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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin
Autoren: Eric Walz
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Macht nichts, Carlotta hat sowieso nicht auf Euren Rat gehört. Sie und Hieronymus Bender haben sich zufällig im Atelier der Benders getroffen. Der Alte war ganz krank vor Sorge um sie. Sie haben gehört, was vorgefallen ist, kamen hierher und haben Antonia nebenan ins Bett gebracht. Als sie eingeschlafen war, sind sie gegangen.«
    »Und Inés? Sie war unten am Fluss und …«
    »Meine Leute haben mir davon berichtet. Ich lasse das Mädchen suchen, aber bis jetzt haben wir sie nicht gefunden. Sobald ich etwas erfahre, gebe ich Euch Nachricht.«
    Sandro trank. Er stand auf, nahm Becher und Korbflasche und ging ins Nebenzimmer. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, blieb er dort stehen und sah Antonia an. Auf einem einfachen kleinen Tisch auf der anderen Seite des Bettes brannte eine Öllampe, die Antonias schlafendes Gesicht mit einem gelben Schimmer überzog. Er bewegte sich eine Weile nicht und blieb außerhalb des Lichtkegels im Dunkeln. Dort setzte er sich auf den Boden, mit dem Rücken an die Tür gelehnt. Er tat fast nichts, er starrte sie nur an und hörte auf ihren gleichmäßigen Atem. Zwischendurch trank er. Der Alkohol, der Rausch wurde in dieser Nacht zu einem Teil von ihm. Seine Gefühle überschlugen sich so schnell, dass sie sich ineinander verwickelten und zu einem großen Chaos wuchsen.
    Nach einer Ewigkeit schwebten seine Lippen über ihren Lippen. Er küsste sie, wie kleine Jungen küssen, nur zärtlicher, sicherer. Seine Augen waren nicht geschlossen, während sich ihre Lippen berührten. Sonst berührte er sie nirgendwo. Seine Hände lagen beiderseits des Kopfkissens. Er flüsterte ihren Namen, ohne seine Lippen zu bewegen, und währenddessen fühlte er ein unbeschreibliches, nie gekanntes Glück.
    Er verließ den Raum. Forli war nicht mehr da, die Lichter waren gelöscht. Sandro ließ die leere Korbflasche zurück, tauschte sie gegen die volle und verließ das Gebäude. Draußen salutierte eine Wache.
    Ein schwarzer, kalter, sternenbedeckter Himmel empfing ihn. Das Wetter war umgeschlagen. Der Morgen, der nicht mehr allzu fern war, würde sonnig werden und den Schnee schmelzen lassen. Trient würde aus einem Alptraum erwachen und sich erneut ins Leben stürzen. Italiener kümmerten sich wenig um das Gestern, und sie feierten das Leben lieber heute als morgen, denn wer konnte wissen, ob es ein Morgen gab. Nur er, Sandro, ein halber Italiener, ein halber Deutscher, nahm die Dinge nicht so, wie sie kamen.
    Sandro ging ziellos durch die Straßen. Gelegentlich setzte er die kugelbäuchige Korbflasche an den Mund und trank mehrere Schlucke. Er spürte die Kälte nicht mehr, der Branntwein kochte in ihm. Nicht weit von der Santa Maria Maggiore entfernt kamen ihm zwei Menschen entgegen, an denen er vorbeigelaufen wäre, wenn nicht plötzlich jemand »Bruder Carissimi« gerufen hätte.
    Es war Aaron, und Inés war bei ihm. Sie strahlte etwas Glückseliges aus, ihre Augen waren belebt, so als sei eine Blüte in ihnen aufgegangen. Ihr Blick wanderte über sein Gesicht. Sie berührte ihn an der Wange.
    »Ich habe sie gefunden«, sagte Aaron und beobachtete fast eifersüchtig die Berührung. »Sie ist mir gestern Abend entwischt, als ich kurz eingenickt bin, aber wirklich nur sehr kurz. Ich war stundenlang auf den Beinen. Am Kloster San Lorenzo war sie, hockte im Schnee vor der Pforte, so als hätte sie dort auf Euch gewartet. Ist alles vorbei? Ich habe eine Streife belauscht, die sich in dieser Weise äußerte. Ist wirklich alles vorbei?«
    Sandro nickte ihm zu, dann sah er wieder Inés an. »Ich habe dich gesehen, am Fluss«, sagte er. »Ich war bei dir, in deiner Nähe, aber ich durfte mich nicht bemerkbar machen. Verstehst du das, Margeritha?«
    Bei diesem Namen lächelte sie.
    »Die Kälte hat deine Wangen rosig gefärbt, Margherita. Du siehst hübsch aus. Du siehst aus, als freutest du dich auf eine Feier. Dann soll es so sein. Wir geben eine Feier dir zu Ehren, Margherita. Wie gefällt dir das? Du wirst die Ballprinzessin, mit einem Kranz im Haar, einem schönen Kleid, und wir tanzen um dich herum, den ganzen Tag. Passt es dir morgen Nachmittag?«
    Sie lächelte und wurde ein klein wenig größer. Fast sah es so aus, als würde sie etwas sagen wollen, als sei in dieser Nacht alles möglich, Wunder eingeschlossen, doch kein Wort kam über ihre Lippen.
    »Sie ist durchgefroren, ich bringe sie ins Atelier«, sagte Aaron und hatte es ziemlich eilig, Inés mit sich zu ziehen. Sie folgte ihm
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