Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
vermutlich jemand, der bereits vorgehabt hatte, ihn zu beseitigen. Molinari hingegen war eine vergängliche Zeiterscheinung, ein Gangster, der einer ethnischen Minderheit entsprang,gefangen zwischen der atavistischen Blutrunst seiner Väter und den vom Mob finanzierten Glücksspielkonzernen in Chicago und Las Vegas, die inzwischen im Auftrag von Staatsregierungen Lotterien und Kasinos betrieben.
    Falls Nicki Molinaris Leben wie auch sein gewaltsamer Tod für die Nachwelt irgendwie von Bedeutung waren, dann nur insofern, als er freiwillig für sein Land in den Krieg gezogen und in Laos zurückgelassen worden war, so wie vermutlich rund vierhundert andere GIs, deren Namen von der Verhandlungsliste gestrichen worden waren, als man sich bei den Friedensgesprächen von Paris über ein Ende des Vietnamkriegs einigte.
    Aber diese Ereignisse interessieren heutzutage kaum noch jemanden.
    Die einzige Person, die von dem Massenmord profitierte, den ein preisgekrönter Romancier begangen hatte, würde vermutlich in keinem Zeitungsartikel namentlich erwähnt werden. Der Mann, der für den Tod von Cleo Lonnigans Kind verantwortlich war, war gefoltert und exekutiert worden, und darüber hinaus konnte sie auch noch die siebenhunderttausend Dollar behalten, um die ihr Mann Nicki Molinari betrogen hatte, und so gut wie niemand, nicht einmal Xavier Girard, der Todesschütze, würde je erfahren, welch großen Gefallen er ihr damit getan hatte.
    Doc bereitete uns ein spätes Abendbrot zu, das wir in der Küche zu uns nahmen, und danach spazierte ich allein am Fluss entlang, durch die länger werdenden Schatten, über die schwammigen Kiefernnadeln unter den Bäumen. Die Luft roch nach feuchtem Gestein und der vom Erdreich gespeicherten Hitze, die allmählich der Kälte wich, die vom Fluss aufstieg. Aber ich achtete kaum auf die zauberhafte Abendstimmung. Ich horchte ständig, ob ich irgendwo einen Automotorhörte, das Knacken eines Zweiges unter einem Männerschuh, und starrte angespannt ins Zwielicht, als eine Ricke und ihr geflecktes Kitz über den weichen Humus auf der anderen Seite des Wasserlaufs trabten.
    Dann sah ich eine Spur, die scharfen Umrisse eines Cowboystiefels im weichen Sand unmittelbar am Ufersaum. Er war zu klein, als dass er von mir oder Lucas hätte stammen können, und Doc trug keine Cowboystiefel. Ich nahm einen Stein, warf ihn quer über das Wasser auf ein Geflecht aus abgestorbenen Bäumen und hörte, wie er durch die Zweige zischte und auf die Steine am Grund schlug.
    Aber sonst war kein Laut zu hören außer dem Rauschen des Flusses und dem Strudeln des Wassers um die Biberdämme und Felsblöcke, die wie graue Schildkrötenpanzer aus der Strömung ragten.
    Der Himmel war immer noch hell, aber inmitten der Hügel war es fast dunkel, als ich zu Lucas’ Zelt ging. Er hatte ein Feuer geschürt, seine Karbidlampe angezündet und kämmte sich gerade vor einem Edelstahlspiegel, den er an seinem Zeltpfosten aufgehängt hatte, die Haare. Sein Gitarrenkoffer lag zu seinen Füßen.
    »Bleibt Temple über Nacht hier?«, sagte er.
    »Ganz recht.«
    »Er ist irgendwo da draußen, nicht wahr?«
    »Vielleicht. Vielleicht hat er sich auch in irgendeinem Cañon verkrochen und ist gestorben. Möglicherweise wird man ihn niemals finden.«
    »Doc hat seine Springfield hinter der Küchentür stehen«, sagte Lucas.
    »Dann sollte ihm Wyatt Dixon besser nicht vors Visier geraten.«
    »Du hast vor, ihn kaltzumachen, nicht wahr?«
    »Das würde ich nicht sagen.«
    »Du kannst zur Kirche gehen, so oft du magst, Billy Bob, aber täuschen kannst du niemand. Wenn du die Gelegenheit dazu kriegst, knallst du den Kerl über den Haufen.«
    »Würdest du mir das vorhalten?«
    Er schob den Kamm in seine Gesäßtasche, ergriff seinen Gitarrenkoffer, nahm den Hut vom Zeltpfosten und setzte ihn auf.
    »Was dagegen, wenn ich mir deinen Pick-up borge?«, fragte er.
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet«, sagte ich.
    »Wie du schon gesagt hast. Vielleicht hat er sich in irgendeinem Cañon verkrochen und ist gestorben. Bis später, Billy Bob. Ist egal, was du machst. Ich mag dich trotzdem«, erwiderte er.
    Am Sonntagmorgen fuhren Temple und ich den Blackfoot hinauf ins Swan Valley, um uns ein paar Grundstücke anzuschauen. Rund um den See und auf den Campingplätzen entlang des Flusses wimmelte es von Anglern, Kanufahrern und Leuten, die beim Picknick saßen, als wir mit einem Makler am Ufer des Swan Lake entlanggingen. Dann blieb ich in einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher