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Die Geschichte von Zoe und Will

Die Geschichte von Zoe und Will

Titel: Die Geschichte von Zoe und Will
Autoren: Kristin Halbrook
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prüfenden Blick von der Seite zu, und schon fühle ich mich gar nicht mehr so schlecht wegen des Schlags.
    »Hier.«
    Er reicht mir einen Ausweis, ich klappe ihn auf, und mein eigenes Gesicht starrt mir entgegen.
    »Eigentlich habe ich schon einen wie diesen«, sage ich. »Ich meine, einen echten. Wann hast du den machen lassen? Und … achtzehn? Wow. Ich glaube … Ich glaube nicht, dass ich das durchziehen kann.«
    »Das schaffst du schon. Du bist reif für dein Alter. Und es sind doch nur drei Jahre. Jetzt darfst du es wenigstens.«
    »Auto fahren? Dafür muss ich doch nur sechzehn sein.«
    »Ja.« Er wirft einen raschen Blick über die Schulter. »Und, du weißt schon, um alles zu tun, was immer du tun willst.«
    Ich folge seinem Blick, sehe nichts weiter als eine verlassene Einöde hinter uns.
    Was immer ich tun will?
    »Hm, hört sich gut an. Tun, was immer ich will.« Ich stecke den Ausweis in meine Jeanstasche. »Und jetzt bringst du mir bei, wie man dieses Ungetüm fährt.«
    Er sieht mich wieder an, lacht. Ich grinse als Antwort.
    »Okay. Das Pedal ganz links ist die Kupplung. Die musst du runterdrücken, wenn du den Wagen anlässt und wenn du schaltest. Und zwar mit dem linken Fuß. Den rechten benutzt du für Bremse und Gas.«
    »Gleichzeitig?«
    »Nein, nicht gleichzeitig. Oder willst du gleichzeitig bremsen und losfahren?«
    »Nein.« Ich kichere.
    »Die Bremse ist in der Mitte, und das Gas rechts, das schmale Pedal, da. Stell den Fuß aufs Gas, wenn du losfahren willst. Auf die Bremse, wenn du anhalten willst. Der Wagen ist jetzt im Leerlauf. Dann mal los, probier, ihn zu starten. Nicht vergessen, Kupplung durchdrücken, wenn du losfährst.«
    Er ist schrecklich nervös und versucht mit aller Gewalt, es vor mir zu verheimlichen. Aber er kann sich in seinem Sitz einfach nicht entspannen, es ist so lustig, dass ich durch mein Gekichere den Schlüssel gar nicht mehr ins Zündschloss bekomme.
    »Drück die Kupplung!«, blafft er mich an.
    »Wo liegt die?«
    »Links.«
    »Wo genau?«
    »Auf der linken …« Er hält inne, als er den Ausdruck auf meinem Gesicht sieht. »Okay, schon verstanden. Du hast’s kapiert. Ich lehn mich einfach zurück und genieße die Fahrt.« Er lehnt sich natürlich nicht zurück. Das scheint ihm unmöglich zu sein, aber sein Rücken wird zumindest gerader. Es kostet mich einen Akt extremer Willensstärke, meine Hand ruhig zu halten und endlich den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken.
    Ich stelle den Fuß auf die Kupplung, ein wenig überrascht, wie viel Kraft es kostet, das Pedal durchzudrücken. Dann drehe ich den Schlüssel.
    Der Wagen erwacht unter mir brummend zum Leben. Ich spüre ein Beben in meinen Beinen und Armen und zittere vor Aufregung.
    »Stell den rechten Fuß auf die Bremse.«
    Ich folge Wills Anweisungen, denn nun, da der Wagen am Leben ist, verspüre ich ein überwältigendes Gefühl von Verantwortung, als wäre das Auto ein Kind, das von mir abhängig ist. Ich darf das hier nicht vermasseln.
    »Okay, der erste Gang ist hier oben. Damit fängst du an. Sobald du geschaltet hast, lässt du die Kupplung ganz langsam los und drückst gleichzeitig aufs Gas. Langsam.«
    Ich lege die Hand auf den Schaltknüppel, Wills Hand bedeckt meine, und erneut überkommt mich ein Schauder. Ich sehe ihn an, bemerke seinen eindringlichen Blick und vergesse völlig seine Anweisungen. Ich tue es einfach. Wir tun es.
    Wir schalten in den ersten Gang, und ich drücke aufs Gas.
    Langsam. Bis ganz nach unten.
    Das Grollen des Motors kommt so schnell und laut, dass ich den Fuß von der Kupplung reiße. Wir fliegen die Straße hinunter und werden mit voller Wucht in die Sitze gedrückt, bis ich wild schreie und den anderen Fuß vom Gas nehme. Ich schlage mir die Hände vors Gesicht, als der Wagen augenblicklich mit kreischenden Reifen anhält und uns wie Stoffpuppen nach vorne schleudert.
    Dann ist es still.
    »O mein Gott! Es tut mir so leid«, flüstere ich.
    Er lacht.
    »Ist schon in Ordnung. Allerdings glaube ich, dass du das Getriebe dort hinten verloren hast.« Will dreht sich in seinem Sitz um und betrachtet die Straße hinter uns. Ich strecke ihm die Zunge heraus, bevor mir kommt, wie kindisch das ist. Aber er findet es nicht kindisch. Er packt mich und presst mich an sich, über dem blöden Schaltknüppel, und findet eine andere Verwendung für meine Zunge.
    Ich liebe es, diese Freiheit, Will in seinem abgewürgten Wagen mitten auf einem Highway in South Dakota zu küssen. Ich
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