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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen
Autoren: Alan Burt Akers
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fiel ihm schwer, in den Rhythmus des Kampfes zurückzufinden. Daß er bis jetzt durchgehalten hatte, war ein Beweis für seine außerordentlichen Körperkräfte und seine Entschlossenheit.
    Mit einem fürchterlichen Schrei, der an das Brüllen von Leem erinnerte, die ins Jikhorkdun getrieben werden, sprang ich auf und griff an.
    Der Jiktar hauchte sein Leben aus.
    »Du bist unverletzt, Duhrra?«
    »Aye.« Schweratmend senkte er die Klinge. »Ich dachte, es wäre um dich geschehen, obwohl ich nichts sehen konnte ...«
    »Nein.«
    Ich betrachtete den riesigen Mann mit dem Idiotengesicht, den hervorquellenden Muskeln und dem nutzlosen rechten Armstumpf. Ernst hob ich das Schwert zum Gruß.
    »Hai Jikai, Duhrra. Fortan werde ich dich Duhrra der Tage nennen.«
    Er starrte mich verblüfft an. Der Bezug zum Damm der Tage lag auf der Hand.
    »Wenn du ...« Er begann von neuem. »Es liegt an dir ...«
    Ich deutete mit dem Schwert auf die Zuleitungen. Die Arbeiter waren geflohen, nicht ohne das Wasser abgedreht zu haben. Ich konnte es ihnen nicht verübeln.
    Als ich die Leitungen wieder öffnete, um das Wasser aus dem Reservoirsee in die Tanks fließen zu lassen und auf diese Weise die Senkkästen anzuheben, eilten die drei Todalpheme auf mich zu. Der barbarische Kampf hatte sie erschüttert; für diese Sache aber glaubten sie zuständig zu sein. Ich wies sie zurück.
    Ich bemühte mich um Zurückhaltung, als ich sagte: »Wenn ihr mich behindern wollten, muß ich euch niederschlagen.«
    Das schienen sie zu verstehen.
    Die flache Seite einer Klinge ist manchmal auch ganz nützlich.
    Einer sagte: »Die Flut steigt schnell, und der Sturm nimmt zu. Wenn du nur ein Tor öffnest, wird das Wasser ...«
    Ich hatte alle Leitungen offen. »Das Wasser wird Zair helfen. Danach könnt ihr die Tankleitungen wieder schließen und die Senkkästen herunterlassen.«
    Sie wußten, daß ich mit blankem Schwert bei den Leitungen ausharren würde, bis alles vorbei war. Das Blut an der Klinge war inzwischen getrocknet.
    In den nächsten Murs würden sich ungeheure Kräfte entwickeln. Das Wasser aus dem Reservoirsee lief durch das verzweigte Rohrleitungssystem aus den von mir geöffneten Hähnen und füllte die Tanks, die das Gegengewicht bildeten. Der Wind zerrte an uns, an unserem Haar, machte ein Gespräch fast unmöglich. Das Brausen des Wassers steigerte sich ebenfalls. Die Tanks begannen abzusinken. Das Gewicht des Wassers zog sie hinab, und die Stahltrossen ächzten unter der Last. Duhrra legte das Schwert zu Boden und verteilte Schmierfett auf die zahlreichen Rollen; mit der linken Hand führte er den Holzstapel, mit dem rechten Arm hatte er den Eimer mit dem Fett festgeklemmt.
    »Ja, schmier die Rollen, Duhrra!« brüllte ich mit meiner besten Seemannsstimme. Aber er hörte mich nicht. Schließlich kippte er den Eimer über den Rollen aus.
    Die Senkkästen begannen sich zu heben. Kamen sie nicht hoch genug, ehe das volle Gewicht der Flut gegen sie preßte, war alles zu spät: dann ließen sie sich nicht mehr bewegen. Ich hatte eine ungefähre Ahnung von dem ungeheuren Druck, der hier wirksam wurde. Ich wartete ab, während wir die Tore zur Hölle öffneten.
    Wolken eilten über den Himmel; die Scheiben der Sonnen verschwanden. Irgendwo dort oben standen die Monde in einer tödlichen Konjunktion, die in jeder ungesicherten Küstenstadt großen Schaden anrichten mußte.
    Der Damm erbebte.
    Das Riesengebilde unter unseren Füßen vibrierte im Ansturm der Kräfte, die sich dagegen warfen.
    Der Sturm raubte uns den letzten Fetzen Vernunft. Die Flut brach durch.
    Der Sturm dröhnte mit ungeheurer Gewalt, verstärkte den infernalischen Tumult der Elemente. Ich klammerte mich an der Balustrade fest, während mir das Haar ins Gesicht geblasen wurde. Ich starrte auf den Großen Kanal.
    Die Mündung wirkte klein in der Ferne, und die Argenter waren Punkte in der Dämmerung – doch ich bin phantasiebegabt. Außerdem wurde mir die Szene später von einem Augenzeugen geschildert, der alles aus unmittelbarer Nähe miterlebte.
    Die Gezeitenwoge raste über die Bucht.
    Ein Wasserberg, gespickt mit den boshaften Fangzähnen von Brechern, hoch aufragend, umkippend, sich weiterwälzend, von ungeheurer Kraft. Wie groß war die Erscheinung?
    Die berühmte Flutwelle im Severn erreicht bis zu zwei Meter. Die Flut von Fundy ist jedem Schuljungen bekannt – die Woge schwemmt durch die ganze Bucht und erreicht am Ende phantastische zwanzig Meter Höhe. Die Wucht von
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