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Die Götter von Freistatt

Die Götter von Freistatt

Titel: Die Götter von Freistatt
Autoren: Robert Asprin
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möglicherweise gar keine Seele hat. Hör nicht mehr auf das, was andere sagen, Priester. Eines Menschen eigene Fehler sind Last genug, ohne daß man sich noch die anderer aufbürden sollte.«
    »Dann erwähle mich! Die Zeit reicht nicht, um einen anderen Eunuchen zu suchen.« Er sagte es ohne Bitterkeit, lediglich an Tempus Vernunft appelierend. »Ich kann dir auch noch ein paar Streiter beschaffen, die du vielleicht noch nicht kennst, und die es nicht von sich aus wagen würden, an dich heranzutreten. Mein Heiliger Trupp sehnt sich danach, dir zu dienen! Du aber schenkst deine Gunst Provinzlingen und Ausländern, die diese Ehre nicht zu schätzen wissen, ja sie nicht einmal erkennen. Schenk sie mir, der sich wenig anderes wünscht .! Der Prinz, der König sein möchte, wird mich nicht verraten. Übergib mich Jubal zur Ausbildung. Ich bin zwar etwas alt dafür, aber hier in Freistatt ist ohnedies alles anders. Ich habe dir hier geholfen! Du schuldest mir diese Chance!«
    Tempus rührte seinen abgekühlten Glühwein mit einem Finger um. »Dieser Prinz ...«, wechselte er das Thema. Sein tiefes Seufzen klang wie das Rasseln von Gebeinen. »Er wird nie ein großer König sein wie dein Vater. Kannst du mir verraten, weshalb der Gott überhaupt ein solches Interesse an ihm hat?«
    »Das wird er dir selber sagen, wenn du ihm das Trospferd opferst. Oder einen Menschen. Dann wird er besänftigt sein. Du kennst das Ritual. Wenn du dich für ein Menschenopfer entscheidest, stelle ich mich dir gern als Freiwilliger zur Verfügung ... Ah, du verstehst mich jetzt? Ich will dich nicht erschrecken ...«
    »Keine Angst.«
    »Dann - obgleich ich mir damit möglicherweise dein Mißfallen zuziehe, gestehe ich es: Ich liebe dich! Eine Nacht mit dir wäre mehr Glück, als ich ertrüge. Unter dir zu arbeiten, ist seit langem mein Traum! Laß mich tun, was keiner besser kann; was kein ganzer Mann tun könnte!«
    »Da du es dir offenbar wirklich so sehr ersehnst, soll dir dein Wunsch erfüllt werden. Aber wer weiß, was Jubals Falkenmasken mit einem Eunuchen machen werden, den wir schicken.«
    »Mit deinem Segen und dem des Gottes bin ich furchtlos. Und du wirst in der Nähe sein und Jubals Festung stürmen. Während du den Sklavenmeister wegen Spionage verhaftest, wird der Frau zur Flucht verholfen. Oh, ich kenne deine Gedanken: Ich habe auch dafür gesorgt, daß sie ihre Waffen zurückerhält.«
    Tempus grinste. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll!«
    »Sag, daß du mir wohlgesonnen bist und mehr als nur eine schlechte Erinnerung in mir siehst.«
    Kopfschüttelnd nahm Tempus das Amulett, das Abarsis ihm entgegenstreckte. »Dann komm, Stiefsohn, wir wollen sehen, welchen Teil deiner ruhmvollen Erwartungen wir erfüllen können.«
7
    Später würde man erzählen, und es würde zur Legende werden, daß der Sturmgott höchstpersönlich an dem Überfall auf den Landsitz des Sklavenhändlers beteiligt gewesen war. Blitze schlugen in den Wachhäusern an der Schutzmauer ein, und Kugelblitze rollten durch den Innenhof zum schweren Eichentor, bis es zu Asche zerfiel. Der Boden grollte, bäumte sich auf; Risse und Spalten durchzogen die Privatgemächer des Sklavenhändlers, in denen dieser sich gerade mit dem Eunuchen beschäftigte, den Kadakithis ihm zur Ausbildung geschickt hatte. Es war eine schändliche Vergeudung, einen Lustknaben aus einem solchen Sklaven zu machen. Die Arena hatte ihm Muskeln geschenkt, und die Zeit ihn reifen lassen. Diese Art von Vergnügen vielleicht noch zwei oder drei Jahre aus ihm herauszupressen empfand der Sklavenhändler als bedauernswert. Blut wie seines kam so selten in die Sklavenpferche, daß seine Kastration eine Sünde gegenüber zukünftigen Generationen gewesen war. Hätte Jubal ihn früh genug bekommen - ehe man ihm mit neun oder zehn Jahren diese Schmach angetan hatte -, er hätte keine Mühe gescheut, ihm die beste Erziehung angedeihen zu lassen und ihn zur Zucht einzusetzen. Doch sein Brandzeichen und die trotz Sonnenbräune helle Haut ließen an nordische Berge denken, an hohe Hexerburgen, wo die Kriege so gewütet hatten, daß niemand stolz darauf war, sich zu erinnern, was auf beiden Seiten geschehen war.
    Schließlich ließ er den Eunuchen am Hals an das Fußende des Bettes gekettet allein, um nachzusehen, was das Krachen, die Blitze und der bebende Fußboden zu bedeuten hatten.
    Er verstand zwar nicht, was er von der Schwelle aus sah, aber er kehrte sofort um, schlüpfte aus seinem
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