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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen
Autoren: Alan Burt Akers
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während meines Aufenthalts auf Kregen schon oft gesehen hatte – der Gdoinye, Bote und Spion der Everoinye, der Herren der Sterne.
    Ich starrte zu der phantastischen Silhouette empor, die mit knappem Flügelschlag auf mich zuschoß.
    Unwillkürlich fuhr meine Hand ans Rapier, das an meiner Seite baumelte. Aber was konnte die Klinge eines Sterblichen gegen diesen herrlichen rotgoldenen Raubvogel der Herren der Sterne ausrichten?
    Der Vogel stieß einen heiseren Schrei aus und schoß knapp an mir vorbei. Wer mich in diesem Augenblick beobachtete, sah den Vogel nicht, das wußte ich, denn die Herren der Sterne, die mich über den interstellaren Abgrund von vierhundert Lichtjahren hierher nach Kregen gebracht hatten, schützten ihre Diener – auch wenn sie mich ansonsten recht rücksichtslos behandelten.
    Wieder kreischte der Vogel, es hörte sich fast wie ein Lachen an.
    »Du bist ein mächtiger Mann geworden, Dray Prescot! Ein Edelmann, ein Prinz, ein Prinz Majister!«
    »Und das, obwohl ich nicht danach gestrebt habe«, gab ich zurück.
    »Trotzdem bekleidest du hier in Valka eine wichtige Stellung, ebenso in Vallia und in Strombor und bei deinen Klansleuten in Segesthes. Bist du außerdem nicht auch König von Djanduin?«
    »Du weißt ja alles über mich, du alter Cramph!«
    »Du bist hier der Cramph, denn du vergißt, warum du nach Kregen geholt wurdest.«
    »Das habe ich nie gewußt, du Onker!«
    Wieder stieß der Vogel einen Schrei aus. »Das solltest du auch nicht erfahren. Glaubst du wirklich, du könntest dich gegen die Herren der Sterne behaupten, du winziger Menschling?«
    Ich antwortete nicht. Die Herren der Sterne, die mich mühelos von meinen Lieben auf Kregen trennen und zur Erde zurückschicken konnten, hatten sich nie um mein Wohlergehen gekümmert, hatten sich nur an mich gewandt, wenn es etwas für sie zu erledigen gab. Doch ihre letzte Kontaktaufnahme lag lange zurück. Zwar hatte ich sie nicht vergessen – es wäre töricht, so etwas behaupten zu wollen –, doch war die ständige Gefahr, die von ihnen ausging, in meinem Denken etwas in den Hintergrund gerückt. In diesem Augenblick nun kam mir meine Lage wieder deutlich zu Bewußtsein.
    »Habe ich je versagt?« fragte ich hitzig, während sich der Gdoinye als rotgoldener Schimmer im rotgrünen Schein der Doppelsonne bewegte.
    »Ein Versagen wäre auch dein Ende! Es gibt Arbeit!«
    »Was ist, wenn ich mich weigere?«
    »Unmöglich, Dray Prescot. Du bist zwar kein bloßer Swod mehr, trotzdem bestimmst du noch lange nicht allein über dein Schicksal. Denk über diese Dinge nach!«
    Ich wußte, was der Vogel meinte; nicht zum erstenmal versuchte ich mich gegen den Einfluß der Herren der Sterne zur Wehr zu setzen: ich glaubte mich schon einmal behauptet zu haben. Trotzdem hatte ich wohl noch viel zu lernen, ehe ich sie völlig aus meinem Leben verbannen konnte.
    »Du bist ein großer Mann, mit all deinen Titeln und Ländereien, deinem Geld und deiner Macht. Die Herren der Sterne verlangen Gehorsam von allen, die sie für ihren Dienst auswählen.«
    »Was für Ziele verfolgen sie?« brüllte ich. »Was versuchen die Herren der Sterne auf Kregen zu erreichen?«
    Der Vogel breitete die Flügel aus und entfernte sich in weitem Bogen. Sein heiserer Schrei wehte spöttisch zu mir herab.
    »Die Herren der Sterne nehmen große Rücksichten auf dich, Dray Prescot. Sie haben mich geschickt, um dich zu warnen, um dir noch etwas Zeit zu geben. Bedenke, wie mächtig die Herren der Sterne sind – und wie großzügig.«
    Im nächsten Augenblick war er nur noch ein Punkt im Licht – dann war nichts mehr von ihm zu sehen.
    Mißmutig ging ich in die Sandarena hinab, wo Drak auf Balass' Schild einhieb. Ab und zu streckte Balass die Hand aus und berührte Drak mit seinem Holzschwert, um ihn ein wenig zur Besinnung zu bringen.
    »Vater!« sagte Drak, sprang geschickt zurück und drehte sich zu mir um. »Vater! Ich habe da eben einen Riesenvogel am Himmel gesehen, mit rotgoldenem Gefieder!«
    Ich starrte ihn wortlos an.
    »Du mußt dich irren, Drak«, sagte Balass. »Ich habe nichts gesehen.«
    »Nein«, sagte ich fest. »Nein, Drak, ich habe auch nichts gesehen.«

2
     
     
    Als ich unseren Privatgarten in den oberen Bereichen der Anlage von Esser Rarioch betrat, befand sich Delia gerade im Schwimmbecken. Außerhalb der hohen Mauer war die weite Bucht zu sehen, davor ein kleiner Teil der Stadt Valkanium und die weißschimmernden Segel von ankommenden oder
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