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Die Frauen der Calhouns 03 - Lilah

Die Frauen der Calhouns 03 - Lilah

Titel: Die Frauen der Calhouns 03 - Lilah
Autoren: Nora Roberts
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Bar Harbor auf Mount Desert Island, das war die Geschichte, die in jedem Blatt Papier steckte, das er katalogisieren sollte.
    Eine Rechnung für einen Damenhut, datiert 1932. Die Gästeliste einer Party aus dem Jahr 1911. Die Kopie einer Reparaturrechnung für einen 1935er Ford. Das handgeschriebene Rezept für eine Kräutermedizin gegen Krupp. Es gab Briefe aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, Zeitungsausschnitte mit den Namen Carnegie und Kennedy, Versandrechnungen für Chippendale-Schränke, einen Waterford-Lüster. Alte Tanzkarten, vergilbte Rezepte.
    Für einen Mann, der den Großteil seines intellektuellen Lebens in der Vergangenheit verbrachte, war dies eine wahre Schatzgrube. Er hätte gratis jedes einzelne Blatt geprüft, doch Ellis Caufield hatte Max mehr geboten, als er mit seiner Lehrtätigkeit in zwei Semestern verdiente.
    Ein Traum ging in Erfüllung. Anstatt sich den Sommer über damit abzumühen, gelangweilte Studenten für den kulturellen und politischen Zustand Amerikas vor dem Ersten Weltkrieg zu interessieren, genoss er sein Leben nun in vollen Zügen. Mit dem Geld, das zur Hälfte bereits überwiesen worden war, konnte Max es sich leisten, ein Jahr lang nicht zu unterrichten und mit dem Buch zu beginnen, das er hatte schreiben wollen.
    Max fühlte sich tief in Caufields Schuld. Ein Jahr für sich selbst! Das war mehr, als er sich je erträumt hatte. Sein Verstand hatte ihm ein Stipendium an der Cornell University verschafft. Sein Verstand und harte Arbeit hatten ihm mit fünfundzwanzig einen Doktor der Philosophie eingebracht. Acht Jahre arbeitete er seither, unterrichtete, bereitete Vorlesungen vor, beurteilte Arbeiten und nahm sich nur die Zeit, um ein paar Artikel zu schreiben.
    Jetzt würde er dank Caufield die Zeit haben, die er sich bis dahin nie genommen hatte. Er konnte das Projekt in Angriff nehmen, das er in seinem Kopf und seinem Herzen verborgen hatte.
    Er wollte einen im zweiten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts angesiedelten Roman schreiben. Nicht bloß eine Geschichtslektion oder eine Abhandlung über Ursachen und Auswirkungen des Krieges, sondern eine Erzählung von Menschen, die vom Strudel der Ereignisse mitgerissen wurden. Von Menschen, die er kennen und verstehen lernte, indem er ihre alten Papiere las.
    Caufield hatte es ihm ermöglicht. Und das alles wurde durch einen luxuriösen Sommerurlaub auf einer Yacht versüßt. Es war nur ein Jammer, dass Max nicht hatte ahnen können, wie widerspenstig sein Körper auf die Bewegungen der See reagierte. Ihm ging es schlecht.
    Zu der Übelkeit gesellten sich jetzt auch Kopfschmerzen. Max brauchte Luft. Frische Luft. Er stöhnte ein wenig, als er aufstand und sein Magen sich bei der nächsten Welle hob. Er konnte förmlich fühlen, wie er sich grün verfärbte. Luft! Max taumelte aus der Kabine und fragte sich, ob er jemals Seemannsbeine bekommen würde. Nach einer Woche hatte er geglaubt, sich schon ganz gut zu machen, doch seit dem Aufziehen der Schlechtwetterfront fühlte er sich wieder unsicher.
    Wie gut, dass er nicht – wie er sich manchmal ausmalte – auf der ›Mayflower‹ gefahren war. Er hätte es niemals bis Plymouth Rock geschafft.
    Eine Hand gegen die Mahagonitäfelung gestützt, torkelte Max durch den schwankenden Korridor in Richtung Treppe.
    Caufields Kabinentür stand offen. Max hätte niemals gelauscht. Er hielt nur kurz inne, um seinen Magen zu beruhigen, und hörte seinen Arbeitgeber mit dem Kapitän sprechen. Als sich die Benommenheit aus Max’ Kopf verzog, erkannte er, dass sie nicht über das Wetter oder den Kurs redeten.
    »Ich werde nicht auf die Halskette verzichten«, sagte Caufield ungeduldig. »Ich habe schon eine Menge Ärger und Kosten auf mich genommen.«
    Die Antwort des Kapitäns klang ähnlich angespannt. »Ich verstehe nicht, warum du Quartermain in die Sache reingezogen hast. Wenn er kapiert, warum dich diese Papiere interessieren und wie du sie bekommen hast, wird er Schwierigkeiten machen.«
    »Er wird es nicht herausfinden. Für den guten Professor haben diese Dokumente meiner Familie gehört. Und ich bin reich genug, exzentrisch genug, sie konservieren zu lassen.«
    »Wenn er etwas hört …«
    »Etwas hört?«, unterbrach Caufield lachend. »Der ist so in der Vergangenheit vergraben, dass er nicht einmal seinen eigenen Namen kennt. Was glaubst du denn, warum ich gerade ihn ausgesucht habe? Ich mache meine Hausarbeiten, Hawkins, und ich habe mich gründlich über Quartermain
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