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Die Frau im Rueckspiegel

Die Frau im Rueckspiegel

Titel: Die Frau im Rueckspiegel
Autoren: Julia Arden
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anzubringen. Sie brauchte Hanna nur anzusehen und wußte, daß die bereit war, für Christiane in die Bresche zu springen. Und was wäre dann das Resultat? Eine unerfreuliche Diskussion mit Hanna, eine verwirrt dreinschauende Christiane und für sie selbst ein schon am Morgen vermiester Tag. Du warst gestern bereit, über den Zwischenfall hinwegzusehen, also warum jetzt darauf herumreiten?
    »Na ja, ich hoffe, es war Ihnen eine Lehre, Ihr Temperament in Zukunft etwas im Zaum zu halten«, sagte Rebecca deshalb lediglich mit leicht mißbilligendem Ton in der Stimme. Christianes zaghaftes Nicken ließ Rebecca gegen ihren Willen sogar lächeln. »Mußten Sie denn noch lange auf der Wache schmoren?« erkundigte sie sich.
    »Die haben mich anderthalb Stunden auf dem Gang sitzen lassen, bevor man mich mit einer ausführlichen Belehrung über diverse Paragraphen wieder entließ.«
    Rebecca schaute Christiane jetzt belustigt an. »Wie ich an Ihrem zerknirschten Gesicht sehen kann, hat man Sie nicht überzeugt.«
    Christiane schniefte. »Die Seelen von Polizeibeamten sollten nicht so zartbesaitet sein, daß sie in ein paar erhitzten Widerworten gleich eine Beleidigung hineininterpretieren. Was soll denn da eine Kellnerin sagen, oder ein Lehrer? Ich möchte nicht wissen, was die sich jeden Tag so anhören müssen. Aber die Herren Polizisten lassen dich gleich einsteigen und zur Wache mitfahren. Amtsmißbrauch war das!«
    Hanna quietschte beinahe vor Vergnügen. »Das haben Sie denen gesagt?«
    »Ja, leider. Aus diesem Grund dauerte die Belehrung ja so lange. Nachdem man mit dem Beleidigungsparagraphen fertig war, kam gleich noch der Verleumdungsparagraph an die Reihe.«
    Rebecca biß sich auf die Unterlippe. Schnell senkte sie den Kopf. Christiane sollte nicht sehen, wie sehr sie die Geschichte amüsierte. Eine amüsierte Chefin war keine sehr respektable Chefin! Als Rebecca wieder aufschaute, war ihr Gesicht ernst. Sie blickte auf die Uhr.
    »Wir müssen los.«
    Während Rebecca ihre Jacke anzog und die Tasche nahm, wartete Christiane an der offenen Haustür. Rebecca reichte ihr den Wagenschlüssel. Ihre Blicke trafen sich. Trotz aller Bemühungen, ernst zu bleiben, gelang es Rebecca nicht ganz. Ein leicht erheiterter Zug lag um ihre Mundwinkel. Christiane blinzelte zunächst etwas überrascht, dann deutlich erleichtert. Rebecca nickte Christiane zu und ging an ihr vorbei. »Und sollten wir in eine Polizeikontrolle kommen, lassen Sie mich reden«, sagte sie dabei.
    Um halb zehn fuhr Christiane Rebecca hinaus aus der Stadt zum Golfplatz. Der Termin mit dem Geschäftspartner dauerte knapp zwei Stunden, etwas länger als geplant, denn um zwölf war Rebecca bereits mit ihrem Anwalt zum Mittagessen verabredet. Er mußte eine Viertelstunde warten. Dennoch waren sie pünktlich zur Vorstandssitzung um vierzehn Uhr zurück in der Firma.
    Wie auch immer ihr Tag gelaufen war, als Rebecca kurz nach achtzehn Uhr wieder zu Christiane in den Wagen stieg, wirkte sie gelassen.
    »Ich habe noch eine Fahrt für Sie, wenn Sie mich zu Hause abgesetzt haben«, eröffnete sie Christiane. Rebecca schrieb etwas in ein Notizbuch, riß die Seite heraus und reichte sie vor zu Christiane. »Das ist die Adresse. Sie holen eine Frau Barbara Groß ab und bringen sie zu mir. Anschließend können Sie Feierabend machen.«
    »In Ordnung.« Christiane nahm den Zettel und stopfte ihn ohne zu lesen in ihre Jackentasche.
    Wie schon während den Fahrten tagsüber schwieg Rebecca ansonsten. Sie verabschiedete sich vor ihrem Haus mit einem kurz angebundenen »Bis morgen« und stieg aus.
    Christiane suchte nach dem Zettel in ihrer Jackentasche und fuhr los.
    Barbara Groß wohnte in einem Altbauviertel, in dem die Begrünung im Laufe der Zeit dem Parkraumbedarf weichen mußte. Dennoch fand Christiane keinen freien Parkplatz im Bereich der Hausnummer sieben, die auf ihrem Zettel stand. Sie hielt in zweiter Reihe, stieg aus. Auf ihr Klingeln an der Gegensprechanlage meldete sich wenig später eine frische Stimme. »Ja?«
    »Ich komme im Auftrag von Frau Reklin.«
    »Bin sofort unten«, lautete die hastige Antwort.
    Und tatsächlich mußte Christiane nicht lange warten.
    Die ist aber noch sehr jung , war der erste Gedanke, der Christiane durch den Kopf schoß, als die Frau die Haustür öffnete. Höchstens fünfundzwanzig. Sehr hübsch.
    »Hi«, begrüßte Barbara Christiane.
    »Äh, hallo.« Eine von diesen Glücklichen, die sich keine Mühe geben mußten, gut auszusehen.
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