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Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank
Autoren: Gunnar Staalesen
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Du warst es doch, die versucht hat, Sirevåg an den Spiegel zu schreiben, oder?«
    »Ja. Ich hörte sie von der Hütte reden, aber ich glaubte nicht, daß jemand es verstehen würde. Sie störten mich, bevor ich fertig schreiben konnte.«
    »Sie konnten also nicht ahnen, daß ich dich finden würde. Sie wollten dich haben.«
    Sie nickte mit zusammengepreßten Lippen. »Sie sprachen von …«
    »Den Bändern?«
    Sie nickte wieder. »Was sollte es sonst sein? Sie sagten – sie sagten, daß der Chef wissen wolle, wo ich die Aufnahmen versteckt hätte. Und wenn ich sie nicht herausrücken würde, dann würden sie mein Gesicht zerstören und mir die Arme brechen und dafür sorgen, daß ich nie wieder …« Sie hielt sich eine kleine geballte Faust vor die Lippen. »Oh, Gott, Varg – wenn ich gewußt hätte!«
    »Der Chef?« Ich setzte mich wieder auf. »Sagten sie nur – der Chef?«
    »Ja.«
    »Keinen Namen?«
    »Nein, aber du weißt doch, wem die Hütte gehört.«
    »Ole Johnny«, sagte ich grimmig.
    »Ole Johnny«, wiederholte sie höhnisch.
    Dann dämmerte mir plötzlich die Wahrheit, und ich fühlte eine Eishand mein Herz umfassen. »Aber – aber, heißt das, daß – daß Ole Johnny und du, daß ihr …«
    Sie sah mich traurig an. »Da siehst du es, Varg. Ich bin eben doch nicht so anständig. Du würdest mich nie lieben können.«
    »Aber ich …«
    »So ist es nun mal – in dieser Branche. Er zahlte gut. Das Geld war willkommen, und er war ein sehr interessantes Interview-Objekt.«
    »Das kann ich mir denken.« Mein Körper war gefühllos. Es prickelte in der Haut. Ich schwang die Beine aus dem Bett und blieb auf der Bettkante sitzen. Ich rieb mir die Augen.
    Dann stand ich auf. Ich drehte mich zum Bett um. Sie lag da, die Bettdecke bis zu den Schultern hochgezogen und mit einem Ausdruck von Angst in den Augen. Die Handschellen baumelten obszön von meinem Handgelenk. »Dann müssen wir Ole Johnny einen Besuch abstatten«, sagte ich düster.
    »Einen Besuch?« Jetzt war ihre Angst deutlich. »Was meinst du? Bei …«
    »Hast du eine Idee, wie wir in das Haus kommen können?«
    »Sag mal, spinnst du? Was willst du erreichen – nach allem, was passiert ist?«
    »Keine Ahnung, ehrlich gesagt, aber wir brauchen Beweise, was Konkretes. Mindestens drei Menschen sind in der letzten Woche umgebracht worden, Elsa, und es hätten – noch zwei mehr sein können.«
    »Und du willst dich in die Höhle des Löwen begeben?«
    Ich hob resigniert die Arme. »Dafür bezahlen mich die Leute. Ab und zu. Das ist mein Job. So ist meine Branche. Auch nicht sonderlich lustig.«
    »Er bot mir einen Job an«, sagte sie lakonisch. »Im zweiten Stock.«
    »Meinst du – im Spielkasino?«
    Sie nickte.
    »Vielleicht können wir auf den Hof kommen, und dann … Gibt es da eine Feuerleiter?«
    »Keine Ahnung. Ich hab nie geguckt.« Sie setzte sich im Bett auf. Ihre festen Brüste wölbten sich weich im Tageslicht. »Ich komme mit!«
    »Du wirst den Teufel … Ehrlich, Elsa, dem kann ich dich nicht aussetzen.«
    Sie stieß die Decke von sich und stand auf, klein und wütend, nackt und wunderschön. »Ich kenne eins von den Mädchen, die dort arbeiten, Varg. Vielleicht hilft das was? So kommen wir in den zweiten Stock und wieder runter. Ich – entweder komme ich mit, oder ich geh zur Polizei.«
    Ich mußte lachen. Die Situation war zu komisch. Eine nackte Frau und ein nackter Mann. Sie klein und hitzig, und ihm baumeln diese absurden Handschellen vom Handgelenk. Und wenn jemand gehört hätte, worüber wir sprachen …
    Ich sagte: »Sag mal – wo hast du die Bänder?«
    »Frag nicht. Je weniger du weißt …«
    »Sie können wichtiges Beweismaterial sein, wenn er sie dir gerade jetzt abnehmen wollte. Was hat er dir erzählt?«
    Sie zuckte mit den Schultern, und ihr Blick ging in die Ferne. »Ich weiß nicht mehr – von seinen Geschäften. Recht detailliert, der reinste Rechenschaftsbericht. Und dann von seinem Liebesleben natürlich. Aber das tun sie alle.«
    »Also gut – sie sind da sicher ,hoffe ich?«
    »Verlaß dich drauf. Du glaubst doch nicht, daß ich das alles ohne Rückversicherung gemacht habe. Es wird eines Tages eine Abhandlung geben.« Sie sah an sich herunter mit etwas wie Ekel im Blick. Dann sah sie auf, mit einem humorvollen Funkeln in den Augen, » Du bist auch dabei, Varg …«
    »Und als was? Weicher Mann in Filzpantoffeln?«
    » Ohne «,antwortete sie.
    Wir zogen uns an.
    Sie sagte: »Weißt du, das ist das erste
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