der Geruch von verwesendem Blut jahrelang anhalten kann, fällt dem Leser vielleicht nicht auf, was ich nicht erwähne. Denken wir doch bloß an die Dinge, die keiner der Autoren genau weiß: das Wetter in Freistatt - das tägliche und das jahreszeitlich bedingte. Es muß merkwürdig erscheinen. Wenn die Abwinder Abwind von der Stadt bekommen, müßte der Wind hauptsächlich von oben und vom Land her kommen - versuchen Sie das mal einem Küstenbewohner klarzumachen!
    Was die Stadt selber betrifft, so habe ich sie mir als eine Art spätmittelalterliche vorgestellt, die ihre Mauern sprengt. Das Labyrinth ist wie die Shambles von York in England erbaut, wo jedes Stockwerk so über das untere hervorragt, daß jeder seinen Abfall direkt auf die Straße, statt auf seinen Nachbarn, werfen kann. Aber einige scheinen Freistatt für romähnlich zu halten. Für sie hat Freistatt eine rudimentäre Kanalisation, vornehme Villen, freie Gebäude und zumindest einige gepflasterte Straßen. Es scheint auch einige Elemente von Bagdad aus Tausendundeiner Nacht darin zu geben, mit beturbanten Nomaden und seidengewandeten Damen, genau wie einiges, was auf babylonische Bauweise schließen ließe. Aber da so viele unserer Geschichten im Dunkeln spielen, ist es vielleicht gar nicht so wichtig, daß wir uns wirklich einig sind, wie die Stadt aussieht. Niemand, einschließlich der Beamten des Reiches, weiß, wie groß Freistatt wirklich ist. Jedesmal wenn einer von uns ein Versteck oder einen geheimen Treffpunkt braucht, erfindet er es/ihn - Freistatt ist entweder sehr groß, oder alles ist entsetzlich dicht gedrängt. Man kann sein ganzes Leben im Labyrinth oder im Basar verbringen, und doch braucht man bloß fünfzehn Minuten von einem Ende der Stadt zum andern - oder nicht? Ich bin mir nicht sicher.
    Nehmen wir mal den Basar. Ich habe eine ganze Menge Zeit in diesem Basar verbracht, aber ich könnte nicht genau sagen, wie er zusammengesetzt ist. Ein Markt gehört dazu, wo landwirtschaftliche Erzeugnisse verkauft werden (ich muß gestehen, ich habe keine Ahnung, wo die herkommen oder wo die Bauern sind, wenn sie nicht gerade ihre Erzeugnisse dort verkaufen). Andere Teile sind wie die Jahrmärkte des mittelalterlichen Frankreichs, wo die Kaufleute Großhandel betreiben. Wieder andere Teile ähneln den Basaren des Orients. Statt mich mit philosophischen Fragen zu beschäftigen, beispielsweise wie viele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können, werde ich vielleicht eines Tages ausrechnen, wie viele S’danzo im Basar wohnen und dort ihren Lebensunterhalt verdienen können.
    Um von Engeln auf Götter zu kommen - es erscheint wahrscheinlich, daß jeder, der in Freistatt lebt, eine persönliche Beziehung zu den Göttern hat - keine, die mit Verehrung und Glaube zu tun hat, wohlgemerkt. Die Leute sind dort, was ihre Religion betrifft, eher homerisch:
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