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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung
Autoren: Achim Müller Hale
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veranlasst, den Zug zum Halten zu bringen. Verfolgt er uns jetzt schon auf unseren Dienstreisen?«
    Eine Minute später betrat der Gescholtene das Abteil mit Melone und Aktentasche in den Händen.
    »Um Himmels willen, Churchill!«, rief ihm der Premierminister entgegen, ohne sich von seinem Platz zu erheben. »Ihr Verhalten ist beispiellos. Haben Sie keine eigene Transportmöglichkeit?«
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie inkommodiere und zur Unterbrechung Ihres Studiums zwinge, Premierminister«, hustete Churchill. »Doch die Bedeutung der Mitteilung, die ich zu machen habe, erlaubt kein geduldiges Warten auf den rechten Augenblick.«
    »Hätten Sie sich wirklich keinen geeigneteren Zeitpunkt und vor allem angemesseneren Ort aussuchen können?«, fuhr ihn Wilson an.
    »Ich stimme zu, die Umstände sind anomal und stellen zweifellos eine gewisse Verletzung der guten Form dar. Allerdings bin ich überzeugt, dass der Premierminister es mir in Anbetracht der gegebenen Situation nicht verzeihen würde, wenn ich nicht auf ein unverzügliches Gespräch bestünde.«
    »Worum in drei Teufels Namen geht es?«, fragte Chamberlain angestrengt, den das Erscheinen des ungebetenen Gastes augenblicklich ermüden ließ.
    »Ich muss darauf insistieren, Sie unter vier Augen zu sprechen«, entgegnete Churchill ernst.
    »Machen Sie sich nicht lächerlich! Wilson genießt mein uneingeschränktes Vertrauen.«
    »Tut mir leid.«
    »Es ist in Ordnung, Neville«, sagte Wilson verärgert. »Ich werde mir eben auf dem Bahnsteig etwas die Beine vertreten.«
    »Vielen Dank«, nickte Churchill und wartete ab, bis Chamberlains Berater die Abteiltür hinter sich geschlossen hatte.
    »Kommen Sie besser gleich zur Sache.«
    »Sie erlauben?« Churchill deutete auf den Sitz gegenüber dem Premierminister.
    »Bitte«, seufzte Chamberlain. Er nahm die Lesebrille ab. Das durch das Fenster eindringende Sonnenlicht ließ die Ränder und Falten unter seinen Augen, die ihm seine ernste und bedachte Erscheinung gaben, deutlich hervortreten.
    Churchill nahm umständlich Platz.
    »Was haben Sie so Wichtiges auf dem Herzen?«
    »Premierminister, ich bin gekommen, um eine Änderung der Haltung der Regierung Seiner Majestät zu den Vorgängen auf dem Kontinent anzumahnen.«
    »Hören Sie, ich habe doch schon vor zwei Tagen im Unterhaus dazu Stellung genommen. Ich bin mir wohl darüber bewusst, dass meine Politik nicht auf ungeteilte Zustimmung stößt   – nicht einmal in meiner eigenen Partei. Das Schicksal der Tschechen tut mir persönlich leid, glauben Sie mir, doch Sie müssen bedenken, welch ungleich größeres Unglück wir durch die Eingrenzung des Konflikts verhindert haben. Sie dürfen nicht unterschätzen, wie sehr die Menschen in unserem Land den Krieg verabscheuen. Ich habe noch den Jubel vom letzten Herbst vor Augen, als ich aus München mit dem geretteten Frieden zurückkehrte.«
    »Premierminister, der Krieg ist unabwendbar.«
    »Nun, das ist noch offen. Solange eine Chance besteht, und sei sie noch so klein, den Frieden zu erhalten, will ich darum ringen.«
    »Ich habe hier den Beleg, dass es diese Chance gar nicht gibt. Dass sie im Gegenteil eine bloße Chimäre ist, von Hitler aufrechterhalten, solange bis sein Reich stark genug ist, sich ganz Europa zu unterwerfen.«
    »Wovon reden Sie da?«
    Churchill begann in seiner Aktentasche zu kramen.
    »Ziehen sie jetzt wieder ein Papier von einem Ihrer anonymen Zuträger hervor?«
    Churchills Mundwinkel verzogen sich für einen winzigen Augenblick zu einem Schmunzeln, bevor der Ernst in sein Gesicht zurückkehrte. »Dies ist ein Protokoll einer geheimen Besprechung Hitlers mit der deutschen Armeeführung vom November siebenunddreißig.«
    »Woher haben Sie das?«
    »Es stammt aus Görings Schreibtischtresor. Ich kann für die Echtheit garantieren, ich habe einen vertraulichen Kontakt in der Spitze des Reiches.«
    »Wie bitte? Wollen Sie mir etwa sagen, dass Sie an Secret Service und Foreign Office vorbei eigene geheimdienstliche Ermittlungen in fremden Länder anstrengen?«
    »Der Einfachheit halber«, überging Churchill die Frage, »habe ich eine englische Abschrift des Textes anfertigen lassen.«
    Chamberlain beugte sich mit empörter Miene über das Papier, während Churchill geduldig abwartete, bis der Premierminister den Inhalt erfasst haben würde.
    Fünf Minuten später ließ sich Chamberlain mit offenem Mund gegen die Rückenlehne seines Sitzes fallen und schaute abwechselnd Churchill, das
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