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Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
Autoren: Mindy L. Klasky
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vorstellen, wie Soldaten eifrig in die Stadt eindrangen, darum rangen, der Erste zu sein, der durch die Straßen Morens lief.
    Als sei er sich des herannahenden Unheils nicht bewusst, führte Pater Siritalanu mit den Händen ein weiteres heiliges Symbol aus, und seine Stimme hallte von der Kathedralendecke wider: »Und lasst uns im Namen Doans beten, des Gottes der Jäger.«
    Ein Blitz tiefen Waldgrüns blendete Rani. Würde Doan sie alle beschützen? Oder würde er den Briantanern und Liantinern Schutz gewähren? Könnte Morenia möglicherweise der Jäger sein, oder war es dazu verdammt, der Gejagte zu sein, die Beute, das glücklose Opfer?
    Die Soldaten in der Kathedrale hatten vielleicht nie daran gedacht, die Frage zu stellen. Pater Siritalanu erhob seine Stimme noch lauter, und die Sehnen an seinem Hals traten hervor, als er verkündete: »Wir bitten dich, Doan, Gott der Jäger, über Morenia zu wachen. Doan, verleihe uns Kraft gegen alle unsere Feinde!«
    »Doan, verleihe uns Kraft!«, riefen die Soldaten, und ihre Füße stampften das militärische Muster auf den Boden.
    »Doan verleihe uns Kraft!« Rani ließ ihre Stimme im Tumult erklingen. Wie viele weitere Götter würde Pater Siritalanu ehren? Wie viele weitere Gottheiten würde er in die uralten Zeremonien einbinden? Wie viel mehr Zeit hatten sie, bevor die Briantaner in die Kathedrale einbrachen?
    Als hörte König Halaravilli Ranis Ungeduld, trat er vor und bahnte sich seinen Weg zur Mitte des Podests. Die Soldaten beobachteten ihren König angespannt, hämmerten mit gepanzerten Fäusten auf ihre Schilde. Sie stampften auf den Steinboden, als wollten sie ihn zu Staub zertreten. Puladarati und Farso sahen sich zufrieden an, während Davin den Kopf in Richtung der Kathedralentüren neigte.
    »Soldaten von Morenia!«, verkündete der König, und Rani erkannte jäh, dass er weit mehr als einfach nur Hal war, viel großartiger als der Gefährte, den sie seit über acht Jahren kannte, als der Freund, der ihr zutraute, ihn in Handelsangelegenheiten zu beraten.
    Dies war Halaravilli ben-Jair, König ganz Morenias, Gründer des Ordens der Octolaris. Dies war ein Mann, der seinen Thron, trotz zahlloser Verschwörungen, seit fast einem Jahrzehnt innehatte. Dies war ein Mann, der seine eigenen Dämonen bekämpft hatte, seine eigenen Zweifel überwunden hatte, darum gekämpft hatte, sein Königreich gegen alle Bedrohungen zu vereinen.
    Als spüre Hal den gewaltigen Respekt, den Rani ihm entgegenbrachte, reckte er das Kinn und spannte den Kiefer an, während er zu seinen versammelten Soldaten blickte. Die Männer führten ihren Tumult fort, ein Lärm, der laut genug war, um das Brüllen der erfolgreichen briantanischen Soldaten zu übertönen, um den Tumult fremder Priester und Krieger beiseite zu fegen, die in den morenianischen Straßen mit dem Sieg prahlten.
    Hal nickte gemächlich. Seine Hände hoben sich von seinen Seiten, und er wirkte selbst wie ein Priester, wie einer der heiligsten Männer des Königreiches, der von seinen versammelten Kriegern Macht und Vertrauen und Treue heraufbeschwor.
    Dann, als Rani sich nicht vorstellen konnte, dass die Soldaten noch mehr Hingabe und ihrem König noch mehr Liebe zeigen könnten, trat Hal einen einzigen Schritt vor. Die Bewegung rührte ihn unmittelbar in einen Sonnenstrahl, der von einem der höchsten Fenster in der Kathedralenwand herabflutete.
    Rani kannte das Fenster gut. Sie hatte ihre Glasmalermeister bei dessen Gestaltung beobachtet, als sie gerade in die Gilde eingetreten war. Sie hatte seine klaren Linien von einem gekalkten Tisch geschrubbt, als sie noch ein Lehrling war. Sie hatte jede Verbindung von Blei und Lötmetall studiert. Sie hatte es von innerhalb und von außerhalb der Kathedrale betrachtet.
    Hal trat in die kobaltblaue Flut des Verteidigers des Glaubens.
    Ranis Gilde hatte dieses Fenster für einen anderen Abkömmling des Jair gemacht. Sie hatten das Meisterstück für einen Mann gestaltet, der schon neun lange Jahre tot war, einen Mann, den Rani auf demselben Podest hatte stehen sehen. Rani wusste, ohne aufzuschauen, dass das Fenster ein annähernd perfektes Bild ihres Königs widerspiegeln würde, die langen Linien seines Gesichts, die kantige Form seines Kiefers. Sie würde Hals hohe Wangenknochen sehen, seine durchdringenden Augen. Sie würde Hals älteren Bruder betrachten, den Prinzen, der dazu erzogen worden war, das Königreich zu regieren, den prächtigen Lord, der in der Blüte seines
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