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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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überlegt«, sagt Jessica auf dem Weg zum Fahrstuhl leise zu mir. »Du gibst bis auf Weiteres keine Interviews und stehst bei Veranstaltungen nicht für Fragen zur Verfügung. In ein paar Wochen sehen wir dann, wie sich alles entwickelt hat und wie wir den Faden wieder aufnehmen können.«
    Ich nicke. Das kommt mir entgegen; zu schweigen wird mir viel leichterfallen als die Verbalakrobatik, die nötig wäre, um das, was ich zu Edgar Franklin gesagt habe, weder zu bekräftigen noch zurückzunehmen. Damit bin ich zwar nicht ganz aus dem Schneider – ich werde vom heutigen Tag an bei jedem Interview auf meine Aussage angesprochen werden (die Edgar Franklin, wie zu erwarten war, sofort an die versammelten Journalisten weitergegeben hat) –, aber ich werde mein Schweigen halten.
    Jessica kommt zwar mit uns in den Fahrstuhl, aber sie steigt im Wohntrakt nicht aus. Der rüstige ältere Herr namens Nicholas, der den Fahrstuhl bedient, hält uns die Tür auf, während wir uns von ihr verabschieden und sie so tut, als ginge auch sie nach Hause – dabei bin ich fast sicher, dass sie gleich in den East Wing zurückgehen wird, um weiterzuarbeiten. »Danke für alles«, sage ich zu Jessica. »Du hast dir heute wirklich einen Orden verdient.«
    »Und du dir einen Riesenapfel«, sagt Ella. Sie sagt das nur im Scherz, denn sie geht davon aus, dass ich heute Mittag meine Mutter besucht habe, und ahnt nichts von Gladys Wycombs Drohung und davon, was für einen anstrengenden Tag ich hinter mir habe. Wo das chromglänzende Apfelungetüm geblieben ist, weiß ich allerdings schon nicht mehr; ich glaube, Belinda hat es an sich genommen.
    »Mach dir einen ruhigen Abend, ja?«, sagt Jessica zu mir. Und zu Ella sagt sie: »Sorg dafür, dass sie sich ein bisschen entspannt.«
    »Das solltest du auch tun«, sage ich.
    »Ich bin ja nicht die, die im Auge des Sturms steht«, sagt Jessica. Dann springt sie plötzlich aus dem Fahrstuhl auf mich zu und umarmt mich, und dabei flüstert sie mir so leise ins Ohr, dass Ella es nicht hören kann: »Du hast genau das Richtige getan.«
    In der Küche holt sich Ella Käse, Hummus und Babykarotten aus dem Kühlschrank. Sie mag das Essen hier nicht besonders, obwohl die Köche unten im Haus uns alles genau so zubereiten, wie wir es wollen, deshalb halte ich im Wohntraktimmer einen kleinen Vorrat für sie bereit, wenn sie zu Besuch kommt. Ich selbst rufe unten an, um mir einen Eisbergsalat zu bestellen, und eine Zeitlang unterhalten Ella und ich uns über die Gala, über den eindrucksvollen Auftritt des Mädchens, die »Theme for English B« rezitiert hat, und die unangenehm aufreizende Aufmachung der Twirling-Tänzerinnen aus der vierten Klasse, und Ella sagt: »Hast du dich vorhin mit Senator Zimon unterhalten? Ich glaube, er hat sich Haare transplantieren lassen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, fährt sie fort: »Geht es dir eigentlich manchmal auf die Nerven, dass Jessica so perfekt ist?«
    Ich lächle. »Soll das heißen, dass es dir manchmal auf die Nerven geht, dass Jessica so perfekt ist?«
    »Oh, aber ganz und gar nicht!« Ella grinst genauso wir ihr Vater. »Nein, warum sollte ich mich denn davon bedroht fühlen, wenn du deine gesamte Zeit mit einer Frau in meinem Alter verbringst, die du lieber magst als mich? Überhaupt nicht.«
    »Ich halte sehr viel von Jessica, aber ich habe nur eine Tochter, und es gibt niemanden, den ich mehr liebe als dich. Willst du dich auf meinen Schoß setzen?« Ich meine es genauso wenig ernst wie Ella, aber sie steht auf, dreht sich um und setzt sich einen Augenblick lang auf meine Oberschenkel. Ich streiche ihr über das immer noch lange, karamellfarbene Haar. Dann steht sie wieder auf, um eine Karotte in das Hummus zu tunken, beißt hinein und sagt mit vollem Mund über die Schulter zu mir: »Weißt du, worauf ich jetzt wirklich Appetit hätte? Auf ein Pups-Sandwich.«
    »Du bist Weltklasse«, sage ich. Dieser kleine Austausch ist seit Jahren zu einer festen Institution zwischen Ella und mir geworden und muss unweigerlich bei jeder Mahlzeit vorgetragen werden, die wir nach einer längeren Trennung zusammen einnehmen. (Es versteht sich, dass ich nie diejenige bin, die den Witz reißt, aber auf Ella ist da Verlass.)
    »Hast du Streit mit Dad?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Irgendein Nachspiel wird es ja wohl haben, dass du mit diesem Franklin auf Tuchfühlung gegangen bist.«
    »Mach dir um Dad und mich keine Sorgen. Wir kommen schon zurecht.«
    »Und was wolltest du
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