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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers
Autoren: Wingfield Jenny
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oder?«
    Swan nickte und sah ihn voller Gefühl an.
    »Und dieses Geschenk wirst du nicht einfach fortwerfen, während ich fort bin, oder?«, ermahnte er sie.
    »Das würde ich niemals tun«, versprach sie.
    »Nein«, sagte er, »das würdest du wohl nicht. Du würdest niemals ein Herz fortwerfen, das dich liebt.«
    Nun hatten sie sich also verbündet, dachte Swan. Von Seele zu Seele verbündet, so wie sie sich das an jenem Tag in Callas Laden gewünscht hatte. Damals hatte sie nicht richtig gewusst, was das bedeutete: von Seele zu Seele. Aber sie war sich ganz sicher, dass sie es jetzt erlebt hatte.
    Ein Kind fehlte jedoch in ihrem Kreis. Blade. Toy bat die anderen, wenn sie Blade das nächste Mal sahen, ihm zu sagen, dass er ihn liebe wie einen Sohn. Und dass er sich freuen würde, wenn er ihm ab und zu einen Brief malte.
    Irgendwann begann Toy alle, die gekommen waren, zu umarmen, sogar die Männer. Als Samuel an der Reihe war, bebten seine Schultern von all den Gefühlen, die er vor den anderen nicht zeigen wollte. Toy grinste ihn nur an und klopfte ihm auf die Schulter. »Pass gut auf dich auf, Prediger«, sagte er.
    Und Samuel sagte: »Ich werde für dich beten.«
    Early brauchte seinem Gefangenen nicht zu sagen, wann es Zeit wurde zu gehen. Toy Moses war niemand, den man drängen musste. Er umarmte diejenigen, die er noch nicht umarmt hatte, und küsste die Kinder noch einmal, bevor er seine Mutter ein letztes Mal lang und kräftig umarmte.
    »Du kommst zurück«, sagte Calla zu ihm.
    Toy nickte. »Und du wirst da sein.«
    »Ich werd mein Bestes tun«, antwortete Calla, obwohl sie wusste, dass das vielleicht nicht reichen würde. Auch wenn es weniger als zwanzig Jahre werden würden, wäre das vielleicht mehr Zeit, als ihr noch blieb. Sie berührte seine Lippen mit ihren Fingern, dann zog sie die Hand fort und ließ ihn gehen.
    Toy blieb einen Moment lang stehen und betrachtete noch ein letztes Mal alles, was er nun verlassen musste. Dann fragte er Early Meeks, wer von ihnen fahren solle.
    Mitte Mai erhielt Samuel einen Brief von Bruce Hendricks, seinem Bezirkssuperintendenten – oder eher seinem ehemaligen Bezirkssuperintendenten. Bruce schrieb Samuel, dass er vielleicht eine Gemeinde für ihn hätte. Samuel solle zur Jahresversammlung kommen, damit sie besprechen könnten, was sich da machen ließe.
    Statt das Angebot sofort anzunehmen, schickte Samuel Bruce einen Stapel Zeitungsausschnitte mit allen Einzelheiten zu dem Prozess zurück. Darin wurde auch erwähnt, dass ein gewisser Samuel Lake, der Schwager des Verurteilten, zunächst versucht hatte, die Verantwortung für den Mord an Ras Ballenger auf sich zu nehmen.
    Postwendend erhielt Samuel einen weiteren Brief, in dem das Angebot einer neuen Gemeinde zurückgezogen wurde. Nachdem er den Brief gelesen hatte, gab er ihn Willadee, ging nach draußen und pflanzte ein paar Melonen.
    »Bist du traurig über die Entscheidung?«, fragte sie ihn später. Es war kurz vor Sonnenuntergang, und sie gingen über eins von Samuels Feldern, auf dem die Früchte üppig gediehen.
    »Ich bin nicht traurig.«
    »Was ist es dann?«
    Samuel deutete auf einige Maispflanzen, die viel größer waren als normal, dann zeigte er ihr einige Kürbisse, die wie verrückt wuchsen, und schließlich wies er in Richtung Scheune, wo ihre drei Kinder Lady striegelten. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages glitten über Swan, Bienville und Noble und ließen sie erstrahlen.
    »Glücklich«, sagte Samuel. »Einfach glücklich.«
    Nach einiger Zeit begann Blade ihnen wieder Besuche abzustatten. Er wirkte ernst und still. Solange er lebte, hatte sein Vater Menschen wehgetan, und als er starb, hatte er einen Schandfleck hinterlassen, der zusammen mit der Erinnerung nur langsam verblasste.
    Zumindest aber war Blade da. Und das häufig. Teilweise, um mit den anderen zu spielen, und teilweise, weil er neugierig war, ob ein Brief von Toy gekommen war – was häufig der Fall war –, oder um einen vorzulesen, den er kurz zuvor bei sich aus dem Briefkasten geholt hatte.
    Swan gegenüber verhielt sich Blade zunächst befangen, so als wäre er es gewesen, der ihr wehgetan hatte, was er sich nicht verzeihen konnte. Eines Tages nahm sie ihn beiseite und erklärte ihm ihre Sicht der Dinge.
    »Sieh mal«, sagte sie. »Wegen dem, was passiert ist, brauchst du doch keine Angst zu haben, mein Freund zu sein. Du hast nichts Schlimmes getan – und ich auch nicht.«
    »Ich weiß.« Seine Stimme klang dumpf und
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