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Die Frau im Rueckspiegel

Die Frau im Rueckspiegel

Titel: Die Frau im Rueckspiegel
Autoren: Julia Arden
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Frauen, direkt hinter Judith. »Mann, ist der mies drauf. Und du sagst, gestern war er auch schon so? Was hat er nur?«
    »Es gibt da so ein Gerücht«, sagte Judith mit gedämpfter Stimme.
    »Ein Gerücht?« fragte Christiane neugierig zurück. »Was für eines?«
    »Der Kassenwart des Vereins hat ’ne Fliege gemacht – mitsamt den Sponsorgeldern. Der Sponsor ist daraufhin abgesprungen. Unheil liegt in der Luft. Eine außerplanmäßige Vorstandssitzung ist einberufen worden. Wahrscheinlich müssen wir demnächst die Startgelder selbst aufbringen. Oder der Verein macht dicht. Kannst du dir das vorstellen?«
    Christiane schaute ihre Freundin entsetzt an. War das einer von Judiths schlechten Scherzen? Judith hatte den Kopf immer voller verrückter Ideen. Aber . . . würde sie so was erfinden? »Ist das wahr?« fragte sie.
    »Mit so was scherze ich doch nicht! Was unterstellst du mir?« entrüstete Judith sich. »Es ist eine traurige Tatsache. Der Verein ist Geschichte, wenn wir keinen neuen Sponsor finden. Dann bist du nicht mehr Spielführerin einer Vereinsmannschaft, sondern einer Freizeitgruppe, deren Moral schneller verfällt als tausendjähriges Papier.«
    »Scheiße«, rutschte es Christiane heraus.
    »Du sagst es. Also hoffen wir, daß der Clubvorstand einen neuen Sponsor anschleppen kann. Dazu ist er ja schließlich da«, meinte Judith in trotzigem Ton.
    Christiane seufzte ausgiebig. Kein Verein mehr? Das wollte sie sich nicht vorstellen. Die meisten von Christianes Freundinnen kamen aus dem Verein. So wie Judith. Natürlich traf man sich nicht nur beim Sport, sondern auch sonst. Man feierte Geburtstage zusammen, grillte gemeinsam, half einander bei Umzügen, beim Babysitten, gab Tips zur Jobsuche, bei Liebeskummer und in allen möglichen anderen Lebensfragen. Nicht immer hilfreiche Tips. Aber das war nebensächlich. Man war füreinander da, war eine Gemeinschaft. In welcher der Spaß am Basketball das kleinste gemeinsame Vielfache war und die Spiele am Wochenende so wichtig, weil sie den Zusammenhalt förderten. Darauf baute alles andere irgendwie auf. Christiane machte sich nichts vor, wenn der Verein aufgelöst werden mußte, das Training und die Spiele nicht mehr wären, würde auch der Rest auseinanderfallen. Einzelne Freundschaften blieben sicher bestehen, aber das beruhigende Gefühl, eine Familie zu haben, auch wenn es eine Ersatzfamilie war, ginge verloren. Bei dem Gedanke entfuhr Christiane ein tiefer Seufzer. Sie konnte nur hoffen, daß Judiths Gerüchteküche beim nächsten Training wieder Entwarnung gab. Es konnte doch nicht so schwer sein, einen Sponsor aufzutreiben. Oder?

3
    » D er Summer des Eingangstors ertönte. Hanna ging zur Gegensprechanlage und drückte den Knopf. »Ja?«
    »Christiane Seidel.«
    Hanna betätigte den Türöffner. »Kommen Sie rauf.«
    Wenig später klingelte es an der Tür. Hanna goß Rebecca gerade eine zweite Tasse Kaffee ein. »Willst du nicht aufmachen?« fragte sie.
    Rebecca erhob sich, ging zur Haustür und öffnete. Vor ihr stand eine verlegene Christiane, die unter Rebeccas eisigem Blick die Augen niederschlug und ein leises »Guten Morgen« murmelte.
    »Sie sind zu früh«, erwiderte Rebecca nur.
    »Ich weiß.« Christiane zuckte mit den Schultern. »Aber der nächste Bus wäre zu spät gewesen.« Sie lächelte schief. »So bleibt immerhin genug Zeit, meine Schelte zu empfangen.«
    Rebecca trat einen Schritt zurück. »Kommen Sie herein.« Sie wies in Richtung Küche. »Möchten Sie einen Kaffee?«
    »Danke.« Christiane folgte Rebecca.
    Hanna hatte bereits eine Tasse aus dem Schrank genommen und stellte sie auf den Tisch. »Ah, die Rebellin der Großstadtstraße«, begrüßte sie Christiane und goß auch ihr Kaffee ein.
    Christiane lächelte verlegen. »Leider ist es das Schicksal von Rebellen, unterzugehen.«
    Hanna zwinkerte ihr zu. »Wahre Stärke liegt nicht im Gewinnen der Schlacht, sondern im Ertragen der Niederlage.«
    »Oh.« Christiane neigte den Kopf zur Seite. »Das muß ich mir merken.«
    »Hanna«, mischte Rebecca sich ein. »Du unterstützt doch wohl nicht Christianes Unbesonnenheit.«
    »Natürlich nicht«, tat Hanna entsetzt. »Aber ich finde, sie ist ein sympathischer Zug an ihr.« Erneutes Augenzwinkern in Christianes Richtung.
    Christiane lächelte dankbar zurück.
    Eigentlich hatte Rebecca sich ein paar ernste Worte für Christiane zurechtgelegt. Daß Hanna sich mit Christiane so spontan verbündete, ließ Rebecca zögern, diese
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