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Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)
Autoren: Ulrike Nolte
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Bargäste, die sich
volltrunken in Luft auflösen. Es gibt streunende Katzen in den Gängen und
Poltergeistaktivitäten im Crewschwimmbad. Aber mit den Dschinns kann das
natürlich nichts zu tun haben. Schließlich habt ihr versprochen, euch nicht aus
eurem Quartier zu rühren!“ Sie funkelte ihn an.
    Patchwork hatte bei den
Gestaltwandlern die Rolle eines Botschafters übernommen. Randori war nicht
sicher, ob er dazu gewählt worden war oder sich selbst ernannt hatte. Auf jeden
Fall füllte er sein Amt perfekt aus, war zugänglich, diplomatisch und wusste
genau, was er wollte. Er war mit Dschinn zusammen zu allen Beratungen der
Crew-Senatoren eingeladen worden, um die Interessen der Gestaltwandler zu
vertreten. Jedes Mal, wenn Randori ihm begegnete, war er ein bisschen
intelligenter und besser informiert. Das lag daran, dass die anderen Dschinns
ihn mit ihren Kernzellen ausrüsteten. Wer immer Kenntnisse oder Ideen besaß,
die nützlich sein konnten, gab sie an Patchwork ab. So war der Botschafter
tatsächlich ein Sprachrohr für alle. Patchwork war nur zum Teil eine
eigenständige Person, er war gleichzeitig eine Verkörperung ihrer gemeinsamen Gedanken.
Randori versuchte, diese Vorstellung nicht allzu unheimlich zu finden. Wenigstens
schien Patchworks Charakter der gleiche zu bleiben: eine sympathische Mischung
aus kühlem Scharfsinn und verspieltem Humor.
    Der Boschafter hatte ihre
Beschwerde ungerührt entgegengenommen. „Wir stecken schon seit über einer Woche
hier fest. Natürlich werden manche von uns ungeduldig. Ich kann niemanden daran
hindern, sich unter die Menschen zu mischen. Jeder von uns trifft seine eigenen
Entscheidungen. Die Situation ist ganz einfach: Je länger die Wartezeit dauert,
desto mehr von uns werden ihre Neugier nicht bezähmen können. Du musst zugeben,
dass es schwer ist, der Versuchung zu widerstehen. Da draußen gibt es eine
ganze Kultur zum Erforschen, und wir sitzen in einer kahlen Halle und schlagen
die Zeit mit Däumchendrehen und Körper-Memory tot.“
    „Dann wird es euch freuen zu
hören, dass wir unsere Pläne vorverlegt haben.“
    Seine Augen wechselten vor
Überraschung die Farbe. „Ah, es ist Lazarus bereits gelungen, eine Audienz beim
Regenten zu erhalten?“
    „Beim zweiten Anlauf. Zuerst hat er
Nkosi erzählt, ich sei gestürzt worden, und hat dem Regenten angeboten, ihn mit
einer Ehrengarde zur Jubelfeier abzuholen. Das wäre immer noch der beste Vorwand
gewesen, um auf die Arche 16 zu gelangen. Leider hat sich Nkosi nicht darauf eingelassen.
Also hat Lazarus ihn mit dem Vorschlag geködert, mich als Gefangene
mitzubringen und im Thronsaal feierlich zu überreichen. Dieser kleine sadistische
Einfall hat uns tatsächlich Zutritt verschafft.“ Sie verzog das Gesicht. Der
Gedanke, dem Regenten als verschnürtes Geschenk präsentiert zu werden, erfüllte
sie nicht mit Begeisterung.
    Patchwork grinste und fragte mit
erhobener Stimme: „Wer ist interessiert an einem Besuch auf Arche 16?“
    Wie durch ein Zauberwort
verpufften die irdischen und unirdischen Wesen in der Halle und tauchten als
Menschen wieder auf. Sie drängten sich um Randori und den Botschafter, und alle
begannen gleichzeitig zu reden. Randori ließ ihren Blick über die Runde
schweifen und stellte fest, dass inzwischen jeder der Gestaltwandler sein
eigenes Gesicht besaß. Zu Anfang war die Halle voller Klone gewesen.
    Die Kapitänin war überrascht,
welche Vielfalt sich mit einem begrenzten Genmaterial herstellen ließ. Als
Grundlage besaßen die Wandler nur, was Dschinn ihnen hatte weitergeben können,
also die DNA von Caravan, zwei Schamanen und einer Camelot. Doch die Wartezeit
hatte den Dschinns genug Muße verschafft, um sich daraus jeweils einen
passenden Körper zu mixen. Am ersten Tag, als Randori in die Halle gekommen
war, hatten Hunderte von Caravans sie angeschaut. Sie war froh, dass Serail
dieser Anblick erspart geblieben war.
    Patchwork begann die Freiwilligen
in Gruppen einzuteilen. Er hatte aus seinem Körper eine Folie mit dem
ungefähren Bauplan der fremden Arche hervorgezaubert und sorgte dafür, dass
Spionagetrupps das Schiff systematisch durchkämmten. Er selbst und drei
Begleiter würden sich währenddessen Randori anschließen und sie unsichtbar in
den Thronsaal begleiten. Die Kapitänin kannte die ausgewählten Gestaltwandler
bereits oberflächlich, sie waren Patchworks engster Beraterstab. Kurz ließ sie
ihren Blick über die drei gleiten, suchte aus ihrem Gedächtnis
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