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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten
Autoren: Andrea Schacht
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Eigentums­verhältnisse erst mit einem Schulterzucken, dann mit einiger Genug­tuung hingenommen.
    »Wenn ich Laure schon nicht selbst heiraten kann, dann wenigstens du. Aber ich hätte sie auch genommen. Und nicht nur wegen ihrer Kochkünste.«
    »Von mir hat sie länger, Upladhin.«
    Der hatte röhrend gelacht und ihm auf die Schulter gehauen.
    Und nun ritten sie gen Köln, wo sie ein Trupp der Erzbischöf­lichen erwartete. Gewappnete erregten immer Aufsehen in den Straßen, und die verschlossenen, grimmigen Gesichter, die klirrenden Kettenhemden und Waffen brachten die Leute dazu, ihnen eilends aus dem Weg zu gehen. Sie kamen unbehelligt in der Witschgasse an. Während sich die Hälfte der Mannen zur rückwärtigen Holzgasse begab, um mög­liche Flüchtende einzufangen, pochte Upladhin herrisch an die Tür des Hauses und begehrte Einlass im Namen des Erzbischofs.
    Niemand öffnete.
    Oben schlug ein Laden zu.
    »Axt!«, befahl der Hauptmann. Einer trat vor und zertrümmerte die hölzerne Tür.
    Sie traten ein.
    Hagan unterdrückte mit Macht das kalte Grauen, das ihn wieder ergriff, als er die Treppe nach unten sah.
    »Sechs Mann nach oben, sechs nach unten!«
    Piet stand dicht hinter Hagan. Er wusste, dass er einen Dolch bereithielt. Er selbst zog sein kurzes Schwert. Unbewaffnet würde er nie wieder der Mater Dolorosa entgegen­treten.
    »Gehst du?«, fragte Piet leise.
    »Ja. In Gottes Namen.«
    Sie stiegen die Treppe nach unten. Kalter, süß­licher Weihrauchduft umfing sie, und Hagan kämpfte mit dem Brechreiz. Die Erinnerungen wurden viel zu lebendig.
    Upladhin schnüffelte.
    »Es riecht nach Tod!«
    Es stimmte. Heilige Jungfrau Maria, wen hatten sie jetzt hier zu Tode gequält?
    »Es scheint sich hier unten keine lebende Seele aufzuhalten«, grummelte Piet leise.
    Das verwunderte Hagan ebenfalls. Wo waren die Wächter? Dass die Frauen und Ritter sich hier unten nur zu den Zeremonien versammelten, war das eine, aber den Kerker hatte man bewacht.
    Er schüttelte mit Gewalt die Erinnerungen ab und stieß die Tür auf, hinter der sich der Raum befand, in dem er gefangen gehalten worden war. Einer der Mannen leuchtete mit einer Fackel hinein.
    Es bot sich ihnen ein Anblick des Grauens.
    An die Wand gekettet hing eine nackte, blutüberströmte Gestalt, deren schwarze Haare sich wie Schlangen über den fetten Leib ringelten. Vor ihr aber lag ausgestreckt ein Ritter in seinem schwarzen Gewand.
    Lothar von Hane.
    Er hatte sich in sein Schwert gestürzt.
    Selbst Piet murmelte ein leises Gebet.
    »Unsere Mission ist beendet«, sagte der Hauptmann leise und zog die Tür zu.
    »Noch nicht ganz. Folgt mir.«
    Hagan durchquerte den Vorraum und zog die schweren Vorhänge auseinander. Das Licht der Fackel ließ Gold ­aufglänzen, der Luftzug bewegte die zarten Schleier, die von dem Baldachin hingen. Betäubend war der süße Duft.
    Etwas Weiches kletterte an Hagans Bein hoch.
    Er zuckte zusammen. Doch es war keine Ratte. Das Frettchen schmiegte sich an seine Schulter. Noch hatte es das Halsband an, die dazugehörige Leine hatte es durchgebissen. Hagan umfasste es, und ohne nachzudenken streichelte er den seidigen Pelz.
    Piet aber riss einen der Schleier von dem Baldachin und betrachtete die Mumie, die so unsäglich viel Leid ver­ursacht hatte.
    Sie bestand nur noch aus einem Haufen alter Binden und altersdunkler Knochen.
    Das Frettchen hatte auch hier die Mission beendet.
    »Gehen wir.«
    »Sogleich.«
    Aus dem Schleier, den Piet herabgerissen hatte, bat Hagan Upladhin, ein Bündel zu knüpfen, und in diesen Beutel steckte er das Frettchen.
    »Melle wird es freuen, dass das Tierchen überlebt hat.«
    Die Mannen, die die oberen Räume durchsucht hatten, hatten sechs verängstige Frauen nach unten getrieben.
    »Was machen wir mit ihnen, Hauptmann?«
    »Bringt sie zur Hacht. Der Inquisitor wird sie befragen wollen.«
    Sie klagten und jammerten, doch einigermaßen rau wurden sie nach draußen gestoßen.
    Hagan empfand kein Mitleid mit ihnen. Sie hatten das unmensch­liche Verhalten ihrer Oberin mitgetragen, hatten ungerührt mit angesehen, wie sie ihre Opfer quälte und ­folterte, hatten sich ebenfalls daran beteiligt und ihr Vergnügen daran gehabt.
    Er schüttelte sich, als sie das Haus verließen.
    »Wo mögen die Mägde sein. Wo sind die Quartiere der Ritter und Knappen?«, fragte Upladhin.
    »Ich weiß es nicht. Aber ich möchte annehmen, dass wir von den Rittern und Knappen keinen mehr hier vorfinden. Auch die Mägde
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