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Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
Autoren: Mindy L. Klasky
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offenbaren. Farso hatte deutlich gemacht, dass ihn Mairs stiller Verrat mehr verletzte als die Ermordung ihres gemeinsamen Sohnes. Dennoch konnte Rani erkennen, dass er nach wie vor auf Mair achtete. Der besorgte Adlige warf ihr von dem Podest, wo er neben seinem König stand, häufig Blicke zu.
    Wenn Mair und Farso nur einfach miteinander sprechen könnten, so wie sie es vor Laranifarsos Tod getan hatten! Wenn sie nur sagen würden, was sie dachten: Wie sehr sie litten, wie sehr sie sich nach Rache an den geheimen Mächten sehnten, die ihren Sohn getötet hatten!
    Aber es würde keine Gespräche geben, nicht heute. Nicht mitten in den unvollendeten Kriegszeremonien. Nicht bei dem beständigen Hämmern des Sturmbocks gegen Morens Tore. Nicht mit einer Flotte liantinischer Schiffe, nicht solange alle Feinde Halaravillis gegen ihn aufgeboten waren, bereit zum Angriff, bereit, ihn ein für alle Mal zu stürzen.
    Ein briantanisches Heer von Priestern hatte am selben Morgen die Hügel in der Nähe Morens überschritten, an dem liantinische Schiffe den Hafen blockierten. Hastig berufene Boten hatten Forderungen des belagernden Heers überbracht. Die Briantaner waren nach Moren gekommen, um die Verdorbenheit aus der Seele der Stadt herauszubrennen, eine Verdorbenheit, die Halaravilli ben-Jair dazu gebracht hatte, Prinzessin Berylina Zuflucht zu gewähren. Die Prinzessin war die mächtigste Hexe gewesen, welche die Briantaner in über einem Jahrhundert mit religiös begründeten Todesurteilen hingerichtet hatten.
    Ironischerweise griffen die Liantiner Moren wegen genau dieser Prinzessin an. Berylinas Vater forderte Entschädigung für den Verlust seiner einzigen Tochter, für das seltsame Kind, dass er vor fast vier Jahren nur allzu bereitwillig für Moren aufgegeben hatte. Als Prinzessin hatte Berylina für das Haus Donnerspeer keinen Wert gehabt. Als Märtyrerin regte sie Träume von Rache an, Träume davon, die langjährigen Gewinne aus dem monopolartigen liantinischen Handel mit Spinnenseide zurückzuerlangen.
    Religion und Geld – welche besseren Gründe gab es für einen Krieg? Welche besseren Gründe gab es dafür, dass Morenia in der Zange seiner Nachbarn im Osten und im Westen gefangen war?
    Pater Siritalanu spreizte mit ärgerlicher Bedachtsamkeit seine grün bekleideten Arme und intonierte: »Und so bitten wir dich, Arn, Gott des Mutes, über Morenia zu wachen. Wir bitten dich, unser armes Königreich in diesen dunklen Zeiten zu leiten. Arn, verleihe uns die Kraft gegen alle unsere Feinde, ob bekannt oder unbekannt, sichtbar oder unsichtbar.«
    Einige der Soldaten waren kaum mehr als Jungen. Sie hatten ihr ganzes Leben damit verbracht, das Kriegshandwerk ihrer Kaste zu erlernen, aber sie waren noch nie für ihren König in den Krieg gezogen. Dennoch begriffen sie die Kriegszeremonien. Sie wussten, was bei der Zeremonie von ihnen erwartet wurde. Aufs Stichwort des gewandeten Priesters hin, brüllten die versammelten Soldaten wie aus einer Kehle ihre Antwort: »Arn, verleihe uns Kraft gegen alle unsere Feinde!«
    Rani kniff die Augen zusammen, während sie den Priester beobachtete. Sie hatte heute Morgen zugehört, als er protestiert hatte. Er hatte König Halaravilli gesagt, er könne die Zeremonien nicht anleiten, er könne die Männer nicht auf den Kampf vorbereiten, sie sollten auf den verschwundenen Heiligen Vater Dartulamino warten.
    Dartulamino. Seit drei Tagen hatte ihn niemand mehr gesehen, seit die briantanischen Soldaten den fernen Grat überschritten hatten und auf die morenianische Ebene geströmt waren. Die Männer des Königs hatten die ganze Stadt durchsucht, hatten Zugang zum Kathedralengelände gefordert, aber der Heilige Vater blieb verschwunden, als wäre er vom beständigen Läuten der Pilgerglocke fortgezaubert worden.
    Rani biss sich auf die Innenseite ihrer Wange und zügelte den Drang, Pater Siritalanus Namen zu rufen, den Priester zu drängen, große Teile der Zeremonien zu überspringen. Konnte er nicht erkennen, dass sie fast keine Zeit mehr hatten? Erkannte er nicht, dass es für Moren nötig war, dass die Zeremonie jetzt endete?
    Die Soldaten beendeten ihre Ehrenbezeigung an Arn und stampften in einem traditionellen militärischen Rhythmus mit den Füßen. Über den Lärm des Stampfens hinweg erkannte Rani ihre persönliche, unpassende Kennzeichnung Arns, das Geräusch eines Kindes, das an der Brust seiner Mutter saugt. In diesem Flüstern lag eine Dringlichkeit, eine Ernsthaftigkeit,
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