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Die Götter von Freistatt

Die Götter von Freistatt

Titel: Die Götter von Freistatt
Autoren: Robert Asprin
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Schwert einsteckte und sich der kleinen Gruppe um den Eunuchen zugesellte.
    Jubal vernahm das Bersten von Holz und sah, wie der Speerschaft weggeworfen wurde. Und dann sirrten Pfeile kurz hintereinander auf ihn zu und drangen in seine Knie. Nach dem kurzen heftigen Schmerz spürte er nichts mehr.
8
    Tempus beugte sich kniend über Abarsis, der nackt sein Leben in den Staub blutete. »Holt Licht!« haspelte er. Er warf seinen Helm von sich und beugte sich noch tiefer, bis seine Wange den verkrampften haarlosen Bauch Stiefsohns berührte. Die ganze Bronzespitze des Speeres mitsamt dem Widerhaken steckte tief in ihm. Unterhalb der untersten Rippe ragte der abgebrochene Schaft heraus, und Abarsis’ gequälter Atem ließ ihn erzittern. Eine Fackel wurde herbeigebracht. In ihrem Licht erkannte Tempus, daß es nur unsinnig qualvoll wäre, die Speerspitze herauszuschneiden. Ein Widerhaken steckte unter der Rippe, und mit dem Blut flossen lebenswichtige Körpersäfte. Einer alten Sitte gemäß drückte Tempus den Mund auf die Wunde, saugte das Blut auf und schluckte es. Dann hob er den Kopf und schüttelte ihn, jenen zugewandt, die mit einer erhitzten Klinge und hoffnungsvollen Gesichtern warteten. »Besorgt ihm Wasser - keinen Wein. Und gebt ihm etwas Luft.«
    So machten sie Platz um ihn, und als der Gefährte aus dem Heiligen Trupp, der Abarsis’ Kopf gehalten hatte, ihn sanft auf den Boden bettete, versuchte der Verwundete etwas zu sagen, doch nur Husten kam hervor, der ihn heftig schüttelte. Hilflos verkrampfte seine Hand sich um das Stück Speerschaft.
    »Ruh dich aus, Stiefsohn. Dein Wunsch fand Erfüllung, du wirst mein Gottesopfer sein.« Tempus bedeckte die Blöße des Jünglings mit seinem Umhang, löste die blutige Hand vom Schaft und nahm sie in die eigene.
    Da öffneten sich die blaugrauen Augen in einem Gesicht blaß vor Schmerz. »Ich habe keine Angst, da du und der Gott bei mir sind.«
    Tempus schob einen Arm unter Stiefsohns Kopf und legte ihn in seinen Schoß. »Psst!«
    »Bald, bald«, flüsterten die Lippen, die ihre Farbe verloren. »Habe ich es nicht gut gemacht, für dich? Sag es mir - daß du mit mir zufrieden bist. O Geheimnisvoller, so sehr liebe ich dich, daß ich dich lobpreisen werde vor dem Antlitz meines Gottes.
    Wenn ich meinen Vater wiedersehe, werde ich ihm sagen, daß - ich an deiner Seite kämpfte.«
    »Mit mehr als dem sollst du zu ihm gehen, Stiefsohn«, flüsterte Tempus. Er beugte sich über ihn und küßte ihn sanft auf den Mund. Und Abarsis hauchte seine Seele aus, während ihre Lippen sich noch berührten.
9
    Hanse hatte die Nadeln mühelos an sich bringen können, wie Stiefsohn es ihm versprochen hatte, da Tempus nicht im Palast war. Danach hatte die Aufforderung des jungen Söldners, zu Jubals Landhaus zu kommen, um beim Kampf zuzusehen, fast schmerzhaft in Hanses Kopf geklungen. Nur damit es verstummte, tat er wie ihm geheißen.
    Natürlich wußte er, daß es töricht war, ja gefährlich, davon auch nur zu wissen. Aber wenn er den jungen Söldner wiedersah, wollte er sagen können: »Ja, ich habe es gesehen. Es war großartig.« Also machte er sich vorsichtig auf den Weg. Wurde er aufgehalten, hatte er Stiefsohns Heiligen Trupp als Zeugen, daß er bei Jubals Haus gewesen war und also nicht in der Nähe des Palasts und des Gerichtssaals gewesen sein konnte.
    Es war ihm klar, daß diese Ausreden fadenscheinig waren, aber er wollte gehen, und er wollte sich nicht mit dem Warum befassen: nämlich, daß die Verlockungen des Söldnerlebens ihm schwer zu Kopf stiegen. Denn gestände er es sich ein, wie süß es ihm erschien, mochte er verloren sein. Ging er jedoch, sah er vielleicht etwas, das gar nicht so süß und berauschend war, etwas, das all dieses Gerede über Freundschaft und Ehre hinwegspülte.
    Also ging er und versteckte sich auf dem Dach eines Wachhauses, das in dem Durcheinander sich selbst überlassen worden war. So sah er alles, was passierte.
    Als er seinen Beobachtungsposten ungefährdet verlassen konnte, folgte er dem Schimmelpaar mit Tempus und dem Leichnam auf einem Pferd, das er sich schnell angeeignet hatte.
    Die Sonne war bereits aufgegangen, als Tempus den Kamm des erwählten Hügels erreichte und über die Schulter rief: »Wer immer Ihr seid, reitet herbei!« Dann machte er sich daran, Äste für die Totenbahre und das Totenfeuer zu sammeln.
    Hanse ritt zum Rand des Felsvorsprungs, auf den Tempus das Holz schichtete, und sagte: »Nun, Verfluchter, du und dein
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