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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten
Autoren: Andrea Schacht
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dem Leib Christi aus der Welt kommt, denn schon werden Legenden über die Kreuzritter ver­breitet, die ihn gefunden haben. Auch andere könnten auf die Idee kommen, damit Einfluss zu nehmen.«
    »Wenn eine Geschichte erst mal in die Welt gesetzt wurde, kann man sie selten aufhalten.«
    »Man kann sie ändern. Das, was in dem Buch steht, das Gunnar so unbedingt haben wollte, ist das Gegengift. Es zeigt, wie man die Gutgläubigkeit der Menschen ausnutzen kann. Lass diese Geschichte verbreiten, als Warnung vor den falschen Propheten.«
    »Sollte man. Stimmt.«
    »Und diesen Konvent, Dietrich …«
    »Gott, ein paar Weiber, die einen Hokuspokus im Keller betreiben, wen stört das schon?«
    »Jene, die den Hokuspokus nicht überleben.«
    »Du unterstellst den Frauen Mord?«
    »Ich unterstelle nicht, Dietrich. Da ich selbst ihr Opfer war, weiß ich.«
    »Du lebst noch.«
    »Dank meiner Freunde. Aber es war knapp.«
    »Erzähl mehr.«
    Hagan tat es, auch wenn ihm die Schilderung der erlittenen Demütigungen und Qualen die bittere Galle in die Kehle trieb.
    »Hör auf, Vetter«, sagte Dietrich schließlich.
    »Ja.«
    Dietrich hatte sich wieder in seinen Sessel gesetzt und stützte das Kinn in seine Hände. Lange schwieg er. Hagan ebenfalls. Er versuchte, die Erinnerungen an den düsteren Kerker zu verscheuchen und holte sich Laures Gesicht vor Augen.
    Es half. Wie immer.
    »Erst Gunnar, dann die Mater Dolorosa und ihr Gelichter«, sagte Dietrich plötzlich. »Ich werde deine Hilfe benötigen.«
    »Du bekommst sie.«
    »Hagan, damals in Heilbronn …«
    »Ja?«
    »Gunnar hatte mir damals vorgeschlagen, dass es für mich günstig wäre, wenn du einen Unfall auf dem Turnier erleiden würdest. Ich habe ihn nicht davon abgebracht.«
    Hagan schwieg.
    »Ich war froh, als ich hörte, dass du das Turnier überlebt hast. Viele Gedanken habe ich mir nicht darüber gemacht.«
    Hagan schwieg weiter.
    »Verdammt, es tut mir leid, Vetter!«
    »Sei’s drum.«
    »Ich schulde dir etwas.«
    »Erteil mir Dispens.«
    »Von was? Ach, Himmel, ja, du bist ja zum Bischof geweiht. Na, das haben wir schnell erledigt.« Dietrich ging zu seinem Schreibpult, tauchte die Feder in die Tinte und schrieb einige Zeilen. Dann drückte er sein Siegel auf das Pergament. »Was willst du jetzt machen?«
    »Das Erbe meines Vaters beinhaltet einige Pfründe. Ich würde sie gerne gegen ein Allod tauschen.«
    »Verständlich. Welches?«
    »Vater hat Upladhin das Hofgut in Lindenthal zum Lehen gegeben.«
    »Kannst du haben. Aber ich dachte, der Hauptmann sei dein Freund.«
    »Ich habe nicht vor, ihn zu vertreiben. Er hat eine veritable Pferdezucht aufgezogen, an der ich mich beteiligen möchte. Außerdem ist er nicht verheiratet, und es fehlt ihm eine Frau im Haus.«
    »Willst du ihn verheiraten?«
    »Nein, aber mein Weib versteht sich gut mit ihm.«
    »Du schaffst es immer wieder aufs Neue, mich in Verblüffung zu versetzen.«
    »Ja, ich mich auch.«
    »Na gut, ich gebe meinem Notarius Anweisung, dir den Besitz zu überschreiben.«
    Dietrich schenkte noch einmal die Pokale voll und hob den seinen zum Salut.
    Den Abend verbrachten sie nicht nur damit, Pläne zu machen, die das Ende des Geheimbundes betrafen, sondern widmeten sich auch den Erinnerungen an die Zeiten, da sie als Jungen und junge Männer ihre Freundschaft begründet hatten.

42. Heimkehr
    Der Liebe Lohn ist: was sie liebt und dass sie liebt.
    Bernhard von Clairvaux
    Melle saß neben Paitze und stichelte an einem Hemdsaum herum. Gerne tat sie diese Arbeit nicht, aber aus verschiedenen Gründen hatte sie sich nun doch dazu überwunden. Erstens war es stürmisch und regnerisch geworden, und in der Stube, in der ein Kaminfeuer brannte, war es recht heimelig. Zweitens war die Scheune abgebrannt, in der sie ihr Lager aufgeschlagen hatten. Derzeit wurde sie unter Olaf Timmermanns Leitung wieder aufgebaut. Der Wagner­geselle und die Lehrjungen, sogar Jan durften mithelfen, sie und Paitze nicht. Darüber hatte sie knurren wollen, wäre da nicht eine andere Gelegenheit nütz­licher gewesen.
    Nämlich ihre Freundin auszufragen.
    Zu ihren Füßen stand ein runder Korb, in dem sich Matti und das Frettchen zusammengerollt hatten. Der kleine Kater war dem Feuer mit einer angesengten Schwanzspitze entkommen, das Frettchen unbeschadet aus der Scheune geflohen. Aber seither bestand zwischen beiden eine enge Freundschaft.
    »Deine Mutter wird ganz schön Einbußen haben, so viele Gäste, wie sie jetzt wegschicken
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