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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde
Autoren: Luanne Rice
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vier Söhnen Matthäus, Markus, Lukas und Johannes dankte und als Teddy und der Richter die Köpfe beugten, erschauerte John, und Kate drückte lächelnd seine Hand. Dann blickte sie ihm so innig und liebevoll in die Augen, dass John befürchtete, den Verstand zu verlieren, während er auf ihre Antwort wartete.
    Aber sie ließ sich Zeit. Sie sah ihn nur an, gab ihm das Gefühl, allein mit ihr in dem sonnendurchfluteten Raum zu sein.
    Nur sie beide, ein Mann und eine Frau, Freunde, zwei Fremde, die der Zufall auf einem dunklen Parkplatz in Fairhaven, Massachusetts, und danach an einem einsamen Leuchtturm in Silver Bay, Connecticut, zusammengeführt hatte.
    Zwei Menschen, John und Kate, die sich an den Händen hielten, als könnten sie nie mehr voneinander lassen.
     
    Natürlich erinnerte sich Kate an Maggies Frage.
    Sie klang in ihren Ohren nach … und das wollte etwas heißen. Ihr hallte einiges in den Ohren nach, schon seit Tagen.
    Immer wieder hörte sie die Geräusche: das Schaben von Metall auf Metall – Maggies Messer auf dem rostigen Scharnier. Und die Kanonenkugel aus dem Unabhängigkeitskrieg, die auf Gestein prallte … und den dumpfen Hall ihrer Füße auf der schmiedeeisernen Wendeltreppe … und das Echo von Willas Stimme, die sie anflehte, sie aus dem albtraumhaften Verschlag zu befreien … und die Metallstrebe, die Calebs Kopf traf … und das Knirschen der Reifen, als sie im Wagen des Richters über den Muschelweg preschte … das Sirren der Kugel aus Beckwiths Pistole, die von der Wand des Leuchtturms abprallte und in Johns Oberschenkel drang … und Maggies Messer, das sich in den Hals des Ungeheuers bohrte …
    Kate holte tief Luft, schloss die Augen, als sie abermals an die Schreckensbilder dachte.
    »Mags«, hörte sie John sagen, der ihre Hand drückte. »Lass es für den Augenblick damit bewenden, ja?«
    »Ich habe es nicht böse gemeint«, sagte Maggie.
    »Schon gut, John.« Kate hob den Blick wieder, wollte niemanden auch nur einen Moment lang aus den Augen verlieren.
    »Wir hatten noch keine Minute für uns alleine«, flüsterte John. »Dabei möchte ich dir so viel sagen.«
    »Ich auch«, flüsterte sie zurück. Ihre Gesichter waren einander so nahe, dass sie sich beinahe berührten, und sie spürte seinen Atem auf ihrer Stirn, als seine Lippen sanft ihre Haut streiften.
    Sie erbebte, konnte ihr Glück immer noch nicht fassen.
    Willa befand sich in Sicherheit.
    Sie war verletzt, schwer traumatisiert, aber auf dem Weg der Besserung. Matt hatte sich – seinen Prinzipien zum Trotz – auf den Weg nach Norden gemacht, um seine Schwestern zu besuchen. Er würde, wenn er seinem Austernboot alles abverlangte, gegen Mitternacht im Hafen von Silver Bay eintreffen, kurz nach dem Gezeitenwechsel.
    Kates Familie würde zum ersten Mal seit einem halben Jahr wieder vollzählig beisammen sein. Gestern Abend hatte sie am Bett ihrer Schwester gesessen, noch lange nach Ende der Besuchszeit. Willa hatte leise geschluchzt und Kate erzählt, was sich zugetragen hatte.
    »Ich hatte mich im East Wind einquartiert. Es war herrlich dort, und ich schwöre, ich konnte nur noch daran denken, dass du kommen würdest … dass ich dich anflehen würde, mir zu verzeihen …«
    »Das wäre gar nicht nötig gewesen«, hatte Kate geflüstert, obwohl sie nicht sicher war, ob das stimmte. In den letzten sechs Monaten war sie durch ein Fegefeuer gegangen; Schmerz und Wut waren von ihr abgefallen, bis nichts weiter blieb als die Liebe zu ihrer kleinen Schwester und die Bereitschaft, ihr zu verzeihen.
    »Trotzdem. Ich wollte mit dir in Hawthorne zum Mittagessen, die amerikanischen Impressionisten in Black Hall anschauen … und wir hätten gemeinsam einen Spaziergang zum Leuchtturm gemacht«, hatte sie schaudernd hinzugefügt.
    »Sprich nicht mehr darüber.« Kate hatte ihr über das Haar gestrichen.
    »Ich möchte aber. Nachdem ich dir die Postkarte geschickt hatte, fühlte ich mich befreit. Ich hatte nicht den Mut, dich direkt zu fragen … aber ich hoffte. Sagte mir immer wieder … sie wird kommen. Ich werde sie bald sehen. Ich beglich die Rechnung im Hotel und dachte, ich fahre für ein paar Tage nach Newport. Bonnie und ich wollten uns die Zeit vertreiben, bis du gekommen wärst.«
    Sie hatte ein Zimmer im Seven Chimneys Inn gemietet und war nach New Bedford ins Walfangmuseum gefahren.
    »Ich erinnerte mich an die Fahrt mit Matts Boot«, hatte Willa gesagt. »Als wir die Walmutter sahen.«
    »Das dachte
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