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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin
Autoren: Eric Walz
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drei Tage nach ihm.

Nachwort
    E s war bei der Besichtigung des Kölner Doms, als mir erstmals die noch vage Idee kam, eine Glasmalerin zur Figur einer Geschichte zu machen. Ein paar Jahre später kam mir eine andere Idee, nämlich eine Handlung vor dem Hintergrund eines der bedeutendsten Kirchenkonzile anzusiedeln, des Konzils von Trient. Aus der Vereinigung dieser beiden Ideen entstand der vorliegende Roman, was der Beweis für meine These ist, dass Romane ein bisschen wie Kinder sind. Sie werden aus einer winzigen Keimzelle geboren, werden erwachsen, gewinnen Reife und verselbstständigen sich.
    Die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts ist für mich eine der spannendsten Epochen der Weltgeschichte. Spannend nicht deshalb, weil diese Jahre politisch ereignisreicher als andere gewesen wären, das keineswegs. Nein, spannend deshalb, weil es eine ungeheure Spannung in den Menschen gab. Das Mittelalter mit seiner ebenso tiefen und mystischen wie manchmal naiven Frömmigkeit, seiner Demut gegenüber den Obrigkeiten und seiner fehlenden Bildung wirkte noch nach. Gleichzeitig brach überall die tausend Jahre alte Kruste auf, und es geschah das, was wir heute Renaissance nennen, Wiedergeburt, Wiedererwachen. In der Kunst gingen Michelangelo und Raffael, Rabelais und Tasso neue, spektakuläre Wege; Erasmus und Luther revolutionierten die Religion, da Vinci und Paracelsus die Wissenschaften, Macchiavelli und Müntzer die Politik. Die freiere Mode wurde zu
    einem Mittel, sich auszudrücken, die Sitten lockerten sich, Frivolität wurde gesellschaftsfähig, das Bildungswesen keimte, neue Berufe entstanden, der Welthandel nahm seinen Anfang, man richtete Finanzbörsen ein, vergnügte sich bei Pferdewetten …
    Zur gleichen Zeit, als all dies vor sich ging, erlebte die Inquisition ihre eigene Renaissance, sie erstarkte zu nie gekannter Kraft und verfügte über große Vollmachten. Die Hexenverfolgungen begannen (entgegen landläufiger Meinung gab es nicht im Mittelalter, sondern erst im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert Hexenverfolgungen großen Ausmaßes), und Kometen lösten noch immer panische Furcht vor dem Jüngsten Gericht aus. Aberglaube und Aufklärung, Gottesfurcht und Sinnlichkeit, Vergangenheit und Zukunft rangen miteinander. Es war ein Kampf der Kulturen, der vor fünfhundert Jahren stattfand: Mittelalter gegen Neuzeit.
    Dieser Kulturkampf findet in meinen Hauptfiguren ihren Ausdruck – Figuren, in die ich mich durchweg verliebt habe. Antonia arbeitet in einer aussterbenden, mittelalterlichen Kunstgattung, der Glasmalerei, aber als Frau ist sie mit ihrer an Nymphomanie grenzenden Vorliebe für Männerbrüste und heiße Nächte ein Kind der neuen Zeit. Sandro dagegen, der unsichere, schöne Mönch, hat die Jahre der freien Liebe, des freien Denkens und der Gewalt hinter sich gelassen und sich einem Leben in Demut verschrieben, doch er kann sein eigentliches Wesen nur schwer unter Kontrolle halten. Carlotta, die Konkubine, ist eine Art Märtyrerin, der alles genommen wurde, andererseits hat sie vor, einen Unschuldigen dafür zu bestrafen und damit selbst zur Verbrecherin zu werden. Sie alle waren oder werden in den Bannkreis der Inquisition geraten, sie alle werden von ihrer Vergangenheit eingeholt.
     
    Während meine früheren historischen Romane allesamt Gestalten der Geschichte als Hauptfiguren hatten – Marocia (»Die Herrin der Päpste«), Salome (»Die Schleier der Salome«) und die Astronomin Elisabeth Hevelius (»Die Sternjägerin«), so sind die Hauptfiguren der »Glasmalerin« erfunden. Eine Mordserie hat es – glücklicherweise, muss man sagen – während des Konzils von Trient nie gegeben. Ganz anders verhält es sich mit vielen anderen Ereignissen des Buches.
    Das Konzil von Trient ist natürlich historisch, ebenso die Anwesenheit einer protestantischen Delegation aus Württemberg (sowie Sachsen und Brandenburg). Tatsächlich war die Versammlung des Konzils während des Winters 1551/52 die letzte realistische Möglichkeit einer Wiedervereinigung der protestantischen und katholischen Kirche, und viele der Hintergründe, die ich im Roman geschildert habe, trafen wirklich zu. Die Positionen von Kaiser Karl V. und Papst Julius III. habe ich wahrheitsgetreu wiedergegeben. Die Wiedervereinigung scheiterte am Ende an den Ränken einiger weniger, die nicht so sehr die Religion im Sinn hatten, als vielmehr politische Interessen. Die protestantischen Fürsten fürchteten ebenso wie der Papst, dass Karl V. zu
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