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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen
Autoren: Alan Burt Akers
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Sanurkazz.
    Nun, diese Vision mochte apokalyptisch sein, aber sie ging mich nichts mehr an.
    Und Mayfwy und Felteraz?
    Ich schlug mit der Faust auf die Steinbalustrade und fluchte leise. Warum mußte ich ausgerechnet jetzt an Mayfwy denken? Was bedeutete sie mir, wenn ich sie mit Delia verglich?
    Aber das war es ja – sie waren keine Gegner Delias. Ein Wert kann den anderen nur aufheben, wenn ein Interessenkonflikt besteht. Würde Delia mir nicht einpauken, daß es meine Pflicht war, Mayfwy zu schützen, die mit uns befreundet war? Aber ich wollte mit dem Binnenmeer nichts mehr zu schaffen haben. Ich wollte nach Hause zurückkehren. Der Anblick der menahamischen Argenter hatte einen teuflischen Funken in mir aufsprühen lassen. Ich wollte im Licht der Monde hinabschleichen, einen Voller stehlen und nach Valka zurückkehren. Dabei mochte ich einen Argenter in Brand stecken, das wäre nicht übel. Allerdings nahm ich nicht an, daß ich den Versuch machen wollte, die ganze Flotte zu vernichten. Genod Gannius schien mir ein General zu sein, der eine solche Gefahr in seinen Plänen berücksichtigte.
    Ein heftiger Windstoß traf mich von hinten. Ich machte kehrt. Das Meer war nun wirklich in Bewegung, die Brecher rollten schwer heran, und Gischt fetzte mit dem Wind durch die Luft. Es war noch kälter geworden.
    Männer in der braunen Kleidung der Arbeiter drängten sich vorbei, liefen die Straße auf der Kammkrone entlang. Ich sah einen Oblifanter, der ihnen Befehle gab, eine befehlsgewohnte Gestalt, an deren brauner Tunika allerhand Litzen und Goldknöpfe schimmerten.
    »Wir müssen umkehren, Tyr Dak«, sagte einer der Novizen erschaudernd. »Die Flut steigt. Nachdem die Schiffe durch sind, werden die Tore geschlossen. Wir müssen zurück.«
    »Wird auch Zeit«, sagte Duhrra, der nicht wußte, was die Schiffe geladen hatten. »Wir haben das Wunderwerk des Damms gesehen, Herr. Jetzt sollten wir uns um meinen Haken kümmern, bei der Gesegneten Mutter Zinzu.«
    Mich bedrückte die Entscheidung, die ich treffen mußte. Ich dachte an Delia, an Mayfwy, an Nath und Zolta und auch an Duhrra. Es war nicht fair – aber was ist schon fair in diesem Leben?
    Fluchend stapfte ich hinter den anderen her. Daß ich kein Krozair von Zy mehr war, änderte nichts an den Erwartungen, die Delia in mich setzte. Wäre sie jetzt neben mir gewesen, würde sie verlangt haben, daß ich mich für meine Freunde einsetzte.
    Die Flut stieg schnell.
    Der Oblifanter, ein barscher, wettergegerbter Mann, der seinen Balassstock kreisen ließ, behandelte die Todalpheme mit großer Höflichkeit, obgleich es sich nur um Novizen handelte. Duhrra und mich bedachte er mit einem vagen Entgegenkommen, in dem seine Ansicht über Grodnim zum Ausdruck kam, die sich anmaßten, seine Arbeit zu überwachen. Wir gingen weiter. Der Wind umtoste uns. Die Flaggen knatterten oder standen steif wie Bretter im Wind. Das ganze Meer schäumte weiß. Die Bucht hinter dem Damm blieb ruhig. Die Argenter segelten mit halb gerefften Segeln vor dem Wind in Richtung Kanal.
    Ein lautes Knirschen lag in der Luft, als scheuerten Eisblöcke der Gletscher von Sicce gegeneinander.
    Der Oblifanter fluchte und lief zu einem der großen Kettentürme. »Tut Fett auf die Seile, ihr Onker!«
    Sollte er diesen Ton gegenüber einem Hikdar der Grodnim anwenden, so würde er wohl nicht lange seine Zähne behalten. Die Grodnim sind ziemlich rücksichtslos.
    Als wir die Stelle erreichten, hatte der Lärm nachgelassen. Wir blickten in die Tiefe und sahen die braungekleideten Arbeiter auf einem Laufsteg; sie schütteten eimerweise Schmierfett über die Trossen und Rollen. Ganz in der Nähe bewegte sich die Masse eines Senkkasten langsam abwärts, während sich auf der anderen Seite der ebenso riesige Tank als Gegengewicht hob. Das Schauspiel hätte die Herzen viktorianischer Techniker entzückt, die sich gerade dem Gigantismus in Eisen zu verschreiben begannen. Ich ging weiter. Die Sache ging mich nichts an.
    Vor meinem inneren Auge tauchte Delia auf, die mich verächtlich ansah ...
    Die Hähne, die den Zufluß des Wassers in die Senkkästen regelten, befanden sich unter einem kleinen Steindach, das aus dem Damm herausragte. Ich blieb stehen und sah zu, wie die braungekleideten Arbeiter die Hähne bedienten. Die Todalpheme drehten sich um und bedeuteten mir, ich solle ihnen folgen. Der Oblifanter zog seinen Balassstock über den Rücken eines Arbeiters, der nicht mit vollem Herzen bei der Sache
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