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Die Frau im Rueckspiegel

Die Frau im Rueckspiegel

Titel: Die Frau im Rueckspiegel
Autoren: Julia Arden
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durcheinanderzubringen. Vielleicht liegt es daran. Du hast das tägliche Einerlei satt. Du suchst, unbewußt, ein bißchen Abwechslung.« Hanna seufzte inbrünstig. »Endlich!«
    »Das ist totaler Blödsinn. Ein gut durchgeplanter und möglichst regelmäßiger Tagesablauf ist Grundvoraussetzung für ein maximales Arbeitspensum. Sich davon ablenken zu lassen, heißt, sich zu verzetteln. Warum sollte ich das wollen?«
    »Daß du das nicht zugeben wirst, war mir klar. Deswegen sagte ich ja auch das kleine Wort unbewußt .«
    »Ich denke, es liegt an was anderem. Ich habe einfach keine Zeit, mir einen neuen Fahrer zu suchen. Das hat mein Unterbewußtsein mir gesagt und mich folgerichtig entscheiden lassen, diese Frau weiter zu ertragen. Ich habe einfach der Situation angemessen reagiert.«
    »Was fragst du mich dann, ob du verweichlichst?«
    »Ich . . . war nur für einen Moment unsicher.«
    Hanna verdrehte mit angedeuteter Verzweiflung die Augen. »Jetzt ist alles wieder am rechten Platz?«
    Rebecca nickte zufrieden. »Ja.«
    »Wie schön.« Der Tonfall strafte Hannas Worte Lügen. Aber weiter in Rebecca zu dringen, war so sinnlos, wie die Sandkörner in der Wüste zählen zu wollen. »Dann laß uns essen.«
    Als Hanna eine Dreiviertelstunde später gegangen war, füllte Rebecca noch einmal ihr Weinglas und ging damit die Treppe hoch in den zweiten Stock zu ihrem Atelier.
    Das war der Ort, an dem sie von der Arbeit abschaltete. Hier fand sie Ablenkung. Beim Malen. Und sie war gar nicht so schlecht darin. Einen Teil ihrer Bilder stellte Rebecca unter einem Künstlernamen in Galerien aus. Der Kontakt zum Galeristen lief über ihren Anwalt, der gleichzeitig als Agent auftrat und auch den Verkauf von Bildern abwickelte. Die Erlöse aus den Verkäufen spendete Rebecca schon seit Jahren an gemeinnützige Einrichtungen.
    Rebecca drückte die Klinke zum Atelier herunter, tat einen Schritt in den dunklen Raum und tastete nach dem Lichtschalter. Der Schein der Deckenleuchte hob eine ziemliche Unordnung aus dem Dunkel. Eine Unordnung, in der Rebecca sich, im Widerspruch zu ihrem sonstigen unbedingten Ordnungssinn, wohl fühlte. Der von Skizzen überquellende Schreibtisch störte sie ebensowenig wie die überall auf dem Fußboden und entlang den Wänden lehnenden bemalten Leinwände. Eine Vorauswahl für die nächste Ausstellung lehnte am Regal. Rebeccas Lieblingsstücke dagegen hatten einen Platz an der Wand bekommen. Da sie viele Lieblingsstücke hatte und in den Bildern verschiedene Stilrichtungen nebeneinander stritten, glichen die Wände ein wenig dem farbbeklecksten alten Laken, auf dem die Staffelei stand.
    Rebecca ging zum Schreibtisch, stellte ihr Glas ab, griff nach Zeichenblock und Bleistift und schlenderte damit zum Fenster. Dort sank sie in das bequeme, alte Polster ihres Lehnstuhles und knipste die Stehlampe an. Dann legte sie den rechten Fuß unter den linken Oberschenkel und lehnte sich entspannt zurück. Den Zeichenblock auf dem linken Arm, führte die rechte Hand den Bleistift, setzte Strich an Strich. Ab und zu hielt sie inne, sah auf, ihr Blick auf einen Punkt im Raum gerichtet, ohne diesen wahrzunehmen. Diese Augenblicke dauerten immer nur wenige Sekunden. Anschließend huschte Rebeccas Hand wieder über den Zeichenblock, schnell, aber konzentriert, und die Skizze nahm mehr und mehr Gestalt an.
    Völlig außer Atem kam Christiane in der Turnhalle an. Eine Viertelstunde zu spät. Uwe empfing sie mit ärgerlichem Zynismus. »Vielen Dank, daß du uns heute mit deiner Anwesenheit beehrst. Hast es wohl nicht mehr nötig?«
    Christianes Rechtfertigungsversuch wischte er mit einer Handbewegung weg. »Na, kannst du ja gleich mal zeigen. Aufwärmen und dann Sprinttraining. Für alle!«
    Natürlich triezte Uwe sie heute besonders.
    »Zieh, zieh, zieh!« trieb seine Stimme sie gnadenlos an. »Du läufst ja, als hättest du Blei in den Turnschuhen.«
    Christiane, die alles in den Sprint gelegt hatte, was sie besaß, schnaufte.
    »Sechs Komma zwei«, rief Uwe. »Noch mal. Und diesmal unter sechs bitte. Sind doch nur dreißig Meter!«
    Christiane warf ihm einen mürrischen Blick zu. Sie liebte den Sport im Verein. Sie liebte Basketball. Aber manchmal konnte Uwe einen mit seinen Übungen wirklich drangsalieren. Sie waren doch schließlich alle keine Leistungssportlerinnen und wollten einfach spielen!
    »Die nächste.« Uwe winkte zum Start.
    Christiane trottete zurück, stellte sich erneut in die Reihe der wartenden
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