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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin
Autoren: Eric Walz
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anzuprangern.«
    »Luis de Soto hätte Trient beinahe in einen gigantischen Scheiterhaufen verwandelt.«
    Julius warf einen weiteren Blick auf die Karaffe und schien sich zu überlegen, sie auffüllen zu lassen. »Dazu ist es nicht gekommen. Und selbst wenn.« Er zuckte die Schultern.
    Sandro zweifelte an seinem Verstand. »Aber – aber das alles darf doch nicht ohne Folgen bleiben. Das ist undenkbar!« Er war fast laut geworden, was dazu führte, dass Julius sich wieder ihm zuwandte.
    »Als ich sagte, die Angelegenheit bliebe geheim, sagte ich nicht, sie bliebe folgenlos. Ich kenne jetzt die Grenzen de Sotos, und ich kenne deine Fähigkeiten. Das ist doch schon etwas. Allerdings werden die Folgen eher langfristiger Natur sein.«
    »De Soto bleibt Delegierter des Konzils?«
    »Natürlich. De Soto hat sehr erfolgreich und verschwiegen für mich gearbeitet, und ich sehe keinen Grund, weshalb er nicht weiterhin mit diesem Lutheraner, diesem Hagen, die Beschlüsse des Konzils lenken und verzögern sollte. In wenigen Monaten wird die leidige Angelegenheit überstanden sein. Der Kaiser kann nicht ewig in Innsbruck bleiben.«
    Sandro sah die weitere Entwicklung vor sich: Die führenden Protestanten, darunter der Herzog von Württemberg, würden schon bald öffentlich Tränen vergießen, dass eine Einigung wegen der Reformunfähigkeit der Römischen Kirche nicht möglich war, und nach einer Weile, wenn niemand mehr danach fragte, würde er Matthias einen Titel oder ein Gut zukommen lassen. Luis wiederum würde darlegen, sich äußerst kompromissbereit gezeigt zu haben, doch die konservativen Kräfte der Süditaliener und Spanier hätten weitergehende Reformen verhindert. Julius III. würde ihn belobigen, und er würde Trient ohne einen Kratzer in seiner polierten Fassade verlassen. Diejenigen dagegen, die sich nichts hatten zuschulden kommen lassen, waren oder wurden bestraft: Antonia und Carlotta, die unter der Folter gelitten hatten; ein Bettler, den man in ungeweihter Erde bestatten und damit der ewigen Verdammnis überantworten würde; er, Sandro, der wie ein Geschlagener das Schlachtfeld räumen musste. Diese schreiende Ungerechtigkeit pochte Sandro in der Kehle, und seine Miene versteinerte sich.
    Julius funkelte Sandro an. »Reden wir nun von dir, mein Sohn, und damit von der dritten und letzten Bedingung. Du hast in den letzten Tagen viel herausgefunden, so viel, dass du entscheiden musst, ob du ein Verbündeter oder ein Gegner meines Pontifikats wirst. Diese Entscheidung ist von großer Tragweite, für dich weit mehr als für mich. Sie ist unumkehrbar und voller Konsequenzen. Falls du dich dafür entscheidest, ein Verbündeter zu werden, bist du es auf Gedeih und Verderben. Ich würde dir dauerhaft den Titel eines Visitators verleihen, und du würdest schwierige Missionen für mich zu erfüllen haben, in Italien und anderswo. Du würdest dich meiner Gunst erfreuen wie auch der Missgunst meiner Feinde. Im Falle meines Todes wärst du darauf angewiesen, in der Zeit bis dahin genug Freunde gefunden zu haben, die dich vor den zahlreichen Gegnern zu schützen vermögen, Gegner, die sich wie Raubvögel auf meine Hinterlassenschaft stürzen werden. Wenn du dich hingegen dafür entscheiden solltest, ein Feind meines Pontifikats zu werden, dann …« Julius zögerte, um seinen Worten größeres Gewicht zu verleihen. »Dann wärst du es voll und ganz.«
    »Ich bin ein Untertan, Eure Heiligkeit. Untertanen sind keine Freunde oder Feinde.«
    »So kommst du mir nicht davon, Carissimi. »Erkläre dich. Und zwar jetzt.«
    »Offen gestanden, möchte ich den Orden verlassen und Eure Heiligkeit um Freisprechung von meinen Gelübden bitten.«
    »Aus Trotz? Benimm dich nicht wie ein Kind. Die Politik ist voller Kröten, die man schlucken muss.«
    »Ich habe persönliche Gründe.«
    »Abgelehnt. Du wirst nie – hör mir gut zu – niemals von deinem Treuegelübde entbunden, mein Sohn. Ich werde deinen Ordensgeneral Ignatius entsprechend instruieren.«
    »Eure Heiligkeit, ich …«
    »Einen Signore Carissimi, der keinen Grund mehr hat, zu schweigen, kann ich mir nicht leisten, und das bedeutet, dass du ihn dir nicht leisten kannst. Du bist ein Jesuit, und bei Gott, du wirst einer bleiben. Alles andere würde ich als Gehorsamsverweigerung und Hochverrat betrachten. Habe ich mich unmissverständlich ausgedrückt oder benötigst du eine bildhaftere Belehrung, mein Sohn ?«
    Sandro bemerkte die Gefährlichkeit und die Macht, die Julius’
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