Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen
Autoren: Alan Burt Akers
Vom Netzwerk:
zurück.
    Wieder steuerte ich nach Südosten, und jetzt betete ich doch, jetzt flehte ich darum, rechtzeitig am Ort des Geschehens einzutreffen, um Delia und Drak heil wieder in die Arme zu schließen.
    Ein seltsames Knirschen ließ mich herumfahren; das Rapier schnellte mir in die Hand. Eine lange, mit Widerhaken versehene Pfeilspitze war durch den Boden des Vollers gedrungen. Ich verwünschte das Ding und stieß das Rapier in die Scheide zurück. Im nächsten Augenblick vernahm ich die verhaßte heisere Stimme.
    »Die Herren der Sterne sind erzürnt. Du hast eine große Sünde begangen.«
    Der Gdoinye hockte auf der Reling des Vollers. Sein Gefieder schimmerte im zweifarbigen Licht der Sonnen.
    Ich antwortete nicht. Statt dessen zerrte ich das Langschwert vom Rücken, packte es im Krozairgriff und schwang es mit voller Kraft waagerecht herum.
    Wäre der Gdoinye ein sterblicher Vogel gewesen, hätte ihn der Hieb zweiteilen müssen.
    Statt dessen hüpfte er leichtfüßig zur Seite, und die Klinge zischte ins Leere.
    »Du hast einen Fehler begangen, Dray Prescot, dafür mußt du büßen. Niemand widersetzt sich den Everoinye!«
    »Ich doch! Ich, Dray Prescot, Onker aller Onker, widersetze mich jedem Wesen, das seine Delia vernichten will!«
    »Dann ist dein Schicksal besiegelt!«
    Der Gdoinye verschwand. Die blaue Strahlung nahm zu. Der riesige Umriß des Skorpions hüllte mich ein, grelles blaues Licht umspielte mich, schwemmte mich fort, betäubte meine Sinne, so daß ich in eine lautlose Tiefe stürzte – und in die Hoffnungslosigkeit, denn die letzten Worte des unmenschlichen Vogels lauteten: »Zurück zur Erde, Dray Prescot, zurück zur Erde – für immer!«

4
     
     
    Zurück zur Erde – für immer!
    Was für ein Dummkopf war ich doch!
    Und doch hätte ich nicht anders handeln können.
    Ich hätte den armen Teufeln von Vilasca helfen sollen. Die Insel gehörte in den Einflußbereich Trylon Werfeds, eines Mannes, den ich nicht besonders gut kannte, der dem Herrscher aber treu ergeben zu sein schien. Ich hätte den armen Relts gegen die Leemfreunde helfen und dann im Voller zu Delia fliegen sollen.
    Aber ich kann nun mal nicht aus meiner Haut heraus – ich, Dray Prescot, ein dickköpfiger Mann, wie es ihn auf zwei Welten nicht noch einmal gibt. Während ich mich in die Zivilisation zurückkämpfte, ging mir auf, daß ich den verpaßten Chancen nicht nachtrauern durfte – das wäre eine gefährliche Dummheit gewesen. Vieles hatte ich mir selbst zuzuschreiben. All die Titel und Posten auf Kregen hatten mich vielleicht ein wenig überheblich gemacht – ein wenig zu selbstsicher, wofür ich jetzt bezahlen mußte.
    Aber auf der Erde bleiben – für immer?
    Ich beschäftigte mich mit der Vorstellung. Die Herren der Sterne hatten mich nackt und hilflos in Marokko abgesetzt, einem Unruheherd. Die Einheimischen gingen für ihre Rechte auf die Barrikaden, während die Franzosen die Macht zu übernehmen versuchten – von Algerien aus, das sie in den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts erobert hatten. Mit Hilfe meines Gönners Maspero aus Aphrasöe und seiner genetisch wirkenden Sprachpille verstand und beherrschte ich die Sprache aller Völker, mit denen ich in Berührung kam. Die Mauren – auch wenn das kaum die richtige Bezeichnung für sie ist, waren die Mauren doch hellhäutig – hätten zweifellos jeden Europäer umgebracht, der nackt und wehrlos zwischen ihnen aufgetaucht wäre. Ich aber war voller Zorn und setzte diesen Zorn wie eine Waffe ein, um meine manische Niedergeschlagenheit zu unterdrücken. Und so behandelte ich diese Menschen, wie ich in einer ähnlichen Lage Kreger behandelt hätte.
    Ich muß an dieser Stelle eines betonen: ein Mann, der es gelernt hat auf Kregen zu überleben, kommt auch auf der Erde viel besser durch. Dies gilt allerdings nicht für das exquisite Stadtleben, das in seiner Künstlichkeit mehr zerstören kann als jeder Schwert- oder Axthieb.
    Ohne die Sprachbarriere hatte ich es natürlich einigermaßen leicht. Im Gespräch mit mir wurde den bärtigen, falkengesichtigen Kriegern der Wüste schnell klar, daß mit mir nicht gut Kirschen essen war.
    Hier war ich nun kein Prinz mehr, kein führender Mann im Staate – hier war ich ein törichter Europäer unter Arabern und mußte sehen, wo ich blieb. Ich schlug mich nach Fes und von dort zum Meer durch. Ich belegte eine Passage nach Marseille. Dort eingetroffen, ließ ich mir aus London Geld kommen. Den Namen des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher