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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin
Autoren: Eric Walz
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Julius plötzlich, ohne auch nur einen Finger zu bewegen. »Du also bist der Unglücksrabe.«
    Sandro fiel keine intelligente Antwort ein. Er sagte: »Ja, Eure Heiligkeit.«
    »Ich habe mir dich anders vorgestellt. Schlauer. Listiger. Ein bisschen wie de Soto.«
    »Es tut mir leid, Eure Heiligkeit zu enttäuschen.«
    »So ist das Leben. Voll von Enttäuschungen.« Er machte eine Pause. »Genau betrachtet leuchtet mir ein, weshalb de Soto dich als Assistenten genommen hat, mein Sohn, und nicht einen wie sich selbst. Dich konnte er dominieren.«
    Der Papst hatte recht. »Bis vor wenigen Tagen«, schränkte Sandro ein.
    Die Lider des Papstes wurden schwer. »Ich war bei Innocento. Er findet dich noch immer sympathisch und hat ein gutes Wort für dich eingelegt, ist das zu glauben? An seiner Stelle würde ich dir die Pest wünschen.«
    »Innocento, Eure Heiligkeit, gehört nicht zu den Mördern, die ihre Verfolger hassen. Er hätte mich frühzeitig fallenlassen können, dann wäre er jetzt noch auf freiem Fuß. Aber er ist – auf eine skurrile Weise, wie man sie wohl nur bei Süditalienern aus dem Armenviertel findet – trotz seiner Verbrechen ein aufrechter Mensch. Er hat sich mir verpflichtet gefühlt und …«
    Die Hand des Papstes hob sich kurz, und das genügte, um Sandro zum Schweigen zu bringen. Sandro war sich darüber im Klaren, dass er sich in diesem Gespräch auf unsicherem Terrain bewegte.
    »Ich habe meinem Sohn versprochen, dir unter bestimmten Bedingungen nicht zu grollen«, sagte Julius. »Ich weiß, du hast nur deine Arbeit gemacht – die Arbeit, die ich dir selber zugewiesen habe, als ich dich zum Visitator ernannte.«
    »Bedingungen?«
    »Erstens: Mein Sohn hat keine Verbrechen begangen.«
    Sandro unterdrückte einen Widerspruch.
    »Heute Morgen«, sagte Julius mit schwerer Stimme, »wurde ein Bettler tot auf der Straße gefunden. Er ist erfroren, hat keine Angehörigen. De Soto gibt eine Erklärung heraus, wonach er diesen Mann gestern verhaftet und peinlich befragt habe. Der Mann hat seine Teufelsbesessenheit und die Morde gestanden, starb jedoch kurz darauf an den Folgen der Tortur. Der Fürstbischof meldet dem Kaiser und dem Konzilspräsidenten, dass man nun furchtlos mit den Beratungen fortfahren kann. So die offizielle Verlautbarung. Über deine Lippen wird nie die Wahrheit kommen, Carissimi. Jeder, der die Wahrheit kennt – de Soto, Forli, Madruzzo, die Soldaten, die beim Verhör dabei waren – einfach jeder wird schweigen. Du wirst dich daran halten, mein Sohn.«
    »Ich muss Eure Heiligkeit darauf hinweisen …«
    »Du wirst dich daran halten, Carissimi, du ganz besonders. Muss ich dich als Jesuit an dein Treuegelübde gegenüber dem Papst erinnern, das Gelübde, das du vor Gott abgelegt hast für immer und ewig?«
    »Natürlich nicht, Eure Heiligkeit. Aber …«
    »Mein Sohn wird unter Arrest gestellt, für den Rest seines Lebens. Ihm wird eine Villa in der Campagna zugewiesen, die er niemals verlassen darf. Besucher sind nicht gestattet, mich ausgenommen. Und was die Kardinäle aus den reichen römischen Familien mit ihm machen werden, wenn ich einmal nicht mehr bin, das überlasse ich deiner Vorstellungskraft. Sein Leben ist zerstört. Ist das nicht Strafe genug, Carissimi?«
    Die Stimme des Papstes bebte. Julius’ Hand hob sich und schlug ohnmächtig, verzweifelt auf die Lehne. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Doch der Moment der Schwäche war kurz. Gleich darauf kam der Machtmensch wieder zum Vorschein.
    »Zweitens: Die Affäre um de Soto und den württembergischen Gesandten muss genauso geheim bleiben.«
    »Man hat Euch hintergangen, Eure Heiligkeit.«
    Julius warf einen trüben Blick auf die leere Karaffe. »Nur ein klein wenig.«
    »De Soto hat Euch angelogen, als er sagte, er habe Hagen bestochen. In Wahrheit …«
    »Durch diese Lüge entstanden mir keine Nachteile. De Soto hat sich größer gemacht, als er ist, na und? Mein lieber Carissimi, du bist zweifellos intelligent, vermutlich intelligenter als ich, aber als Papst wärst du eine Katastrophe. Sollte der Kaiser von der Affäre erfahren, wird er entweder dem Heiligen Stuhl oder den Protestanten unterstellen, seine Bemühungen um eine Reform behindert zu haben. Das heißt, es gibt Krieg, so oder so, und allein die Laune Karls V. entscheidet darüber, gegen wen er zu Felde zieht. Unabhängig davon würde meine Position auf dem Konzil weiter geschwächt. Ich habe demnach keinen Vorteil davon, de Soto
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