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Die Frucht des Bösen

Die Frucht des Bösen

Titel: Die Frucht des Bösen
Autoren: Lisa Gardner
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hinaus abwechselnd Bereitschaft, sprich: musste sich für den nächsten Fall bereithalten. Es sprang also ständig hin und her zwischen aktuellen Fällen mit höchster Priorität, noch ungelösten alten Sachen und wenigstens einem oder zwei neuen Einsätzen pro Woche.
    D. D. schlief wenig, und neben der Arbeit lief bei ihr kaum etwas. Das war für sie durchaus in Ordnung gewesen, bis im vergangenen Jahr, kurz nach ihrem Achtunddreißigsten, ihr Exlover geheiratet hatte, um eine Familie zu gründen. Ausgerechnet sie, die toughe Kriminalistin, die sich einbildete, mit ihrem Job verheiratet zu sein, ertappte sich plötzlich beim Blättern in Magazinen wie
Haus & Heim
oder, schlimmer noch,
Die moderne Braut
. Eines Tages griff sie sogar zu
Eltern
. Nichts war deprimierender für einen fast vierzigjährigen, kinderlosen Single und Detective der Mordkommission, als allein in seinem Apartment in North End ein Eltern-Magazin zu lesen – zumal sie feststellen musste, dass manche Ratschläge zum pfleglichen Umgang mit Kleinkindern durchaus auch auf ihre Kollegen anwendbar gewesen wären.
    Sie schmiss die Zeitschriften ins Altpapier und nahm sich fest vor, sich so schnell wie möglich ein Date zu besorgen. Was sie zu Chip geführt hatte, dem armen Kerl, der plötzlich nicht wusste, wie ihm geschah, als sie Hals über Kopf das Restaurant verließ. Ihr Team hatte zwar keine Bereitschaft, aber die Meldung lautete «Red Ball», und das bedeutete, es musste etwas so Schlimmes passiert sein, dass alle verfügbaren Kräfte anzutanzen hatten.
    D. D. bog von der I- 93 ab und manövrierte ihren Wagen durch die engen Straßen von Dorchester, einem Arbeiterbezirk, der im Kollegenkreis für Drogenmissbrauch, Schießereien und wilde Partys bekannt war, die zu noch mehr Drogen und Schießereien führten. Das hiesige Revier C- 11 hatte eine Hotline für Beschwerden über ruhestörenden Lärm eingerichtet und ließ ein Fahrzeug – «Party Car» genannt – an Wochenenden Patrouille fahren. Fünfhundert Anrufe und Dutzende von vorbeugenden Festnahmen später war tatsächlich ein Rückgang in Sachen Mord, Vergewaltigung und schwerer Körperverletzung zu verzeichnen gewesen. Dafür nahmen jetzt Raub- und Einbruchdelikte zu. Und zwar eklatant.
    Von ihrem Navi zielsicher geführt, gelangte D. D. schließlich in eine recht hübsche Straße, die von bescheidenen Vorgärten und dreigeschossigen Wohnhäusern gesäumt wurde, von denen etliche mit großen Veranden und manche sogar mit Erkertürmchen ausgestattet waren.
    Über die Jahre hatte man diese Häuser in kleine Apartments unterteilt, sodass in einem Haus sechs bis acht Parteien wohnten. Trotzdem war es immer noch eine durchaus angenehme Wohngegend mit gutgepflegten Rasenflächen und frischgestrichenen Veranden. Der bessere Teil von Dorchester, dachte D. D. und wurde immer neugieriger.
    Schließlich sah sie ein dichtes Gedränge von Fahrzeugen vor sich und parkte ihren Wagen. Es war halb neun, und die Augustsonne ging gerade unter. Sie entdeckte den weißen Transporter der Gerichtsmedizin sowie das mobile Labor der Spurensicherung, und wo die auftauchten, waren immer auch Medienvertreter und Gaffer aus der Nachbarschaft zur Stelle.
    Als D. D. den Einsatzort durchgegeben bekam, hatte sie sich auf irgendeine Drogengeschichte gefasst gemacht. Vielleicht eine Gang-Schießerei. Es musste sich jedenfalls um eine größere Sache mit erheblichen Kollateralschäden handeln, da der stellvertretende Department-Leiter alle achtzehn diensthabenden Detectives herbeigerufen hatte. Womöglich war eine Großmutter auf der Veranda von einem Querschläger erwischt worden oder ein auf der Straße stehendes Kind. So was kam vor, schlimm genug. Aber man war schließlich in Boston, und ein Bostoner Detective hatte damit zu rechnen.
    Als aber D. D. aus dem Wagen stieg, ihren Ausweis an den Gürtel der engen schwarzen Jeans klemmte und ein schlichtes weißes Hemd über das tief ausgeschnittene Top streifte, kamen ihr erste Bedenken. Hier waren keine Drogen im Spiel. Es ging um Schlimmeres. Sie warf ein Jackett über den Arm und steuerte auf die Höhle des Löwen zu.
    D. D. bahnte sich einen Weg durch die Menge der Schaulustigen und versuchte, konzentriert zu bleiben und sich nicht ablenken zu lassen von den Wortfetzen, die sie aufschnappte. «Mehrere Schüsse … Schreie wie von einem abgestochenen Schwein … Herrje, erst vor ein paar Stunden habe ich sie ihre Einkäufe aus dem Wagen holen
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