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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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geschlossen hat, sage ich: »Versuch bitte nicht, mich zu ignorieren. Wenn du wütend bist, sollten wir darüber reden.«
    »
Wenn
ich wütend bin? Lindy, wie konntest du mir nur so in den Rücken fallen? Weißt du überhaupt, wie das wirkt, wenn ich nicht mal in meiner eigenen Ehe für Einigkeit über den Krieg sorgen kann? Du hast mich in den Augen der ganzen Welt zur Witzfigur gemacht, und ich muss dasitzen und den stockschwingenden kleinen Mädchen applaudieren.«
    »Schatz, ich glaube, du übertreibst. Was ich zu Edgar Franklin gesagt habe, war doch keine politische Stellungnahme.«
    »Auf welchem Planeten lebst du eigentlich? Wenn die First Lady der Vereinigten Staaten etwas sagt, ist das immer politisch.« Zwischen unserem Bett und dem Flachbildfernseher über dem Kamin gibt es eine Sitzecke: zwei Ohrensessel, ein Sofa und einen hölzernen Tisch, von dem Charlie jetzt die Fernbedienung nimmt. »Hmm, mal sehen, was so im Fernsehen läuft. Bestimmt ist deine Aussage gar nicht überall das Thema des Tages, weil du ja nur als Privatperson gesprochen hast und es keine politische Stellungnahme war und weil die Medien solche feinen Unterschiede natürlich immer berücksichtigen.« Der Bildschirm leuchtet auf – es laufen gerade die Fox News –, und man sieht eine Aufnahme von Maggie Carpeni, unserer Pressesprecherin, wie sie sagt: »Hören Sie, natürlich wollen wir
alle
die Truppen nach Hause holen, jeder einzelne Amerikaner will das. Die Frage ist nicht, ob, sondern wann, aber die First Lady weiß ebenso gut wie jeder andere, dass ein verfrühter Rückzug katastrophale Folgen hätte. Sie und der Präsident vertreten Seite an Seite die Überzeugung,dass unser Sieg kommen wird, sobald Stabilität und Freiheit wiederhergestellt sind.«
    »Ich finde nicht, dass dich das wie eine Witzfigur aussehen lässt«, sage ich. Dass Maggie meine Äußerungen falsch auslegt, stört mich nicht besonders – erstens weil etwas nicht dadurch wahr oder unwahr wird, dass jemand, und sei es jemand aus Charlies engstem Umfeld, es über mich behauptet, aber auch, weil ich nicht ernsthaft damit gerechnet habe, dass das Weiße Haus meine Aussagen so stehenlassen würde. Dass ich sie geäußert habe, wenn auch nur in der Gegenwart von Colonel Franklin und meinem Leibwächter Cal, muss reichen, vorerst zumindest. Wenn ich je vorhaben sollte, sie zu bekräftigen oder weiter auszuführen oder meine Einstellung zur Abtreibungsdebatte zu verdeutlichen, werde ich das mit größter Vorsicht tun müssen. Und Maggie und Hank können zwar kleinreden, was ich gesagt habe, aber sie können es nicht auslöschen. Es existiert. Es hat mich oft überrascht, wie gutgläubig die amerikanische Öffentlichkeit ist, aber während Charlies Präsidentschaft sind die Menschen wachsamer geworden, und deshalb kann ich hoffen, dass zumindest einige von ihnen die Wahrheit ahnen werden: dass Edgar Franklin mich richtig zitiert hat und dass ich es genau so gemeint habe, wie ich es gesagt habe. Ob meine Worte irgendetwas Positives bewirken werden, auch bei meinem Ehemann, muss sich erst noch zeigen.
    Charlie schaltet auf CNN um. Die Schlagzeile am unteren Bildschirmrand lautet: Kriegsgegner kehrt nach Georgia zurück. Edgar Franklin steht vor einem elektrischen Strauß aus mindestens einem Dutzend Mikrophone, neben ihm eine stämmige Frau, die durch eine Einblendung als seine jüngste Schwester zu erkennen ist. Die Aufnahme wurde bei Tageslicht gemacht, was bedeuten muss, dass die Pressekonferenz schon mehrere Stunden her ist. »Ich glaube, ich bin dem Präsidenten heute so nahe gekommen, wie ich nur konnte«, sagt er. »Ich habe mit Mrs. Blackwell ehrliche, von Herzen kommende Worte gewechselt, und ich gehe davon aus, dass sie mich verstanden hat und mein Anliegen an ihren Ehemann weiterleiten wird. Ob er darauf hört, liegt ganz bei ihm. Auch wenn ichheute nach Hause zurückkehre, sehe ich es als meine Pflicht an, so lange gegen diesen Krieg zu protestieren, bis er vorüber ist.«
    Darauf folgt ein Schnitt zurück ins Studio – die Unterzeile lautet jetzt: Et tu, Alice? –, und einer der Kommentatoren, der eine Fliege trägt, sagt: »Bestimmt erinnern sich unsere Zuschauer noch daran, dass President Blackwell einmal gesagt hat, er würde die Truppen selbst dann nicht abziehen, wenn Alice und Snowflake die Letzten wären, die hinter ihm stehen – da kann ich nur sagen: Passen Sie in nächster Zeit gut auf Ihre Katze auf, Mr. President!« (Auch das gehört zu den
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