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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde
Autoren: Luanne Rice
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ich mir schon«, sagte Kate, und wusste, dass sie richtig getippt hatte. Sie hatte Bonnie ins Krankenhaus geschmuggelt, und der Scotchterrier, überglücklich, sein Frauchen wiederzusehen, lag zusammengerollt auf Willas Schoß, während die Krankenschwestern beide Augen zudrückten.
    »Das Museum war fantastisch … ich habe dort einige Stunden zugebracht. Dann habe ich auf der anderen Seite der Brücke einen Happen gegessen.«
    »In Fairhaven.«
    »Ja. Und ich musste tanken für die Heimfahrt. Deshalb …«
    »Bist du zur Texaco-Tankstelle gefahren.«
    »Mit dem kleinen Laden.«
    Willa nickte. »Ich sah einen Lieferwagen hinter dem langen Gebäude vorfahren. Er kam mir bekannt vor, aus Connecticut … er gehörte dem Sohn der beiden Gasthofbesitzer.«
    »Caleb.«
    »Ja. Ich kannte seinen Vornamen nicht, wir hatten uns nur kurz zugewunken, wenn wir uns begegneten, und einmal …« Sie zögerte und wurde rot, als wäre die Erinnerung immer noch beschämend. »Einmal hatte ich das Gefühl, als hätte er mich beobachtet, während ich unter der Dusche stand. Als ich herauskam, tat er so, als sei er damit beschäftigt gewesen, eine Glühbirne auszuwechseln. Ich hätte seiner Mutter Bescheid sagen sollen. Oder umgehend abreisen …«
    »Aber es hätte vermutlich ohnehin keine Rolle gespielt«, sagte Kate beschwichtigend. »Weil du ihm wieder begegnet bist.«
    »Ja.« Willa schauderte. »In Fairhaven.«
    »Fairhaven.« Kate fragte sich, wie in einer Ortschaft mit einem so klangvollen Namen solch schreckliche Dinge geschehen konnten.
    Caleb hatte Willa weisgemacht, er habe ein Problem mit seinem Lieferwagen, und sie gebeten, ihm bis zum Highway zu folgen. Er war vorausgefahren, über Seitenstraßen mit wenig Verkehr, und auf einen Rastplatz eingebogen. Als er aus dem Lieferwagen ausstieg, war sie weder ungehalten noch beunruhigt gewesen. Doch dann hatte er die Fahrertür geöffnet und Bonnie von der Leine gelassen – in den Wald.
    Willa hatte aufgeschrien und wollte hinter ihr her laufen, doch er zwang sie, in den Van einzusteigen.
    »Er hatte ein Messer, und er legte mir Handschellen an«, schluchzte sie und barg das Gesicht in dem schwarzen Fell ihres Hundes. »Ich wusste, er war fähig, mich umzubringen, aber ich konnte nur an Bonnie denken …, dass sie meinen würde, ich hätte sie dort vergessen, und auf meine Wiederkehr wartete. Ich hätte in dieser grauenvollen Zeit, als …« Ihre Stimme verklang, sie war nicht in der Lage, darüber zu sprechen, was ihr widerfahren war. »Ich hätte nie, nie gedacht, dass ich sie jemals wiedersehe.«
    »Ich habe sie überall gesucht.« Kate berührte ihre Hand. »Und sie gefunden.«
    »Danke … und dass ich
dich
jemals wiedersehe, hätte ich auch nicht mehr für möglich gehalten.«
    »Ach, Willa«, flüsterte Kate. »Ich könnte die Beziehung zu dir niemals abbrechen.«
    »Ich dachte, ich wäre sang- und klanglos von der Bildfläche verschwunden«, schluchzte Willa. »Und dass es dir vielleicht nur recht wäre.«
    »Wegen Andrew und dir, meinst du.« Kate nickte. »Eine Zeit lang war es auch so. Ich war maßlos wütend auf dich, Willa. Weil du auf ihn hereingefallen bist. Was er getan hat, ist unverzeihlich. Du bist meine Schwester. Er hat einen Keil zwischen uns getrieben.«
    »Ich habe es zugelassen. Es war nicht allein seine Schuld.«
    »Ich weiß. Ich war auch auf dich sauer. Aber das ist vorbei. Andrew gehört der Vergangenheit an. Ich liebe einen anderen.«
    »Ich weiß. Und ich weiß auch, wer es ist …«, hatte Willa geflüstert.
    Als sie nun neben John saß, erinnerte sich Kate schaudernd an Willas Worte. Kate trug den Flugzeug-Glücksbringer an einem Stück Schnur um dem Hals; er sollte sie an die beiden Menschen erinnern, die sie liebte und die sie beinahe verloren hätte.
    Brainer und Bonnie saßen zu Füßen des Richters, darauf hoffend, dass Fleischbrocken von der Tranchierplatte fielen. Draußen begann die Sonne unterzugehen. Die Dämmerung reichte aus, um das Leuchtfeuer aufflammen zu lassen, der Lichtstrahl schweifte zum ersten Mal am Himmel entlang. Kate schluckte, spürte eine eisige Kälte in ihren Händen, die sie bis ins Mark durchdrang. Irgendetwas hatte sie bewogen, zur Waffe zu greifen und zwei Männer zu töten.
    Seit jenem Abend litt sie unter Albträumen – wachte schreiend und hilferufend auf. Letzte Nacht war John, der am anderen Enge des Ganges in seinem Bett schlief, ins Gästezimmer gestürmt, auf seinem verletzten Bein humpelnd, und
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