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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen
Autoren: Alan Burt Akers
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eröffnet, auf der höchsten Terrasse meiner Feste Esser Rarioch von Valkanium. Zufällig war ich auf die beiden gestoßen. Ich verharrte nun einen Augenblick im Schatten einer Säule und verfolgte die Auseinandersetzung der beiden. Die Sorgen des Augenblicks waren über der lebhaften Szene zunächst vergessen.
    »Eine unheimliche Erscheinung hat uns heimgesucht!« beharrte Khe-Hi-Bjanching. »Wenn du mich nicht sofort zum Prinzen vorläßt, macht er dich einen Kopf kürzer!«
    »Der Prinz würde solche Barbarei nicht dulden!«
    In diesem Augenblick tobten meine jüngeren Zwillinge Segnik und Velia um die Ecke. Sie konnten bereits recht gut laufen und achteten nicht auf ihre Umgebung. Ihnen auf dem Fuße folgte Turko der Schildträger, der sich die beiden mit grimmigem Gesicht unter die Arme klemmte. Ohne mich zu sehen, brachte er die Kinder fort und legte dabei eine Fürsorge an den Tag, die mich rührte.
    Turko war ein stämmiger Khamorro, dessen hervorragender Körperbau ihn zu einem gefährlichen Gegner im waffenlosen Kampf machte; trotzdem hielt er es für das beste, um zwei streitende Zauberer einen großen Bogen zu machen; man wußte nie, was dabei herauskam!
    Die Auseinandersetzung erschien mir die logische Folge einer ganz natürlichen Differenz zu sein. Evold, der weiseste unter den Weisen meines Insel-Stromnats Valka, teilte die Angst der Alten vor dem Eifer der Jugend. Dabei hatte er mir gute Dienste geleistet und sollte eigentlich wissen, daß er über eine sichere Position verfügte. Khe-Hi-Bjanching dagegen mußte sich erst noch bewähren.
    Allerdings wußte ich, was er meinte, wenn er von einer Erscheinung sprach. Sie erklärte die Unruhe, die mich in diesen Tagen erfüllte. Die Erscheinung, von der er berichten wollte, hatte ich zwar nicht gesehen, hatte aber ihre böse Kraft gespürt, die in meinem lichtdurchfluteten, fröhlichen Palast doppelt bedrückend wirkte.
    Es war höchste Zeit, um der Auseinandersetzung ein Ende zu machen.
    »Sans! Sans!« sagte ich und trat vor. Obwohl ich nur leise gesprochen hatte, fuhren die beiden sofort auseinander. Nach kurzem Zögern begannen sie mir lautstark zu erklären, worum es gegangen war. Ich hob die Hand, und sie schwiegen.
    »Was bildet er sich ein! Er erwacht mit einem Dopakater und hat Visionen!« rief Evold schließlich.
    »O nein. Ich weiß, was Khe-Hi meint«, antwortete ich. »Auch ich habe solche Erscheinungen gehabt.«
    Der Zauberer von Loh nickte, und die rote und die grüne Sonne spiegelten sich in seinem rötlichen Haar. »Hab' ich's dir doch gesagt, Alter! Geh in dein Laboratorium, zurück zu deinem Cayferm und den Silberkästen!«
    Aber San Evold Scavander war nicht umsonst der weiseste aller Weisen in Valka. Er musterte mich eingehend.
    »Du willst uns beruhigen, mein Prinz – ich möchte aber mehr wissen, denn hier scheint mir eine Gefahr zu liegen.«
    Ich wandte mich an Bjanching. »Sag mir, was du gesehen hast. Alles, und schnell.«
    Diesen Tonfall kannte er. Wie Sie wissen, hatte ich diesen Zauberer von Loh auf der Insel Ogra-gemush kennengelernt, wo Delia, Merle, Bjanching und ich die Prüfung der zwei Türen bestehen mußten, die der unglückliche König Wazur von Ogra-gemush verlangte.
    »Ich erwachte mit der festen Überzeugung, daß ein Zauberer von Loh in Lupu bei uns erschienen sei. Ich spürte den Ort. Ich sah ihn, allerdings keine sehr kräftige Manifestation, aber es war zu merken, daß es sich um einen bösen Einfluß handelte.«
    »Aye«, sagte ich. »Wenn ich mich nicht sehr irre, handelt es sich um die Erscheinung eines Zauberers von Loh mit Namen Phu-si-Yantong.«
    Bjanching zog scharf den Atem ein. Ich hatte ihm von Yantong erzählt, und er kannte dessen üble Pläne, die nicht nur mich und meine Familie betrafen, sondern darüber hinaus auch darauf abzielten, den ganzen Kontinent Havilfar und das Inselreich Vallia zu beherrschen, das von Delias Vater gelenkt wurde.
    »Der böse Einfluß war sehr stark«, bemerkte Bjanching. Er war ein junger Mann, der einzige junge Zauberer von Loh, der mir bis zu jenem Augenblick begegnet war. Seine Zaubersprüche funktionierten nicht immer. Allerdings war er bereit zu lernen und verachtete all jene, die nicht viel von seinen Kräften hielten. »Er war über eine große Entfernung im Lupu.«
    »Je größer die Strecke, desto besser«, sagte ich. Lupu ist ein tranceähnlicher Zustand, in den sich die Zauberer von Loh versetzen, um über große Entfernungen Beobachtungen vorzunehmen.
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