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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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ich hätte dich nicht angehört?«
    »Nein, das habe ich nicht gemeint.« Tyler sah seine Schwester an. »Es geht um viel mehr als den Spiegel. Luce, hilf mir. Erzähl ihm von der Hexe, erzähl ihm, was Mrs. Needle mit ihm gemacht hat.«
    Jetzt trat Lucinda Jenkins neben ihren Bruder. Colin wurde schwindlig, doch er konnte die beiden so wenig aufhalten wie in einem von diesen Träumen, wo er einfach kein Wort herausbrachte. »Er sagt die Wahrheit, Onkel Gideon«, bestätigte Lucinda. »Hast du denn gar keine Erinnerung daran, was mit dir passiert ist? Mrs. Needle hätte dich fast getötet – sie |415| will dir die Farm wegnehmen. Und vorigen Sommer hätte sie beinahe Tyler getötet!«
    Sie hatte noch nicht ganz ausgeredet, da trat Colins Mutter vor, kreidebleich im Gesicht und die Augenbrauen wie schwarze Dolche. Wutbebend deutete sie auf Lucinda, so dass diese vor der ausgestreckten Hand zurückschreckte wie vor einer Pistole. »Wie … wie kannst du es wagen!«, fuhr sie das Mädchen an und wirbelte dann zu Gideon herum. »Diese Kinder sind von Anfang an unmöglich zu mir gewesen, aber das ist jetzt wirklich das Letzte! Ich soll versucht haben, dich zu töten! Ich, die ich dich während deiner Krankheit endlose schlaflose Nächte lang gepflegt habe – wie dir jeder im Haus bestätigen wird!«
    »Aber Sie haben seine Krankheit doch verursacht!« Lucinda Jenkins hatte sichtlich Angst vor seiner Mutter, aber Colin sah, dass sie trotzdem nicht so leicht aufgeben würde. Eine Sekunde lang löschte heiße Bewunderung seine eigenen Ängste aus – aber nur eine Sekunde. »Alle wissen, was Sie tun, Mrs. Needle!«
    »Sie wollte dich mit einem Pilz umbringen, Onkel Gideon!«, schrie Tyler. »Und auf mich hat sie letztes Jahr dieses … dieses teuflische Schwarzhörnchen gehetzt!«
    Lucinda wandte sich den anderen Farmbewohnern zu, aber viele wichen vor ihr zurück, als hätten sie Angst, von ihr buchstäblich am Kragen gepackt und in den Streit hineingezogen zu werden. »Was habt ihr denn alle? Will denn niemand was sagen außer Tyler und mir?«
    Sarahs rundes Gesicht war gerötet und ihre Augen feucht, doch ein entschlossener Ausdruck straffte ihre Züge. Sie machte den Mund auf, wie um etwas zu sagen, aber Mrs. Needle funkelte sie so böse an, dass die Köchin den Mund sofort wieder schloss.
    |416| »Glaubst du im Ernst irgendetwas von alledem?«, beschwor Colins Mutter jetzt wieder Gideon. »Hörst du, was diese Kinder für einen Unsinn reden? Natürlich ergreift der Junge für seine Schwester Partei. Natürlich würde er schwören, dass ihre Greuelmärchen wahr sind. Hast du gehört, was er gesagt hat? Ein Giftpilz? Teuflische Schwarzhörnchen?« Sie atmete so schwer vor Zorn (und, jawohl, vor Furcht), dass Colin plötzlich ein Bild von seiner Mutter vor sich sah, an einen Pfahl gebunden, von johlenden Bauern umringt. »Willst du ruhig dort sitzen und zulassen, dass sie mich eine Hexe nennen, wo du doch weißt, dass ich immer nur nach deinen Anweisungen gehandelt habe?«
    Jetzt war Gideon zwischen die feindlichen Parteien geraten. »Na, na, Patience«, sagte er, »ich bin sicher, die Kinder übertreiben. Es ist alles bloß ein Missverständnis und …«
    »Nein, Gideon.« Die tiefe Stimme überraschte alle. »Die Kinder übertreiben nicht.« Ragnar kam nach vorn. »Wirst du mich anhören? Bedeutet dir mein Wort etwas?«
    Gideon starrte ihn fassungslos an. »Ragnar …?«
    »Und ich muss auch sprechen, Gideon«, sagte Walkwell von seiner Couch aus. »Die Kinder haben recht, die Frau ist eine Giftschlange, Gideon. Sie arbeitet gegen uns alle. Sie will alles für sich haben.«
    »Lügner!« Erst als alle sich ihm zuwandten, merkte Colin, dass es seine Stimme war, die so kreischte. »Das stimmt nicht! Sie ist …!« Er brach ab und stürzte aus dem Zimmer, ohne zu wissen, wo er hinwollte. Er wusste nur, dass er wegmusste von diesen anklagenden Gesichtern, weg von seiner Mutter in dieser Situation, in der sie langsam in die Enge getrieben wurde wie eine Katze von einem Rudel kläffender Jagdhunde.
    »Colin!«, erscholl ihre Stimme durchdringend. »Colin, wo willst du hin? Komm sofort wieder her!«
    |417| Aber plötzlich wusste er, was er zu tun hatte. Er eilte die Treppe hinauf in sein Zimmer.
    Keine Minute später sprang Colin wieder die letzten Stufen hinunter, seinen Rucksack fest an die Brust gedrückt, und schob sich ins Schlangenzimmer zurück. Einige schrien, selbst seine Mutter, die sonst selten die Stimme erhob,
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