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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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auch unter den schlimmsten Umständen nicht.
    »Du hast schon zu viele Chancen gehabt, du Hexe!«, brüllte Ragnar in einer Lautstärke, mit der er Nägel hätte einhämmern können.
    »Halt den Mund, du Wikingerbauer!«, keifte seine Mutter.
    »Bauer?« Ragnar wurde noch lauter, falls das überhaupt möglich war. »Ich war einst ein König!«
    »Aufhören!«, rief jemand schallend dazwischen.
    Gideon hatte die Decken zurückgeworfen und die Füße auf den Boden gestellt und war jetzt dabei, mit Caesars Hilfe aufzustehen. »Aufhören, alle miteinander! Ich dulde ein solches Verhalten nicht in meinem Haus!« Da erblickte er Colin in der Tür. Es lag wenig Freundlichkeit im Gesicht des alten Mannes. »Gut, dass du zurückkommst, Colin, denn wir haben offensichtlich alle viel zu besprechen. Viele ernste, schwerwiegende Dinge.«
    Colins Herz wurde bleischwer. Der Blick in Gideons Gesicht sagte ihm unmissverständlich, dass es jetzt kein Zurück mehr gab, dass nichts mehr unter den Teppich gekehrt werden konnte. Colin nestelte an seinem Rucksackriemen, denn er wollte das Kontinuaskop herausholen. »Warte, Gideon, warte! Ich muss dir etwas zeigen.«
    Der alte Mann ließ es nicht zu. »Nein! Ich habe gesagt, dass ich erst einmal über alles sprechen will. Ich will Aufklärung haben!«
    »Nein, du musst das hier sehen …« Colin bekam die |418| Schnalle nicht auf. »Meine … meine Mutter hat herausgefunden, wo das war. Sie hat mich losgeschickt, dass ich es hole und …!«
    »Das stimmt doch gar nicht!«, schrie Tyler Jenkins und stürzte vor. Er packte den Rucksack und versuchte, ihn Colin zu entreißen. »Du bist ein Lügner! Du bist mir gefolgt. Ich hab’s gefunden!«
    »Tyler! Colin! Liebe Güte«, sagte Gideon eher genervt als wütend, »bringt vielleicht mal jemand diese beiden Streithähne auseinander? Ich möchte jetzt endlich etwas Vernünftiges zu hören bekommen. Ragnar?«
    Doch als der Nordmann gerade seine mächtige Hand nach dem Rucksack mit dem Kontinuaskop ausstreckte und Colin begriff, dass ihm nun alles Sträuben nichts mehr nutzen würde, gab Gideon ein hässliches Geräusch von sich. Ragnar ließ betroffen den Rucksack los. Alle im Raum erstarrten.
    Gideon hatte den Mund aufgemacht, um weiterzusprechen, aber es kam nur ein Krächzen heraus. Er versuchte, mehr Luft einzuatmen, und riss den Mund noch weiter auf, wie um zu schreien, doch ein Würgen in der Kehle war alles, was er zustande brachte. Er wurde knallrot im Gesicht, dann immer dunkler, schließlich graublau wie ein Bluterguss, bis er urplötzlich zusammenbrach.
    »O nein!«, schrie Lucinda Jenkins über die Rufe der anderen hinweg. »Er hat einen Herzinfarkt! Wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen!«
    Ragnar ließ Colins Rucksack los und kniete im Nu an Gideons Seite. Der alte Mann zappelte noch, doch seine Bewegungen wurden immer schwächer. Er zuckte mit den Beinen und krümmte und streckte sich wie ein an Land geworfener Fisch.
    »Er bekommt keine Luft!«, rief Tyler. »Ruft einen Rettungswagen!«
    |419| »Das dauert ewig, bis die hier draußen sind«, sagte Lucinda, die vor Schreck ganz weiß im Gesicht war. »Gibt es einen Hubschrauber, einen Rettungshubschrauber?«
    »Ragnar, fahre ihn!«, rief Simos Walkwell von seiner Couch aus. »Fahre ihn mit dieser grässlichen Maschine in die Stadt! Schnell!«
    »Wenn er einen Herzinfarkt hat«, sagte Tyler, »braucht er sofort Hilfe. Wir sollten ihn rüber zu den Carrillos schaffen!«
    Plötzlich stand Mrs. Needle neben Ragnar und Gideon, an dem sich nur noch die Hände und der Kopf schwach zuckend bewegten. »Es ist nicht das Herz, ihr Narren«, sagte sie mit einer Stimme, die hart und klar wie Glas war. »Und die Behandlung ist sehr einfach.«
    »Was redest du da, Hexe?« Ragnar sah aus, als würde er ihr liebend gern mit den bloßen Händen den Kopf abreißen.
    »Schweig, Nordmann. Tritt zurück, damit ich ihm helfen kann.« Als Ragnar sich nicht rührte, durchbohrte sie ihn mit einem Blick und sah sich dann in der Runde um. »Narren. Wollt ihr Gideon wirklich lieber sterben sehen als zulassen, dass ich ihn heile?«
    In der plötzlich eingetretenen Stille ertönte die Stimme von Simos Walkwell. »Lass sie versuchen, ihn zu heilen, Ragnar. Du kannst ja schon mal den Wagen vorfahren.«
    Mrs. Needle verzog geringschätzig das Gesicht. »Ein Wagen wird nicht nötig sein.« Sie fasste in die Tasche ihrer Schürze und zog eine kleine Ampulle hervor, die so schwarz war wie ihr Rock. Sie entkorkte sie
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